Selbstbestimmt und in Würde Altern

(v.l.) Mike Groschek, Franz Müntfering, Friedhelm Wlcek, Stefan Zimkeit,  Michael Heidinger sprachen über den Demografischen Wandel im Großen wie im Kleinen. Foto: Heinz Kunkel
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MdB Franz Müntefering regte zum Nachdenken über den Demografischen Wandel an:

Der Vorsitzende der „Arbeitsgruppe Demografischer Wandel“ der SPD-Bundestagsfraktion Franz Müntefering besuchte in Dinslaken die Awo und
danach die Presse.

„Schon 2050 werden in Deutschland rund 20 Prozent weniger Menschen leben als heute“, so der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende, und heute MdB, Politiker Franz Müntefering.

Der demografische Wandel ist auch in Dinslaken schon zu spüren. Aktuell davon schon betroffen: Die heimische Schulpolitik mit der gerade anstehenden Errichtung einer Sekundarschule. Ein mühsam auf Landesebene ausgehandelter Schulkompromiss, weil es auf Grund der rückläufigen Schülerzahlen nicht mehr genug Anmeldungen für Haupt- und Realschule gibt. Und somit Schulschließungen drohten.

In den nächsten Jahren werden alle Kommunen intelligente Konzepte entwickeln müssen, um sich fit für die Zukunft zu machen. Die menschliche Lebenszeit wird länger, gleichzeitig immer weniger Kinder geboren. Was auch für den Arbeitsmarkt Konsequenzen hat. Schon jetzt wird von der heimischen Industrie ein Fachkräftemangel beklagt. Positiver Nebeneffekt: Die Arbeitslosigkeit wird weiter zurück gehen.

Stichwortartig riß der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering (71), nicht nur von der SPD gern „Münte“ genannt, die Problemfelder an: „Global gesehen stellt Europa ja nur noch ganze 7 % der Weltbevölkerung. Die ständig weiter wächst. Wir müssen uns verstärkt in Europa umsehen – Spanien, Griechenland hat viele gut ausgebildete junge Leute, die in ihren Ländern keine Jobs finden. Wir können sie gut gebrauchen. Je älter unsere Gesellschaft wird, um so größer wird auch der Bedarf an qualifizierter Pflege werden.“

Münte: “Wir müssen neue Wohnmodelle mit individueller Betreuung entwickeln, die auch bezahlbar ist. Viele wünschen sich so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in ihren eigenen vier Wänden. Stichwort: Alterseinsamkeit. Wenn die Männer gestorben sind, finden viele Frauen keinen Anschluß mehr. Es gibt da viel Einsamkeit. Da müssen wir alle Lösungen finden.“

Immer ältere Mütter

Weitere Stichworte: Die heute Sechzigjährigen sind mit den einmal Sechzigjährigen von vor 30 Jahren nicht mehr zu vergleichen. Andere Lebensentwürfe und andere Selbstbilder sind entstanden.
Auf jungen Frauen liegt eine besondere Last, sie müssen, ob sie wollen oder nicht, Job, Kariere und Kinder verbinden. Was nach wie vor gerade in NRW schwierig ist, denn es gibt immer noch nicht genügend Krippen- und Kindergartenplätze. Also sind die Mütter auch immer älter, wenn sie ihr erstes Kind bekommen. Das sog. „Zeitfenster“ für Ausbildung, Studium, Partnersuche und Familiengründung wird immer kleiner. An Universitäten und auf Firmen-Geländen sind Krippenplätze nach wie vor die Ausnahme. In den letzten Jahrzehnten haben sich daher viele gut ausgebildete Frauen gegen Kinder entscheiden müssen - und das spürt heute auch die Rentenkasse.

Sandwich-Generation

Denn: Wer nie geboren wurde, kann auch keine Rente einzahlen. Laut „Münte“ ein großes Thema, an das sich noch keiner ran traut. Denn gewollte oder ungewollte Kinderlosigkeit ist eine sehr persönliche Sache. Und man kann ja niemanden deswegen benachteiligen. Traditionelle Familienbilder weichen neuen Patchwork-Familien. Wer für wen und wann Verantwortung übernehmen kann und will ist heute neu zu definieren und im Wandel begriffen. Oft teilen sich zwei Großelternpaare ein Enkelkind. Das wiederum dann später seine Eltern und vier Großelternteile zu versorgen hätte. Die deshalb so genannte „Sandwich-Generation“ versorgt heute schon gleichzeitig ihre noch nicht erwachsenen Kinder und ihre eigenen bereits pflegebedürftigen Elternteile.

Hier wird aus Sicht von Müntefering das Ehrenamt immer wichtiger werden, denn viele rüstige Alte wollen und können sich mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen in der Gesellschaft einbringen, von der Nachbarschaftshilfe bis zur sinnvollen Freizeitgestaltung. Ein neues Miteinander der Generationen lässt die Investition in die Kinder, in ihre Bildung und Betreuung von entscheidender Bedeutung werden. Nur jene Gemeinden und Städte, die hierbei die Weichen richtig stellen, werden ihre Bevölkerung halten können. Gute Verkehrs-Anbindung, Fußläufigkeit zu Geschäften, gute medizinische Versorgung, Post, Barrierefreiheit. All dies sind laut Münte ja keine neuen Erkenntnisse, müssen aber vor Ort mit Leben gefüllt werden.

Den großen politischen Bogen, den Alten-Politiker Franz Müntefering gemeinsam mit MdB Mike Groschek, MdL Stefan Zimkeit und Bürgermeister Dr. Michael Heidinger (alle SPD) schlug, ließ auch das Sicherheitsproblem durchaus nicht unerwähnt. Dazu gehört auch der Polizist aus der Nachbarschaft, der regelmäßig Streife im Viertel geht.

Schlechtes Gewissen

Eine beim Pressetermin anwesende junge SPD-Mitarbeiterin (so ganz nebenbei das einzige weibliche Parteimitglied im „gebärfähigen Alter“) gestand hinterher beim Kaffee, dass sie bei solchen Themen regelmäßig ein richtig schlechtes Gewissen bekomme: Weil sie ja eigentlich rein rechnerisch mindestens fünf Kinder kriegen müsste!. Die hoffnungsvollen Blicke jedenfalls, die von der Polit-Prominenz immer wieder zu ihr gingen, hatte sie sich wirklich nicht eingebildet…
(Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 52/11 cd)

(v.l.) Mike Groschek, Franz Müntfering, Friedhelm Wlcek, Stefan Zimkeit,  Michael Heidinger sprachen über den Demografischen Wandel im Großen wie im Kleinen. Foto: Heinz Kunkel
Auf  jungen Frauen lastet viel Verantwortung: (v.l.)  Franz Müntfering, Mike Groschek und SPD-Mitarbeiterin. Foto: Heinz Kunkel.
Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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