"Solidarität ist Zukunft": Deutscher Gewerkschaftsbund in Dinslaken, Voerde, Hünxe und Bürgermeister machen anlässlich 1. Mai noch einmal ihre Forderung deutlich
Nicht weitermachen wie in 2019: Wie soll unsere Zukunft aussehen?
"Reden ist manchmal doch besser als Schweigen", sagt Alexander Lazarevic, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Ortsverbands Dinslaken, Voerde, Hünxe. Darum nutzen er und seine Mitstreiter den heutigen Tag der Arbeit am 1. Mai, um ihre Stimmen zu erheben.
Dieser 1. Mai ist "unser Tag", bekräftigt Angelika Wagner, Regionsgeschäftsführerin des DGB. "An diesem Tag können wir nicht nur unsere Forderungen ausdrücken, sondern auch zeigen, was wir bisher erreicht haben - und dass wir zusammenstehen."
Bundesweit sind an diesem Tag bis zu 80 Präsenzveranstaltungen geplant. Nachdem diese bereits im Vorjahr kurzfristig ins Digitale verlegt werden mussten, finden sie auch in diesem Jahr ausschließlich online statt. Unter dem Motto "Solidarität ist Zukunft" wird seit 11 Uhr eine Kundgebung in einem Autokino live gestreamt, ab 14 Uhr kann außerdem ein bundesweiter Livestream verfolgt werden. Gleichzeitig wurde ein virtueller Chor gegründet, bei dem jeder gern mitmachen kann.
Haarmann: "Wir müssen jetzt die Chance ergreifen!"
Vieles, bedauert Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann, würde schlecht geredet. "Dabei stöhnen wir auf einem hohen Niveau." Dennoch: Gleichzeitig sehe er viele Defizite, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. "Wir müssen JETZT die Chance ergreifen, über die Dinge noch einmal nachzudenken und konkrete Verabredungen festzuhalten." Sonst, befürchtet er, "kehren wir nach Corona zu schnell wieder zur Tagesordnung zurück."
Ein Defizit scheint ganz offensichtlich: In Deutschland würde weiterhin viel zu wenig in Bildung investiert. Es fehle an Gebäuden, an der Technik und am Personal, fasst Haarmann zusammen. Zudem müssten Kinder, Lehrer und Eltern viel besser geschult werden. Eine uralte Forderung, sagt Dinslakens Bürgermeisterin Michaela Eislöffel, wären kleinere Klassen. "Hätten wir diese, müssten wir die Klassenstärke jetzt nicht halbieren."
Die Probleme, merkt Lazarevic an, seien dabei noch vielfältiger: Sie beträfen auch die Zeit vor und nach der Schule, nämlich die Kita und die Ausbildung. Dabei, ergänzt Haarmann, sei gerade die Kita so wichtig, würde dort der Grundstein für die Kinder gelegt. Glücklicherweise würde in Voerde eine 100-prozentige Versorgungsquote erreicht. Weil aber die laufenden Kosten enorm wäre und gestemmt werden müssten, fordert der Bürgermeister eine Vollfinanzierung durch Land und Bund.
Auch wenn ausreichend Kitas vorhanden sind: Aufgrund der Corona-Pandemie wird vielerorts nur eine Notbetreuung geboten und ist die Situation besonders für Eltern sehr belastend. Jeden Tag aufs Neue sitzen sie zwischen zwei Stühlen: Wer sein Kind schickt, setzt das Kind und sich dem erhöhten Infektionsrisiko aus. Wer sein Kind zuhause betreut, kann weder Kind noch Arbeit voll gerecht werden.
Emanzipation des Mannes nicht vergessen
Dass Kinder zuhause betreut werden, geht auch heute noch oft zu Lasten der Frauen. Dabei, macht Eislöffel deutlich, sei es nicht nur Sache der Frau. "Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe." Lazarevic möchte hier eine Lanze für die Männer brechen: "Alle sprechen immer von der Emanzipation der Frau. Dabei dürfen wir die Männer nicht vergessen. Männern sollte wie selbstverständlich die Betreuung der Kinder ermöglicht werden. Und es sollte genauso normal sein, dass auch bei Männern während einer Videokonferenz hin und wieder mal ein Kind durchs Bild läuft."
Alle sollten gleich behandelt werden. Viele Dinge, da sind sich alle einig, liefen falsch. "Wir können nicht weitermachen wie in 2019. Wir müssen uns fragen: Wie soll unsere Zukunft aussehen?"
Antworten auf diese Fragen müssen auch gefunden werden, wenn es um die bessere Wertschätzung von Arbeit geht, um die Arbeitsbedingungen, um den Einzelhandel, die Gastronomie, die Kultur, das gesellschaftliche Zusammenleben. "Wir haben viel erreicht", sagt Wagner. Zurücklehnen kann sich der DGB allerdings noch lange nicht. "Wir leben in einer gegenseitigen Abhängigkeit, Menschen beeinflussen Menschen." Insofern muss jeder seinen Beitrag leisten.
HINTERGRUND
Im Jahr 1933 wurden vier Gewerkschafter von den Nazis verschleppt, in einem Keller in Duisburg gefoltert und ermordet und anschließend in einem Waldstück in Hünxe verscharrt. Mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal wird jedes Jahr aufs Neue an diese schreckliche Tat erinnert.
Autor:Lisa Peltzer aus Oberhausen |
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