Von wegen: "... beigeordnet"

Kompetent und charmant: Christa Jahnke-Horstmann.
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Seit dem 1. März ist Christa Jahnke-Horstmann (SPD) Erste Beigeordnete der Stadt Dinslaken, auch Dezernentin genannt. Jahnke-Horstmann ist auch die erste von zwei Amts-Stellvertretern des Bürgermeisters als Verwaltungschef. Ihre inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte in der Stadtverwaltung liegen im Schulbereich und in der Jugendhilfe, im Sport, dem Sozialen und der Kultur.

Eine große Baustelle ist die Schulsituation in DIN. Hier begann „CJH“ ihre Arbeit direkt mit dem Erfassen aller Daten und Fakten: Die voraussichtlichen Schülerzahlen bis 2020 - von denen nur eines wirklich sicher ist, nämlich, dass sie rückläufig sein werden. Erschwerend kommt hinzu, dass auf Landesebene wieder mal um einen überparteilichen Schul-Konsens gerungen wird.

Die rot-grüne Landesregierung und ihr „Gemeinschaftsschulen“-Modell (Hauptschul- und Realschulabschluss und wenn möglich Abitur an einer Schule) ist noch in der Erprobungs-Phase. Die ersten Ergebnisse der Fakten-Sichtung wurden beim Dinslakener Schulgipfel Ende Mai vorgestellt. Christa Jahnke-Horstmann präsentierte unterschiedliche Schul-Szenarien inklusive deren Vor- und Nachteile. Und empfahl nach Lage der Dinge eine neue Gemeinschaftschule für DIN. (Der NA berichtete, nachzulesen sh. auch: lokalkompass.de).

Nächster Schritt in DIN: Elternbefragung

Doch in einer Erprobungs-Phase können nur 50 Schulen in NRW für das Modell angenommen werden. Bisher haben das aber schon über 120 Schulen beantragt! Der Landtag muss daher demnächst entscheiden, ob die Gemeinschaftsschule neue gesetzliche Regelschule in NRW wird. Erst dann hat auch Dinslaken eine echte Chance. Mitentscheidend ist ein überzeugendes örtliches Konzept. Der nächste Schritt wird hier eine Elternbefragung sein. Denn letztendlich entscheiden die Anmeldezahlen an den Schulen über deren Zukunft. Und nur, wenn sich da ausreichend Eltern für eine Gemeinschaftsschule entscheiden, kann diese überhaupt gegründet werden.

„Wir möchten die bestmögliche Ausbildung für alle Kinder Dinslakens ermöglichen.“ Dazu gehört natürlich auch die Vorschulförderung. Und da ist die Aufstockung der Kita-Plätze für unter Dreijährige eine weitere Baustelle. Das Ganze muss natürlich finanzierbar sein, mit hoher qualität ausreichendem Personal. (Das hört sich nach vielen weiteren Sitzungen, Beratungen und Anträgen an).

„Weg mit sozialer Ungerechtigkeit“

Man merkt beim Gespräch: Christa Jahnke-Horstmann ist in ihrem Thema. Als Mutter von drei erwachsenen Söhnen hat sie den deutschen Bildungs-Alltag auch aus Elternsicht erlebt. 1956 in Wuppertal geboren, engagierte sie sich schon früh politisch auch in der Schule. Bereits als 16-jährige war sie im Willy-Brandt-Wahlkampf „Mehr Demokratie wagen“ aktiv.
„Weg mit sozialer Ungerechtigkeit!“ war die Hauptforderung ihres frühen politischen Engagements. In Wuppertal kreuzten sich ihre Wege mit Johannes Rau, den sie auch als politisches Vorbild nennt. Ihre Eltern rieten ihr erstmal zu einer Ausbildung als Zahnarzt-Helferin (Abschluss 1977). Danach entschloss sich Christa Jahnke zu einem Soziologie-Studium in Bielefeld, wo sie auch ihren heutigen Ex-Mann Axel Horstmann (der später NRW-Minister wurde) kennenlernte. Anschließend Lehr- und Forschungstätigkeit als Diplom-Soziologin an der Uni-Bielefeld bis 1985.

