Kathrin-Türks-Stadthalle Dinslaken: Sanierungskosten verdreifacht?

"Die Halle für alle" in Bestform: Zum Jahresende wird die Kathrin-Türks-Stadthalle für mindestens drei bis vier Jahre wegen Sanierung geschlossen. Beim Chinesischen National Circus und seinen wunderbaren Artisten zeigte die in die Jahre gekommene Hallen-Lady auch bühnentechnisch mal wieder, was alles in Ihr steckt.  Foto: Tim Foltin.
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  • "Die Halle für alle" in Bestform: Zum Jahresende wird die Kathrin-Türks-Stadthalle für mindestens drei bis vier Jahre wegen Sanierung geschlossen. Beim Chinesischen National Circus und seinen wunderbaren Artisten zeigte die in die Jahre gekommene Hallen-Lady auch bühnentechnisch mal wieder, was alles in Ihr steckt. Foto: Tim Foltin.
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Beim Stadthallen-Debakel sind jetzt endlich intelligente Lösungen überfällig!

Was tun, wenn eine Stadt eher kein Geld hat, ihren zentralen, erfolgreichsten Veranstaltungsort aus eigener Kraft zu sanieren?

Wenn mit Augen zu, Aufschieben und „Business as usual“ einfach versucht wird, weiter zu machen. Bis der TÜV uns scheidet: Bis der TÜV NORD nun zum 31.12. „überraschend“ Stadthalle samt zuvor die Tiefgarage aus Brandschutz-Gründen stilllegt. Jetzt hieß es plötzlich Alternativen finden, sonst droht der Verwaltung auch Schadensersatz seitens der Veranstaltungs-Kunden. Sage und schreibe ca. 80 (!) längst für 2016 in der Kathrin-Türks-Halle fest gebuchte Veranstaltungen gilt es samt Publikum „über Nacht auszulagern“.

Und das Tollste:

Die Sanierung selbst kann aber erst 2017 beginnen, weil die Verwaltung auch noch die Abgabetermine für die bitter nötigen Fördermittel zur „Revitalisierung“ unlängst „verpennt“ hat. Die Mehrkosten trägt der Steuerbürger.

Die Stadthalle Dinslaken

Beim Bau vor 42 Jahren, war sie ihrer Zeit weit voraus. „Die Halle für alle“ sollte Vereinen, für Kultur mit den klassischen Sparten Schauspiel, Konzert, Oper, für große und kleinere Festlichkeiten dienen.

Und war dafür mit intelligent flexiblen Raum-Varianten (damals keine Selbstverständlichkeit) vom Architektenteam versehen worden. Und mit einem damals auch technisch überdurchschnittlich ausgerüsteten Bühnenhaus ausgestattet:

Der Arbeitsstunden sparende von außen anfahrbare Lastenaufzug auch für größere Dekorationen, die kurzen Wege bis zur Bühne erfüllten die Wünsche professioneller Gastspiel-Veranstalter. Parken am Bühneneingang für die Künstlers, rein in gute Garderoben und - schon auf der Bühne! Fürs Publikum war´s ebenso flexibel: kleine Tische/große Tische, Tanzbereich, kleine oder große Bestuhlung. Schiebewände als Raumabtrenner.

Auch fürs leibliche Wohl war einst gut gesorgt, Profi-Küche mit Innen- & Außengastromie auf Terrasse, neben der sich einst nicht nur Enten am einmal romantischen Teich im Stadtpark wohlfühlten, der heute den asphaltierten Charme der Emschermündung zeigt.. In der Halle jede Menge Räume auch für Tagungen, für die eigene Verwaltung und Lagerraum. Und gleich daneben fürs Publikum eine Tiefgarage unterm einstigen Stadtpark, tagsüber von Rathaus-Bewohnern und Einkaufsstadt-Publikum genutzt. Sprich: alles gut, Stadtspitze, Verwaltung, Politik und Architekten-Team schufen eine für Dinslaken vor allem nicht überdimensionierte praktikable Stadthalle, dessen rumoxydierendes Bühnenhaus manch moderner Architekt (z.B. Böll, Essen) heute noch als markantes Stadtzeichen lobt.

Jahrzehnte später:

Nach einem Vierteljahrhundert oder gut, spätestens nach fünfunddreißig Jahren wäre dringend eine Überholung der viel benutzten Toiletten überfällig gewesen, dann gab es auch für Lüftungssysteme mit Brandschutz neue Vorschriften.

