Satire zur WM 2010: Die anonymen Fußballgegner

Datum: 31. Mai 2010
Teilnehmer: Michael, Gerd, David, Markus und André.
Leiter: Michael
Protokollführer: David
Thema: Vorstellungsrunde! Was macht unsere Abneigung gegen Fußball aus? Wo führt sie hin? Was kann man tun?

Begrüßungsrede/Michael

Hallo, liebe Gegner des Fußballs. Ich heiße Thorsten, doch ihr könnt ruhig Michael sagen, wir wollen ja anonym bleiben. Wir haben uns hier und heute zusammengesetzt, um uns über ein gemeinsames Problem auszutauschen. Wir werden uns vorstellen, unsere Gedanken und Meinungen äußern und anschliessend beraten, wie unser gemeinsames Problem, den Fußball und dessen Machtposition in der hiesigen Gesellschaft, behoben werden kann. Da hinten auf der Theke stehen Schnittchen und ein wenig kohlensäurearmes Mineralwasser. Das brauchst Du übrigens nicht mitschreiben, David.

Beschreibung der Ereignisse/ Alle

Die Teilnehmer stehen auf und nehmen sich Schnittchen und jeweils einen Becher Wasser. Leider bringt mir André nichts mit, obwohl ich ihn freundlich drum gebeten hatte.

Vorstellungsrunde / Michael

Da ich der Kopf der Runde bin und deren Organisator, werde ich natürlich mit der Vorstellung beginnen. Also warum kann ich nichts mit Fußball anfangen? Meiner Meinung nach sind die Zeiten vorbei, wo Männer (und jene, die es werden wollen) darüber Bescheid wissen müssen. Sprich Tabelle auswendig lernen, Spieltage runterbeten und die Namen der Spielerfrauen kennen. Alles Unfug. Heutzutage kommt MANN auch sehr gut ohne das runde Leder zurecht. Denn selbst ohne Fußball bin ich ein ganzer Kerl. Stattdessen habe ich mir andere Interessen und Hobbies zugelegt, die sich zweifelsfrei gegen die zweitschönste Nebensache der Welt behaupten können, ohne dabei weibisch zu wirken.
Ich trenne zum Beispiel für mein Leben gerne Müll. Das habe ich derartig perfektioniert, dass es für jede – und damit meine ich wirklich jede – Art von Hausmüll eine entsprechende Entsorgemöglichkeit gibt. Gestern erst stand meine werte Freundin hilflos mit einem gebrauchten Teebeutel in der Küche. Als sie sich dem Mülleimer näherte, rief ich nur: „Nein! Halte ein! Dafür habe ich doch die spezielle Teebeutel-Ablage! Ne, Moment, das ist ja ein Bio-Teebeutel...da müssen wir nochmal schauen...“ Wie dem auch sei, Mülltrennung ist bei mir total angesagt, auch wenn ich am Ende immer etwas deprimiert bin, wenn die Müllautos bei der Abholung am Ende wieder alles in eine einzige Tonne schütten.
Nun bist Du dran, Gerd.

Vorstellungsrunde / Gerd

Danke, Michael. Oder Michi, hihi. Ich bin dann mal der Gerd, hihi, und ich find Fußball auch total doof, weil ich es für affig halte, einer Kugel hinterher zu rennen. Hihi. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich mich nun gar nicht bewege. Denn wer braucht schon Fussball, wenn jemand wie ich gerne wandern geht? Nun darf man nicht denken, dass ich mit so albernen Stäben, hihi, hüftenschwingend durch die Parklandschaften schnaufe, nein nein! Vielleicht ist dem einen oder anderem das Buch von diesem Hape Kerkeling ein Begriff. Das mit dem Jakobsweg und so. Genau das habe ich mir zugelegt, es geradezu verschlungen und mir gedacht: Alter, das machst Du auch! Haha!
Also nahm‘ ich mir den Dinslakener Stadtplan und fing an zu suchen. Leider fand ich keinen Jakobsweg, aber dafür einen Jasminweg. Ich dachte, da wird sich wohl nicht viel tun, ist bestimmt die kleine Nichte vom Jakob. Doch muss ich sagen, dass ich etwas enttäuscht war. Der gute Hape soll froh sein, dass er nicht über den Jasminweg geschrieben hat, sonst wäre das nur ein Faltblatt geworden! Haha!
Aeh ja, und nun?

