Eiskalte Leidenschaft
Ein Lächeln umspielte den Mund der hübschen, sympathischen Frau und das ließ sie noch harmloser erscheinen. Kein Mensch wäre auch nur im Entferntesten auf den Gedanken gekommen, dass diese dezente Frau, die in einem Cafe einer mittleren Kleinstadt saß, ein dunkles, schreckliches Geheimnis in sich trug.
Sie lehnte sich behaglich in ihrem Stuhl zurück, trank einen Schluck von ihrem aromatischen Espresso und genoss die Sonne, welche durch das Fenster auf ihr Gesicht schien. Keiner wusste von ihren abscheulichen Taten. Und das sollte auch so bleiben. Sie schüttelte sich kurz bei dem Gedanken an eine dunkle, kalte Gefängniszelle, und kostete die Strahlen der Sonne noch intensiver aus.
Während sie über ihre Schandtaten nachdachte, driftete Ihr Lächeln ins Diabolische ab. ‚Sie haben es alle verdient und ich würde es immer wieder machen.’ Ihre Reise in die Vergangenheit wurde durch ein "Hallo" unterbrochen. Wer auch immer es war, sie wollte sich nicht mit dieser Person beschäftigen. Reine Zeitverschwendung. Schließlich hatte sie Besseres zu tun. Die plötzliche Verwandlung ihrer Gesichtszüge war unglaublich. In Sekunden machte sie einen so abweisenden Eindruck, dass wirklich jeder die Flucht ergriffen hätte. Der Frau die sie angesprochen hatte, blieb das Wort im Hals stecken und sie ging eilig weiter.
Unsere Frau entspannte sich wieder und trank den Rest des Espressos aus. Sie dachte an ihr Vorhaben. Ein leichtes Prickeln breitete sich bei diesem Gedanken in ihr aus. Wann genau der richtige Zeitpunkt für ihr jetziges "Projekt" war, wusste sie noch nicht. Aber es konnte nicht mehr lange dauern. Das angenehme Prickeln auf ihrer Haut verstärkte sich. Sie ließ sich die Rechnung bringen und bezahlte diese, ohne Trinkgeld zu geben. Das mürrische Gesicht der Bedienung prallte an ihr ab.
Mit beschwingtem Schritt ging sie die wie ausgestorben wirkende Einkaufsstraße entlang. "Heute ist ein guter Tag dafür" sagte sie plötzlich laut, obwohl ihr der eisige Wind fast die Luft zum Atmen nahm. Sie hätte laut singen können vor Freude. Wieder zu Hause angekommen, stellte sie sich unter die Dusche und ließ das angenehm warme Wasser auf ihren wohlgeformten Körper rieseln. Auf ihr Aussehen und ihre schlanke Figur legte sie besonderen Wert. Schließlich war das ihr Kapital.
Nachdem sie sich sorgfältig angekleidet und zurechtgemacht hatte, fuhr sie mit dem Auto in die nahe gelegene Großstadt zu ihrem Termin. Das Fahrzeug parkte sie wie immer in einer der Seitenstraßen.
Sie klingelte an der Haustüre des Gebäudes, welches schon seine besten Zeiten hinter sich hatte. Ein Summen ertönte und sie trat in den dunklen Hausflur. Eine Steintreppe führte in das obere Stockwerk. Ein wenig attraktiver Mann in schon fortgeschrittenem Alter öffnete ihr die Tür. Er war einer ihrer Stammkunden. Sie strahlte ihn an. Es kostete sie immer wieder eine enorme Kraft und Überwindung ihre Freier auch nur in ihre Nähe zu lassen. Konnte er wirklich glauben ihr machte es Spaß mit ihm? Sie könnte altersmäßig mindestens seine Tochter sein. War sie so eine hervorragende Schauspielerin, dass er ihren Widerwillen und Ekel nicht bemerkte? Es schien ihm egal zu sein, und auch ihr war es in diesem Moment gleichgültig, da die Vorfreude alle anderen Gefühle in ihr überlagerte. Ja, sie verkaufte ihren Körper und ihre Seele für Geld, aber sie wusste, dass das was jetzt geschehen würde, ihr seelisches Gleichgewicht für eine gewisse Zeit wieder herstellen würde.
Der Ehering an seinem Finger blitzte kurz im Licht der Sonne auf, als er von ihrem Körper Besitz ergreifen wollte. Immer das gleiche, verheiratete Männer, die ihren Spaß suchten, sie in billige Absteigen bestellten, und sie danach bezahlten. Es widerte sie an, und doch konnte sie nicht davon lassen.
"Warte bitte kurz auf mich", flüsterte sie ihm zu, während sie sich aus seinen Armen wand. Sie betrat das Bad, ließ warmes Wasser in die unansehnliche Badewanne laufen und gab einen Schuss ätherisches Öl hinzu.
"Bitte nimm ein Bad, ich habe eine Überraschung für dich" sagte sie mit einem verheißungsvollen Augenaufschlag. Das Glitzern in seinen Augen verursachte Übelkeit in ihr. Voller Vorfreude betrat der Mann das Badezimmer in dem das Wasser verführerisch duftete. Sie wartete so lange bis sie sicher war, dass er entspannt im Wasser lag. "Süßer und jetzt deine Überraschung" flötete sie auf dem Weg zu ihm. Sie betrat den Raum und er schaute sie erwartungsvoll an.
Aber nur so lange, bis er den Fön in ihrer Hand und ihren Gesichtsausdruck sah. Ungläubiges Staunen und schon ein Anflug von Ahnung und Angst lag in seinem Blick. Als sie den Stecker an die Stromversorgung anschloss, versuchte er unbeholfen aus dem Wasser zu steigen und sie daran zu hindern. Aber sie war schneller. Mit einem triumphierenden Schrei warf sie den eingeschalteten Fön in das Wasser. Sie lief hinaus, da sie nicht sehen wollte, was sich jetzt abspielte. Als sie wieder das Bad betrat, sah er gar nicht gut aus, so verrenkt wie er da lag.
Vorsichtig und sich nach allen Seiten umschauend schlich sie sich aus dem Haus, in welchem sie keiner kannte. Auf Diskretion hatten ihre Kunden immer sehr viel Wert gelegt. Das kam ihr in allen Fällen zu Gute.
Sie saß in demselben Cafe in dem sie die Zeit vor ihrer letzten schrecklichen Tat verbracht hatte. Auch jetzt sah sie nett und unschuldig aus. Ein älterer Herr in dunklem Anzug trat an ihren Tisch und fragte sie formvollendet nach dem Weg zum Museum. Ganz kurz spielte sie mit dem Gedanken, aber nur kurz. Sie hatte momentan die Nase gestrichen voll von dieser Sorte Männer.
"Belästigen Sie mich nicht. Gehen Sie, augenblicklich!"
Der Mann zuckte zurück und ging so schnell er konnte. Es tat ihr gut.
Als sie das Cafe verließ, streifte ihr Blick einen gut aussehenden jungen Mann.
‚Vielleicht sollte ich mal was für mich tun’ dachte sie. "Vielleicht bin ich ja auch einfach nur verrückt" murmelte sie.
Den "Unfall" ihrer besten Freundin, welche sich an ihre einzige große Liebe rangemacht hatte, konnte sie doch nicht so ganz verdrängen.
© pefito
Autor:Petra Tollkoetter aus Dinslaken |
17 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.