Der Fluch der guten Tat:

All dies wurde ignoriert, es war ja noch immer gut gegangen: „Jörg (Josh) Springer und sein Team werden das schon schaukeln !“. Aufregen tat man sich statt über Sanierungs-Verpflichtung lieber jahrelang über die Namensgebung… kost ja auch nix außer ein paar Silber-Buchstaben und Klebefolien auf Verkehrsschildern.
Das Team um Jörg Springer improvisierte trotz eigener steter Mahnungen in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder erfolgreich, technische Auflagen konnten verschoben werden.

Heute DIN-Event-Team benannt, haben sich Jörg Springer und Jens Kim im Laufe der Jahre einen Namen in der Veranstaltungsbranche gemacht. Künstler, auch berühmte, kommen gern und immer wieder.Von der Bühne aus sind Besucher-Klos und alte Lüftung kaum zu riechen. Es gelang so, den seit 2007 prompt bundesweit wabernden Gerüchten über Sanierungs-Zwangschließung (pures Gift für Hallen-Chefs), langjährige Gastspiel-Partner zu halten und auch neue zu gewinnen. Jens und Josh bürgten da sozusagen mit ihren guten Namen.

2007 unter Bürgermeisterin Sabine Weiss hätte die Sanierung der Stadthalle übrigens laut Gutachten noch 6,5 Millionen Euro gekostet. 2012, nach einem neuen der teuren Gutachten: schon runde 14 Millionen. Zukunftsklänge klingen garstig: was die „Revitalisierung“ (das heißt Wiederbelebung) nach einem folgenden aktuellen Gutachten „gekostet haben werden wird“ ? Wenn sie - nach derzeitiger „Planung“ ! im Jahr 2017 oder 2018 wieder eröffnen soll? Gestern abend schwirrten im Rathaus schon Zahlen über 20 Millionen durch die Ausschüsse. Sanierungskosten in sieben Jahren verdreifacht?

Auch sind im Zusammenhang mit der Stadthallen-Sanierung inzwischen wohl rund eine Dreiviertelmillion Gutachter-Kosten angefallen. Wie oft Toiletten und Lüfter dafür hätten „ertüchtigt“ werden können?

Aber: Gutachten sind ja ein anderer Etatposten als Porzellan mit Abfluss unterm Zuschauer…

Das „Große Fratzenschneiden“ (wie Jahrmarkts-Aufführungen im Mittelalter, die damaligen Stadt-Events, hier beworben wurden) brach dann mit dem „urplötzlichen“ TÜV-Todesstoß aus. Und das nicht nur bei den Karnevalsvereinen.
Jetzt würde es bei Hans Wurst auf der Jahrmarkts-Bühne heißen: Nach dem ersten Fratzenschneiden sofort andere Schuldige suchen. In Wahrheit aber: noch schlimmere, weitere gravierende Fehler vermeiden.

Wie man in der Neutor-Galerie sehen kann, kommt ein lange Jahrzehnte funktionierender Publikums-Magnet an selber Stelle nach Schließung nur sehr langsam zu alter Stärke.

Denn nach Niedergang, Schließung und Abriss von Karstadt/Hertie haben sich die Menschen aus DIN und Umgebung mit ihren Portemonnaies einfach zunächst an andere Stellen gewöhnt. Und eine ganze Stadt muss so nach langer Pause praktisch wieder ganz von vorne anfangen.

Nach aller Erfahrung gilt dies für eine einst beliebte Veranstaltungs-Location doppelt, wo man dem Zuschauer seinen gewohnten Stuhl für Jahre erstmal unterm Hintern wegzieht!

Die Konkurrenz ist groß und schläft nie. Veranstalter planen meist zwei bis drei Jahre im Voraus, Planungs-Unsicherheiten wie Bau-Fertigstellung sind Gift. Denn wir sahen es hier an der Vorverkaufsstelle im Pressehaus: Mit Event-Kultur konnte Dinslaken bisher immer punkten, sogar gegen das in TV-Talkshows immer wieder aufgewärmte Salafisten-Image. Von Hilfe­stellungen Dritter für die Stadt, vom europaweiten Ruhr-Triennale-Erfolg bis „Rock gegen Rechts im Hubertus“, von praktischer Jugendarbeit mit beruflichen Perspektiven bis zur beispielhaften Caritas-Hilfe für die Flüchtlinge - kein Wort, so ist das nun mal! Top-Gastspiele im Freien oder daneben in der Halle aber - Image-Notwendigkeiten für die Stadtgesellschaft!