Vorstellungrunde / David

Also ich führe Protokoll, kann aber sagen, dass ich Fußball auch nicht mag. Und dass ich es supertoll finde, endlich Gleichgesinnte zu finden! Ich kann mein Glück gar nicht fassen und wenn nicht Protokoll führen müsste, würde ich auch mehr dazu sagen. Markus, bitte.

Vorstellungsrunde / Markus

Fußball ist einfach nicht mein Sport. Deswegen kapiere ich auch die Aufregung nicht. Bald fängt die WM an. So what? Na und? Selten so gegähnt. Ich bin dennoch sportbegeistert, wenn auch eher passiv. Meist schaue ich Sport im Fernsehen an. Dann lande ich meist bei den Poker-Turnieren auf dem Sportkanal. Ich liebe diese großartigen und oft unlesbaren Pokerfaces. Was würde ich dafür geben, auch so ein Gesicht zu haben. Natürlich könnte ich mir auch einfach eine Sonnenbrille zulegen, wie es die anderen machen, doch das wäre nicht „for real“. Um dem Effekt der Poker-Coolness möglichst nahe zu kommen, übe ich immer mit meinem besten Kumpel. Natürlich um Geld, denn wir sind ja keine Amateure. Auf Dauer wird das jedoch öde, weil er nie Geld dabei hat und ich ihm immer was leihen muss. Die letzte Partie ist schon was her; seit der Aufnahme von meinem letzten Kredit muss ich mein Geld besser zusammenhalten. Ich gebe weiter an André, oder?

Vorstellungsrunde / André

Bei mir muss man in der Kindheit ansetzen, um meine Abneigung nachvollziehen zu können. Ich glaube, der Druck meines Vaters und der Mitschüler waren schuld. Als kleiner Junge war es natürlich noch schwerer, gegen die geballte Kraft des Balles zu widerstehen. Ich brauchte ein Hobby, was bei den anderen Jungs Eindruck schindete. Etwas extrem männliches, maskuliner als jeder Lederball. Also fing ich an, Playboy-Hefte zu sammeln. Immer, wenn mich jemand in Schule nach den aktuellen Ergebnissen des Spieltages anquatschte, gab ich an, für sowas keine Zeit zu haben – schließlich hatte ich ein Date mit Miss November.
Mein Vater war im Gegensatz zu mir ein begeisterter Anhänger des Schalke 04. Ich fragte mich als Kind immer, ob ich meinen Vater mal korrigieren sollte, denn schließlich heißt die Heimatstadt des Vereins Gelsenkirchen und nicht Schalke. Doch ich hatte Angst, dass er denken könnte, mich würde das interessieren oder gar schlimmer noch: Er würde mich auf ein Spiel mitnehmen.
Mein Erzeuger war sowieso äußerst enttäuscht von mir. Keine Fußballidole zierten als Poster meine Wände, sondern lauter tierische Medizini-Poster. Auch wenn mein Vater immer versuchte, mich für den Ballsport zu erwärmen (er schenkte mir 5 Jahre hintereinander zu Weihnachten einen Fußball), konnte ich damit nach wie vor nichts anfangen. Damit er aber mir aber ein wenig Ruhe gönnte, kickte ich mit meinem besten Kumpel ein wenig vor der Wiese unseres Hauses rum. Mein bester Kumpel war natürlich auch der totale Fußballfreund. Aber er wusste, dass ich mehr He-Man Figuren als er besaß, deshalb behielt er meist seine Kommentare für sich.

Beschreibung der Ereignisse / Alle

Alle sind nun mit der Vorstellung fertig und schauen sich arg ratlos an. Ihr Blick wandert zu Michael, der nun langsam wieder aufwacht. Er räupert sich.

Abschlußrede / Michael

Danke für Eure herzergreifenden Schicksale. Da unsere Zeit nun leider rum ist, verweise ich auf unser nächstes Treffen am kommenden Donnerstag. Bleib stark, selbst zu WM-Zeiten und denkt daran: Nach der Sitzung ist vor der Sitzung.

Autor:

Oliver Peters aus Dinslaken

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