AK 2011 | Tor 16: Vergessene Weihnachtsbräuche

Weihnachten lebt von Ritualen wie Christbaum schmücken, Liederchen singen, Geschenke auspacken, Weihnachtskarten schreiben, Glühwein trinken, fünf Pfund zunehmen und Geschenke wieder umtauschen. Doch gab es früher noch viel mehr Bräuche, die unsere Feiertage zum Jahresende versüßten.

Zum Beispiel das Kindleinwiegen. Das entstammt dem Mittelalter, wo die Vorstellungskraft nicht so ausgeprägt war. Es kann auch daran liegen, dass das Fernsehen noch nicht erfunden wurde, von daher glaubte man nicht jeden Unfug. Jedenfalls wurde eine Jesus-Baby-Figur geschnitzt (die man auch sehen und drücken kann) und in eine extra vorbereitete Wiege gelegt. Echte Kinder aus Fleisch und Blut kamen hinzu und sangen, rappten und tanzten dem Jesuskind zu Ehren Wiegen- und Weihnachtslieder. Dieser Brauch ist heute total abgesagt, weil sich herumgesprochen hat, dass man für geschnitzte Kinder kein zusätzliches Kindergeld bekommt.

In Bayern verband man im Mittelalter Halloween und Weihnachten in den Bayrischen Klöpfelnächten. Das lief tatsächlich so ab, dass die Kinder an fremde Türe klopften, ihren Spruch aufsagten und dafür mit reichlich Lebkuchen und Obst beschenkt wurden. Außerdem hielt man damit böse Geister fern, die in den langen Dezembernächten ihr Unwesen trieben. Leider habe ich nun keinen der typischen Sprüche parat, aber ich denke mal, dass sie ungefähr so klangen: “Äh, natürlich freuen wir uns, das ist gar keine Frage, freuen wir uns, und die Reaktion war völlig richtig, einen, äh, sich normal verhaltenden Bär in Bayern zu haben, äh, ja das ist gar net zum Lachen. Äh, und der Bär im Normalfall, ich muss mich ja auch, äh, Werner Schnappauf hat sich hier intensiv mit so genannten Experten ausgetauscht und austauschen, äh, müssen.... " usw. usf.

Habt ihr schon mal eine Gurke an euren Christbaum gehangen? Yeah, das ist Oldschool! Ein sehr alter deutscher Brauch besagt, dass die Weihnachtsgurke für ein besonderes Geschenk steht. Das Kind, welches diese Gurke zuerst findet, bekommt sozusagen den Rolls Royce unter den Geschenken. Da die Amerikaner nur die besten Sachen aus Deutschland importieren (Bier, Autos, Frauen), sieht man neuerdings diese Tradition häufiger an US-Tannenbäumen baumeln.

Fasten vor Weihnachten ergibt Sinn. Bei diesen Kalorienlawinen, die auf uns einprasseln, kommt diese Tradition doch eigentlich wie gerufen. Schon lange von der Industrie abgeschafft, besagte der alte Brauch, dass ab dem 25. November (!) eigentlich nur noch das Sparprogramm auf den Tisch kommen darf. Das bedeutet Glühwein light, Dominosteine light, Spekulatius light, Schoko-Nikolaus Zero ... Und die Gutscheinbögen der Junkfood-Ketten dürftet ihr gar nicht erst ausdrucken/auspacken!

Bleibt noch das Prechtenlaufen, welches eine Hardcore-Variation des üblichen Sankt Martinszug darstellte. Man läuft wie bei Sankt Martin massenweise durch die Straßen, hat aber statt Laternen Peitschen und Gewehre dabei. Mit diesen macht man ordentlich Krach, um böse Geiser zu vertreiben. Den Rest besorgte Weihrauch und Weihwasser, den man an/auf den Häusern verteilte. Ein kollektiver Amoklauf.

Autor:

Oliver Peters aus Dinslaken

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