Fremdenfeindlichkeit gegen Roma – Stellungnahme des Friedensdorfes zu den Vorfällen in Duisburg-Rheinhausen

Wenn Kinder nachts nur noch angezogen schlafen, um schnell fluchtbereit zu sein, wenn Eltern sich nicht trauen, ihre Kinder in die Schule zu schicken und eine latente Angst über dem Ort schwebt, dann erwartet man nicht, diese Szenerie im Herzen des Ruhrgebiets vorzufinden. In diesem Ballungsraum, der traditional so viele Menschen unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten vereint, wo Verschiedenheit Alltag ist.
In Duisburg-Rheinhausen, genauer gesagt auf der Straße In den Peschen 3-5, geschehen neuerdings Dinge, die nicht alltäglich sind.
Dinge, die von Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft zeugen und die auch Thomas Jacobs, den Leiter der Oberhausener Kinderhilfsorganisation Friedensdorf International keineswegs unberührt lassen. „Ich bin sowohl als Leiter des Friedensdorfes als auch persönlich als gebürtiger Duisburger und Rheinhausener empört über das, was sich quasi vor meiner Haustür abspielt.“ Es könne und dürfe nicht sein, dass den in dem Haus lebenden Roma mit dem Hitlergruß begegnet werde, die Häuserfassaden mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschmiert und gar Gewalt angedroht werde, betont Jacobs, für den seine Tätigkeit im und für das Friedensdorf mehr ist als ein Job. Es ist eine Überzeugung. Die Überzeugung, dass verschiedene Kulturen friedlich miteinander umgehen und auf gewaltfreiem Wege Konflikte lösen können.
Im Friedensdorf, wo permanent rund 150 Kinder aus durchschnittlich acht Nationen zusammenleben, findet er den Beweis, dass dies möglich ist. Er weiß aber auch, dass ein friedliches Miteinander nicht selten ein gutes Stück Arbeit ist, das von allen Beteiligten Offenheit und Respekt verlangt und vor allem die Bereitschaft zur verbalen Auseinandersetzung. „Es bringt nichts, schwelende Konflikte totzuschweigen. Man muss die Dinge beim Namen nennen und miteinander in Kontakt treten“, meint Jacobs und spricht dabei aus jahrelanger Erfahrung.

Für die Situation in Duisburg-Rheinhausen bedeute dies, dass sowohl die Seite der rumänischen und bulgarischen Roma ernstgenommen werden müsse als auch die der Anwohner, welche sich durch Müll, Lärm und „Klau-Kids“ gestört fühlten. Nachvollziehbare Reaktionen, die dennoch nicht zu dem führen dürfen, was geschehen ist und noch geschehen wird, nämlich alle Roma über einen Kamm zu scheren und rassistische Argumente als vermeintliche Erklärung zu bemühen. Für den 29. August ist eine Kundgebung von Pro Deutschland in Marxloh und in Rheinhausen angekündigt, die das Friedensdorf selbstverständlich ablehnt und die Duisburger Bevölkerung zum Widerstand gegen die Hetze von „Rechts“ aufruft.

Friedensdorf-Hilfe in Rumänien

Seit über 20 Jahren ist Friedensdorf International in Rumänien aktiv, bringt regelmäßig größere Mengen Hilfsgüter in rumänische Städte. Durch diese Dienstreisen wissen die Mitarbeiter um die schwierige Situation für so viele Menschen in dem Land im Grenzraum zwischen Mittel- und Südosteuropa. Auch der Beitritt zur EU im Jahr 2007 hat kaum etwas an hohen Arbeitslosenzahlen, Armut und Perspektivlosigkeit geändert. Die Suche nach einer Perspektive vor allem für ihre Kinder treibt viele Rumänen nach Deutschland, wohl auch die genannten Roma, die nun In den Peschen in Rheinhausen untergekommen sind. Vorerst. Sie kommen nicht als Flüchtlinge, die Asyl ersuchen, sondern als EU-Bürger, die von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen. Alles rechtens also. Gleichzeitig ist klar, dass eine Lösung für einen Zustand gefunden werden muss, der weder für die rumänischen und bulgarischen Bürger, noch für die deutschen Nachbarn in Rheinhausen zufriedenstellend ist. Aus Sicht des Friedensdorfes und derjenigen von Thomas Jacobs steht fest, dass die bisherigen Aktionen in keiner Weise rechtens, sondern nur „rechts“ waren und damit völlig inakzeptabel.

Autor:

Ana Lange aus Dinslaken

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