Habgier als Motiv für den Anschlag auf den BVB-Bus

Die Ermittlungen nach dem Anschlag auf das BVB-Team führten zu einem Verdächtigen, der seit Tagen überwacht wurde. | Foto: Schütze
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Der mutmaßliche Bomber ist gefasst. Die Bundesanwaltschaft hat heute den 28- jährigen deutschen und russischen Staatsangehörigen Sergej W. durch Beamte der GSG 9 der Bundespolizei im Raum Tübingen vorläufig festnehmen lassen. Wie die Bundesstaatsanwaltschaft mitteilt führten Hinweise aus der Finanzszene jetzt zu einem Verdächtigen: Der 28-Jähriger soll den Anschlag auf den Bus von Borussia Dortmund verübt haben, weil er mit einer Wette auf den Kursverlust der BVB-Aktie viel Geld machen wollte.

Millionen durch Mord?

Laut Medienberichten soll der Mann einen Kredit aufgenommen haben, um Optionen zu kaufen, die ihm nach einem Absturz der BvB-Aktie Millionen eingebracht hätten. Als Tatort-Drehbuch wäre der Fall wohl abgelehnt worden, doch für die Spieler von Borussia Dortmund ist der Anschlag auf ihr Leben vor eineinhalb Wochen bittere Realität geworden.
Marc Bartra und ein Polizist erlitten dabei am Dienstagabend auf dem Weg zum Champions League Spiel Verletzungen. Der Verdächtige soll sich kurz zuvor im Mannschafts-Hotel L'Arrivée an der Wittbräucker Straße in Dortmund Höchsten aufgehalten und seine tödlich geplanten Finanzcoup von da aus geplant haben.

Perfider Plan

Dem Beschuldigten wird versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Insgesamt sind an den Ermittlungen mehrere hundert Beamte des Bundeskriminalamtes sowie der nordrhein-westfälischen und der baden-württembergischen Polizei beteiligt.
Zum Stand der Ermittlungen teilt die Bundesstaatsanwaltschaft Folgendes mit:

1. Der Beschuldigte erwarb am 11. April 15.000 Verkaufsoptionen (sogenannte Put-Optionen) in Bezug auf die Aktie von Borussia Dortmund. Die Papiere haben eine Laufzeit bis zum 17. Juni 2017. Der Kauf der Optionen erfolgte über die IP-Adresse des Hotels L’Arrivée. Die Optionsscheine finanzierte Sergej. W über einen am 3. April 2017 aufgenommenen Verbraucherkredit.

Auf Kursverfall spekuliert

Der Käufer von sogenannten Put-Optionen spekuliert auf fallende Kurse. Put-Optionen berechtigen ihren Inhaber, innerhalb eines bestimmten Zeitraums hier: bis zum 17. Juni 2017 eine festgelegte Menge hier: 15.000 Stück eines bestimmten Wertpapieres hier: die Aktie von Borussia Dortmund zu einem im Voraus festgelegten Preis zu verkaufen. Die Höhe des Gewinns hängt von der Höhe des Kursverlustes ab. Bei einem massiven Verfall der Aktie von Borussia Dortmund hätte hier der Gewinn nach vorläufigen Berechnungen ein Vielfaches des Einsatzes betragen. Mit einem erheblichen Kursverfall wäre zu rechnen gewesen, wenn in Folge des Anschlags Spieler schwer verletzt oder gar getötet worden wären.

Zimmer mit Blick auf den Tatort

2. Der Beschuldigte war wie die Mannschaft von Borussia Dortmund auch Gast des Hotels L’Arrivée. Er hatte dort bereits am 9. April 2017 ein Zimmer im Dachgeschoss des Hotels mit Blick auf den späteren Anschlagsort bezogen.

Der Beschuldigte hatte bereits Mitte März ein Zimmer vom 9. bis 13. April sowie für den Zeitraum vom 16. bis 20. April gebucht. Die Termine umfassten beide Begegnungen der Champions League zwischen Borussia Dortmund und AS Monaco. Zum Zeitpunkt der Buchung stand allerdings noch nicht fest, an welchem der beiden Termine das Heimspiel in Dortmund stattfinden wird.

