AK 2011 | Tor 2: Deutsche Klassiker
Am Heiligen Abend erübrigt sich manche Frage. Beschenken wir uns überhaupt? JAAA. Brauchen wir einen Tannenbaum? JAAA. Was essen wir eigentlich? JAAA.
Eigentlich müsste es lauten: Kartoffelsalat. Wenn man den alljährlich veröffentlichten Statistiken Glauben schenken möchte, so bleibt der einzig wahre deutsche Klassiker Kartoffelsalat unangefochten an der Spitze der festlichen Abendessen. Formschön garniert mit den nicht fehlen dürfenden Würstchen begleitet uns die Mayonnaise-Gürkchen-Kartoffel-Kombi schon seit frühen Kindheitstagen. Meine Mutter beispielsweise fragt mich schon lange nicht mehr, was sie denn vorbereiten soll, wenn ich am Heiligen Abend aufsuche. Das geht dann eher so: "Worauf hast Du denn Apettit? Wir haben ja schon ewig lange keinen Kartoffelsalat mehr gegessen! Ist schon mindestens ein Jahr her!" Und auch wenn manche Rebellen sich partout gegen diesen Brauch wehren, sollte man dieses Gericht dennoch huldigen. Zum Beispiel in Form eines Gedichtes.
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Kartoffelsalat hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Ich mag den Kartoffelsalat nicht!
Die Mayonnaise, zu fest und steif?
Mein Sohn, dafür sind die Gürklein reif.
Du liebes Kind, komm iss' mich jetzt!
ein Kartoffelsalat wird ungern versetzt,
Manch bunte Zutaten sind angerichtet,
Deine Mutter hat auf Knoblauch verzichtet.
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was der Kartoffelsalat mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
Aus meinem Magen säuselt der Wind.
Willst feiner Knabe du mich verzehren?
Darfst die gesamte Schüssel leeren,
Mutter hat es gut gemeint.
Sei kein Kostverächter, sonst bist du ein Feind.
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Kartoffelsalat hängt mir am Ohr?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh'es genau:
Doch ich dacht', ich wär' wieder blau.
Nun iss' mich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er ungeniert,
Kartoffelsalat hat meine Kleider ruiniert.
Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das bekleckerte Kind,
Erreicht den Hof mit mühsam und schwer,
In seinen Armen der Kartoffelsalat war leer.
Autor:Oliver Peters aus Dinslaken |
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