Was tun?

Für das gesamte Jahr 2016 „ist das Kind schon im Brunnen“ oder besser gesagt: im asphaltierten Teich.
Die vorzeitige Stadthallen-Schließung wird akut zu unguten Impro­visationen in Schul-Aulen und Trabrennbahn-Gebäude zwingen, da intelligente Lösungen, wie sie die Kultur Ruhr GmbH vormacht, den Horizont mancher überfordert.
Doch kann das keine Dauerlösung für mögliche drei bis hoffentlich nur vier Jahre Sanierungszeit sein: Will man erfolgreiche Veranstaltungen und Künstler an Dinslaken gebunden halten, muss spätestens für 2017 / 2018 eine attraktive Veranstaltungs-Alternative im gewohnten Umfeld nahe Ebertplatz her. (Das größte Problem beim Neutor ist bis heute das zusätzliche Verschiebungs-Jahr bis zur Neueröffnung.) Schon zwei Jahre ohne Stadthalle dürften genügen, auch dem letzten gutwilligen Veranstalter die Stadt als Gast-Ort vom Schirm zu nehmen. Nach drei bis vier Jahren Sanierungszeit ohne adäquate Spielstätte hat die Event-Branche uns erst einmal endgültig abgeschrieben. Von den Folgen für die Altstadt-Gastronomie und anderes ganz zu schweigen.

Gesucht wird also spätestens ab 2017 eine äußerst attraktive Event-Location in der Nähe der Stadthalle, mit genügend Parkplätzen. Die alle Veranstalter und das Publikum begeistert, bis diese Aufgabe dann der neuen Halle wieder zufällt.

Geht nicht, gibt´s nicht!

Wie wäre es z.B. trotz der in Flüchtlingszeiten hohen, im Einzelfall vielleicht erträglichen Event-Zelt-Mietkosten auf dem Tiefgaragen-Dach, vorausgesetzt, dies wird „schon Mitte 2016 fertig“? Das aber bis 2017 auf jeden Fall fertig sein müsste?

Events in beheizbarer Zelt-Atmosphäre sind immer etwas Besonderes, womöglich gar besonders reizvoll für Veranstalter, wie man auch in anderen Städten immer wieder erleben kann.

Eine Lösung an gewohnter Stelle im Dreieck Bahnhof, Altstadt, Neutor-Galerie, mit Parkmöglichkeiten! Und die Stadthallen-Baustelle fest im Blick!

Oder: Einen Schritt weiter in die Zukunft gedacht:

Die feste Bestuhlung im Burgtheater mobilisieren:
Zum Rausnehmen und Wiedereinsetzen im Sommer. Eine intelligente Zelt-Dach-Lösung erarbeiten, die das Burgtheater bei Bedarf auch im Sommer wetterfest für Künstler und Zuschauer machen kann. In der Zeit der Sanierung winterfest mit Heizmöglichkeit.

Wenn in lauschigen Sommernächten kein Zeltdach gebraucht wird, wird es eingezogen. Ist das nicht ein alter Traum der Fantastival-Freilicht AG?
Beispielweise in der bayrischen Kleinstadt Memmingen für die Sommerspiele oder in der Hessischen Festspielstadt Bad Hersfeld längst Realität, teils gebaut von Firmen, die an Frei Ottos Olympia-Zelt mitstrickten.

Bedenkenträger wird es bei allen Vorschlägen genug geben, vor allem von Seiten, die die Malaise durch Verschleppung verursacht und die Kosten hochgetrieben haben. Dennoch müssen sich die Kosten rechnen, was sie auf lange Zeit mehr tun als nur kurzfristig.

Andererseits – einen gut eingeführten Veranstaltungs-Standort aus Schlamperei und Mangel an Ideen dauerhaft zu riskieren, das geht gar nicht.

Und jetzt keine Fehler mehr: Nie wieder städtische Vorverkaufs-Büros schließen, nie wieder romantische Teich-Ufer tot-asphaltieren. Da weinen ja die Enten. Und spätestens Sommer 2018 wollen wir da wieder hören:“Terrasse nur Kännchen“. Und drinnen: App-laus. Vorhang auf!

Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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