Metallstücke flogen 250 m weit

3. Die drei Sprengsätze waren über eine Länge von 12 Metern in einer Hecke entlang der Fahrstrecke des Mannschaftsbusses angebracht. Die Sprengwirkung der Sprengsätze war auf den Bus ausgerichtet. Die Sprengsätze wurden zeitlich optimal gezündet. Der vordere und der hintere Sprengsatz waren in Bodennähe platziert. Der Mittlere befand sich in einer Höhe von etwa einem Meter. Damit war er zu hoch angebracht, um seine Wirkung voll entfalten zu können. Die Sprengsätze waren mit Metallstiften bestückt. Die Metallstifte sind etwa 70 mm lang, haben einen Durchmesser von 6 mm und ein Gewicht von etwa 15 g. Ein Metallstift wurde noch in einer Entfernung von 250 Meter aufgefunden. Die Zündung erfolgte nach derzeitigem Erkenntnisstand für jeden Sprengsatz separat über eine funkausgelöste elektrische Schaltung. Zur Art des verwendeten Sprengstoffs liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor.

4. Der Mannschaftsbus war nicht mit Panzer-, sondern mit Sicherheitsglas ausgestattet. Zum Anschlagszeitpunkt hatte er etwa eine Geschwindigkeit von etwa 23km/h. Der Bus weist Schäden im vorderen und hinteren Bereich auf. Unter anderem sind mehrere Fensterscheiben zerborsten. In der Kopfstütze des zweiten Sitzes in der hinteren Reihe wurde einer der in den Sprengsätzen verbauten Metallstifte aufgefunden.

5. Am Tatort wurden drei textgleiche Bekennerschreiben gefunden. Eines der Schreiben war an einem der in der Hecke eingelassenen Pfosten angebracht. Die beiden weiteren Schreiben waren in der Hecke platziert. An den Schreiben waren keine Finger- oder Griffspuren feststellbar. In den Schreiben wird ein radikal-islamistisches Motiv für den Anschlag behauptet. Die Bekennung wurde islamwissenschaftlich geprüft. Danach bestehen an einem radikal-islamistischen Ursprung erhebliche Zweifel.

6. Am 13. April 2017 ging beim Tagesspiegel und bei WELT/N24 ein rechtsextremistisches Bekennerschreiben ein. Das Schreiben weist Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es deutet derzeit nichts daraufhin, dass es vom Täter stammt.

Der BVB hofft nach Festnahme auf schnelle Aufklärung

Nach der Festnahme eines Tatverdächtigen für den Bombenanschlag hofft der BVB auf eine schnelle Aufklärung und dankt den Ermittlern. „Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamts und der NRW-Polizei wurden sehr intensiv und mit Hochdruck geführt. Dafür bedanken wir uns in aller Form und hoffen, dass in dem Tatverdächtigen nun der Verantwortliche für den niederträchtigen Anschlag auf unsere Spieler und Staff-Mitglieder gefasst werden konnte“, betonen Hans-Joachim Watzke, Borussia Dortmunds Vorsitzender der Geschäftsführung, und Präsident Dr. Reinhard Rauball unisono.

Hintergründe wichtig, um Verarbeitung zu erleichtern

BVB-Kapitän Marcel Schmelzer verleiht im Namen der Mannschaft seiner Hoffnung Ausdruck, „dass wir die tatsächlichen Hintergründe des Anschlags erfahren. Für alle, die im Bus saßen, wären diese Informationen wichtig, denn sie würden den Verarbeitungsprozess deutlich erleichtern.“
Borussia Dortmund bedankt sich bei all den unzähligen Menschen, die den Verein in den vergangenen zehn Tagen durch Worte und Taten unterstützt haben. „Der überwältigende Zuspruch hat uns viel Kraft gegeben“, betont Hans-Joachim Watzke.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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