Betuwe-Gipfel: Bürger kämpfen für Lärmschutz und Sicherheit
DB: "Das Geld ist da - wir wollen bauen"
Über 300 interessierte, betroffene Bürger nutzen die Einladung zum Betuwe-Gipfel mit hochkarätiger Fach-Besetzung. Gemeinsam hatten Politiker von CDU, SPD und Grünen zu dieser Informationsveranstaltung „Bahnverkehr und Lärmschutz“ in die Kathrin-Türks-Stadthalle eingeladen. Marie-Luise Dött (CDU-MdB), Sabine Weiss (CDU-MdB), Michael Groschek (SPD-MdB), Stefan Zimkeit (SPD-MdL), Norbert Meesters (SPD-MdL) und Bärbel Höhn (GRÜNE-MdB) liegen hier grundsätzlich und selten einig auf einer Linie: Die allzu berechtigten Interessen der Anwohner der Betuwe-Linie in Sachen Lärmschutz und Sicherheit dürfen nicht an der Finanzierung scheitern. Die Fragen an NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger ( leicht verspätet eingetroffen, weil „im Verkehr steckengeblieben“) und an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG Reiner Latsch waren deutlich: Wann endlich ist mit einer Verbesserung der Situation zu rechnen? Die deutsch-niederländische Betuwe-Linie führt zu einer deutlich höheren Zahl von Güterzügen und damit zu einer damit einhergehenden immer stärkeren Lärmbelästigung. Die Deutsche Bahn schafft mit einer Blockverdichtung eine höhere Kapazität der Hollandstrecke, während die mit dem Bau eines dritten Gleises verbundenen Lärmschutzmaßnahmen bisher auf sich warten lassen.
Die Bahn (seit Stuttgart 21 doch deutlich sensibler gegenüber Bürgerbedenken und Interessen) hatte im Vorfeld schon eine Stellungnahme veröffentlicht, dass für alle Projektpartner der Betuwe-Linie eine „zügige Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen und Beseitigung von Bahnübergängen im Focus“ stehen. Ein sogenannter „Projektbeirat zur Ausbaustrecke Emmerich-Oberhausen“ wurde schon 2007 mit dem Ziel gegründet, die Kommunikation zwischen Bundes- und Landesregierung, dem kommunalen Arbeitskreis Betuwe“, der Bevölkerung und der Bahn zu stärken und die Umsetzung des Projektes zu begleiten“. Knackpunkt ist nach wie vor der paralelle Ausbau entsprechender Lärmschutzmaßnahmen. Immerhin soll nach Angaben der Bahn schon in diesem Jahr mit der Umsetzung erster Schallschutzmaßnahmen begonnen werden: Auf einen etwa acht Kilometerlangem Bauabschnitt, der durch dichtbesiedeltes Gebiet führt, sollen neue innovative Schienenstegdämpfer eingebaut werden, die den Schall um bis zu vier Dezibel reduzieren und die bisher in Deutschland noch nicht zugelassen sind. Mit dem geplanten Einbau dieser Schienendämpfer an besonders dicht besiedelten Streckenabschnitten der Bewtuwe-Linie, soll auch eine Referenzstrecke entstehen, die die endgültige Zulassung der Schienenstoßdämpfer in Deutschland ermöglichen soll. Diese Maßnahmen sollen, laut Reiner Latsch (DB) zusätzlich zu den gesetzlich erforderlichen Maßnahmen realisiert werden. Auch für die zahlreichen Bahnübergänge auf der Betwe-Strecke müssen sichere Lösungen für Unterführungen, Fuß- und Radwege, Rettungs- und Sicherheitskonzepte entwickelt werden. Darauf wies auch Manfred Flore von der Oberhausener Bürgerinitiative „Betuwe“ hin. Selber Freiwilliger Feuerwehrmann erläuterte er die vorbildlichen Sicherheitsbedingungen in den Niederlanden: „Wir wollen kein Sicherheitskonzept zweiter Klasse.“ Sabine Weiss (CDU) und Mike Groschek (SPD), die beide als Bundestagsabgeordnete im Projektbeirat Betuwe sitzen, berichteten, dass die Betuwe in Berlin auf höchster Ebene verhandelt wird. Bahnchef Grube war deswegen persönlich bei Kanzlerin Merkel. „Keiner will, dass die Betuwe ein neues Stuttgart 21 wird - auch Berlin ist sensibler geworden“. Die Bundesregierung wolle die Gelder für innovativen Lärmschutz und Sicherheit zur Verfügung stellen. Groschek: „Wir brauchen endlich eine verbindliche und zeitlich nachvollziebare Planung bis 2019.“ Sabine Weiss verkündete im Namen aller Einlader, dass von nun an jedes Jahr ein Betuwe-Gipfel stattfinden werde. MdB Bärbel Höhn (Grüne) stellte den direkten Zusammenhang zwischen „Stuttgart 21“ und „Betuwe“ her: „Man kann das Geld ja nur einmal ausgeben. Zugunsten süddeutscher Bahnprojekte wurde NRW- hintangestellt.“ Sie wies ebenfalls darauf hin, dass es in Sachen Lärmschutz immer noch keine Gleichbehandlung von Straße und Bahn gäbe. Der sogenannte „Schienenbonus“ (aus der Kaiserzeit) erlaubt eine wesentlich höhere Lärmbelastung der Anwohner als bei vergleichbaren Straßensituationen. „Hier müssen auch endlich die Gesetze entsprechend geändert werden, um Lärmschutz für die Bahnanwohner durch zusetzen“. Betuwe-Projektleiter Stefan Ventzke: „Derzeit hängt alles von den einzelnen Planfeststellungsverfahren in den Kommunen ab. Die Bahn kann erst an die konkrete Umsetzung gehen, wenn das abgeschlossen ist.“ Zwischruf: „Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Seit 18 Jahren ist man in der Planung. Inzwischen haben sich auch die Bedarfszahlen deutlich nach oben verändert.“ IHK-Vertreter Werner Kühlmann wies nochmal auf die Wirtschaftliche Bedeutung des dritten Gleises und der Betuwe-Linie insgesamt hin: „Der Bedarf steigt ständig, wenn wir nicht zugügig bauen, dann orientiert sich Rotterdam einfach anders.“ NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger nahm den Kommunen dann zumindest eine finanzielle Sorge ab: „Keine Baumaßnahme soll an der Finanzierung scheitern. Wir übernehmen als Land die Kostenanteile der Kommunen.“ Beifall. MdB Niema Mossavat (Linke) wies (in einer schriftlichen Stellungnahme an den NA) u.a. darauf hin, „dass noch mehr gefährliche Güter bei derzeitiger Planung durch Siedlungsgebiet fahren werden. Die Sicherheitsgesetzeslage für den Bahnverkehr in Deutschland ist hier absolut unzureichend.“ Trotz zügiger Moderation durch Stefan Zimkeit verließen viele enttäuscht und nicht zu Wort gekommen den Betuwe-Gipfel. Das meiste war ja schon bekannt. Wie heißt es so schön, nicht nur in Hollywood-Produzentenkreisen: „Auf 99 Prozent aller Fragen gibt es eine Antwort: „Money“. (Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 05/11 / cd).
Autor:Caro Dai aus Essen-Werden |
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