Doch die Praxis rief: Sie wurde Geschäftsführerin eines Ausbildungsbetriebes für benachteiligte Jugendliche. „Wir haben Schlosser, Tischler und Mechaniker ausgebildet. Und wenn ich heute einstige Sorgenkinder sehe, wie sie einen guten Job gefunden haben und ihre Familien ernähren können, dann freue ich mich natürlich sehr. Das Schuften hat sich gelohnt - für alle Beteiligten.“ Christa Jahnke-Horstmann hat noch ein Standbein in Herford, der jüngste Sohn wohnt dort noch im Elternhaus. Seit ihrem Antritt in Dinslaken hat sie sich in Hiesfeld aber eine kleine Wohnung gesucht und fühlt sich am Niederrhein sehr wohl. Aus alten Wuppertaler Tagen ist ihr das Revier und seine Umgebung vertraut: Dinslaken kommt ihr vor wie ein „entspannteres Ruhrgebiet“.
„Vieles ist vertraut und die Mentalität ist offener und lockerer als im ostwestfälischen Herford, wo ich jetzt lange Jahre lebte. Da gewöhnt man sich gern wieder um!“, freut sich Jahnke-Horstmann offen.

Die dreifache Mutter nahm sich ab 1990 dann doch eine Familienzeit: Denn auch, wenn Oma und Opa und Papa engagiert mithelfen, mit drei kleinen Jungs wirken Familie und gleichzeitige Karriere heftig aufeinander. Ihr gesellschaftliches und politisches Engagement hat CJH aber nicht „ruhen lassen“: Ob als sachkundige Bürgerin im Kreistag Herford und seinem Schul- und Personalausschuss, als Ratsfrau in Herford oder Klassenpflegschafts-Vorsitzende oder bei Schulkonferenzen. Kurz: Sie war nie der Typ „Heimchen am Herd“.

Familienzeit und Karriere

2000 schloss sie ein noch neu begonnenes Jura-Zweitstudium ab und arbeitete als Rechtsanwältin.
Der attraktiven, eleganten Frau mit dem dunklen Timbre in der Stimme gelingt es, selbst unverständliches Juristen-„Deutsch“ verständlich „rüber zu bringen“.
Klar und deutlich vertritt sie ihre Positionen, hört aber auch genau zu. Und versucht dann tragfähige Kompromisse zu finden. Ihr Auftritt beim Schulgipfel DIN wurde als bemerkenswert gewertet, gerade weil das Thema Bildung meist emotional diskutiert wird. (Unser Schulsystem entspricht nach Einschätzung der UNESCO noch heute dem Dreiklassen-Wahlrecht und Ständerecht der Kaiserzeit, für das einst hoheitlich verordnet wurde: Hauptschule für Bauern und Arbeiter, Realschule für Handel und Gewerbe sowie Gymnasium für die adlige sowie großbürgerliche Führungs-Elite der vorgesehenen Akademiker, weitgehend unabhängig von der Eignung.).

Soeben hat die Bundes-CDU sich zur Überraschung der NRW-CDU ebenfalls von der Hauptschule verabschiedet. Nach ihrer Sprachregelung soll die neue Schulform (aus Haupt- und Realschule) Oberschule heißen. Die Gymnasien wollen auch SPD und Grüne erhalten.
Hier treffen also bei der Verteidigung von Positionen oft unvereinbare politische Grundsatzfragen aufeinander. Alle haben nachvollziehbare Interessen. Und welcher Schulleiter will schon freiwillig seine Schule schließen? Eltern wollen zu Recht die bestmöglichste Schulausbildung für ihre Kinder. Denn Bildung ist die einzige Chance für eine erfolgreiche berufliche Zukunft in unserer zunehmend globalisierten Welt.

Attraktives Schul - Angebot für Dinslaken

Die Weichen der Bildung müssen also auch in DIN gestellt werden. Trotz der chronischen Ebbe in der Stadtkasse nun vor allem von der neuen Frau Dezernentin. Da sind Intelligenz, Kreativität und Pragmatismus gefragt. Mit ihrer fundierten Präsentation auf dem Schulgipfel ist es der „Neuen“ erst einmal gelungen, die nötige vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die auf gute Ergebnisse hoffen läßt. Das haben auch politische Gegner der von ihr favorisierten Gemeinschaftsschule anerkannt. Wir drücken die Daumen, dass dies so bleibt: Denn egal, welche Lösung nun gemeinsam gefunden wird: Ein für Alle attraktives Schulangebot gehört entscheidend zur Lebensqualität einer Stadt - im lohnenden Kampf um Einwohner, Familien, Steuerzahler und, na ja, Wähler.

Glückauf, Frau Erste Beigeordnete! (Über Sport, Soziales, Kultur „und Gedöns“ – wie ein Gerhard Schröder das nannte - sprechen wir dann ein ander Mal.)

(Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 26/11 cd)

Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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