Lustiges zur Fußball WM 2010: Maskottchen!

Ist es ein raffiniertes Kostüm für ein Fußball-Maskottchen? Oder doch nur ein Waschbär, der seinen Schwanz als Kissen verwendet?
  • Ist es ein raffiniertes Kostüm für ein Fußball-Maskottchen? Oder doch nur ein Waschbär, der seinen Schwanz als Kissen verwendet?
  • hochgeladen von Oliver Peters

Ich war eine Dose. Genauer, eine Bierdose.
Ich war ein Leguan, ein Kugelfisch.
Ich war eine Kokosnuss und zeitweise sogar eine Handgranate.

Nun bin ich ein Känguruh. Spiffy, das Känguruh – Maskottchen des Hobby-Fußball-Vereins VAF, ausgesprochen: Der Verein Alkoholisierter Fußballer.

Uwe, unser selbsternannter Trainer, meinte es ja nur gut mit uns. Zumindest versicherte er das immer wieder, als er den Vorschlag unterbreitete, ein Maskottchen im Stile der ganz Großen einzuführen. Wie die dabei auf mich kamen, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Ich gebe zu, dass ich deutlich kleiner bin als die anderen Typen bei uns. Und so eine jahrelang gepflegte Bierwampe trage ich trotz ausgiebigen Biergenusses auch nicht durch die Gegend. Demokratie ist unglücklicherweise ein Fremdwort im Verein.
Somit gab ich gezwungenermaßen den alten Job als Kassenwart auf und wurde zu Saufi, der euphorischen Bierdose. Natürlich nur während der Turniere. Das Kostüm nähte übrigens meine Mutter. Ich werde nie ihr Gesicht vergessen, als ich sie darum bat, mir eine Bierdose auf den Leib zu schneidern. Das gute Stück war mir höchst unangenehm. Es kratze und zwickte überall und ich schwitzte literweise. Sascha, der Co-Trainer, kam je nach Verlauf des Spiels zu mir rüber und sagte: „Saufi! Mach‘ mal Stimmung!“ Doch ich wusste nicht, wie man als Bierdose Stimmung verbreitet. Drum rannte ich von einer Ecke in die andere und rief laut: Ich bin eine Dose! Wir sind der VAF! Die meisten Anwesenden reagierten verstört und einer zückte sogar sein Handy mit der Ankündigung, die Polizei zu rufen. Uwe, unser Trainer, bekam Angst vor eventuellen Ausschreitungen und schickte mich auf die Bank. Gefrustet griff ich mir eine Dose Bier aus der Kühlbox, trank sie aber nicht, weil es irgendwie kannibalistisch wirkte. Wir unterlagen 4:2.

Das Konzept mit der Dose hatte offensichtlich seine Macken. Uwe entschied, dass ein tierisches Maskottchen wohl eher mit der Vereinsphilosophie überein stimme. Als unser bester Stürmer Pascal nachfragen wollte, was die denn überhaupt sei, übertönte Co-Trainer Sascha schnell mit dem Leguan-Vorschlag. Er hatte selbst welche daheim, die er über alles liebte, und für die er sogar seine Freundin vor die Türe gesetzt hatte. Laut seiner Fassung. So wurde ich Iggy, der dauergrinsende Leguan.
Meine Mutter nähte auch dieses Kostüm, bei dem sie darauf achtete, dass ich darin auch genügend Luft bekam. Sie hatte keine Ahnung, wie so ein Leguan genau ausschaut, also nähte sie eine Art Frosch mit Schwanz. Ich hätte ihr Anweisungen geben sollen, aber es war mir schon peinlich genug, dass ich auf einen eindrucksvollen Schwanz bestand. Seltsamerweise bemerkte niemand im Verein, dass ich einem Leguan nicht besonders ähnelte. Jedoch war die Leguan-Idee ein Schuss in den Ofen, weil einige Kinder unter den Zuschauern sich vor Angst in die Hosen machten. Dabei gefiel mir das Kostüm auf Anhieb, auch wenn man mir ständig auf den Schwanz getreten ist.
Wir ließen nun lieber intern abstimmen, welches Maskottchen besser geeignet wäre. Wenige Tage nach der Abstimmung wurde ich zu Blubb, dem Kugelfisch. Weil er, Zitat: Am ehesten an einen Fußball erinnert und zudem extrem knuffig ausschaut, Zitatende. Danke, Co-Trainer Sascha.

Meine Mutter war nun schon geübt in der Kostümherstellung. Ich war einigermaßen kugelrund und konnte meine Füße nicht mehr sehen. So müssen sich die anderen Vereinsmitglieder mit ihrer Wampe fühlen, dachte ich.
Wir waren gespannt auf das kommende Turnier mit meinem ersten Einsatz als Blubb. Ich hatte in der Zeit einiges aus dem Fernsehen abgeschaut. Wochenlang studierte ich die Cheerleader, die bei US-Sportarten zu sehen sind. Ich war derartig begeistert, dass ich Uwe vorschlug, auch einige Mädels mit kurzen Röcken anzuheuern. Uwe war dagegen. Erstens kannten wir keine Mädels und zweitens keine mit kurzen Röcken. Aber wenn ich unbedingt wollte, könnte ich ja einen tragen.
Das Spiel fing an und ging direkt am Seitenrand ab. Mir wurde zugerufen: „Schau‘ dir mal den spackenden Kugelfisch an!“ Ich fühlte mich in meiner Rolle als Gute-Laune-Stifter nicht wirklich für vollgenommen und hielt wie gewohnt Ausschau nach der Polizei. Da das gegnerische Team uns bzw. mich derartig auslachte, drückte das die Stimmung und das Endergebnis. 5:1 für die Gegner.
Nach dem Spiel kam ein Kind auf mich zu und fragte: „Bist Du giftig?“, was ich mit „Na klar, wir haben ja verloren“ beantwortete. Das Kind war aber noch nicht zufriedengestellt und klugscheisserte : „Bei Galileo habe ich gesehen, dass Fische wie Du giftig sind.“ Ich starrte das Kind mit einer Mischung aus Aggression und Heulkrampf an und ging dann vom Platz, um mich des Fischkostüms zu entledigen. So konnte das nicht weitergehen. Ich musste ein ernstes Wort mit Uwe reden. Das kann doch nicht Sinn und Zweck der Sache sein, dass ich mich jedes Mal zum totalen Vollidioten mache! Nicht mit mir.

Drei Wochen später war ich dann eine Kokosnuss. Genauer gesagt, ein braun angemalter Kugelfisch mit angeklebten Borsten eines Besens. Mein neuer Name: Coco. Uwe hatte mir gedroht, mich aus der Mannschaft zu schmeissen, wenn ich mich weiterhin anstellen würde. Ausserdem machte ich meinen Job gut, man muss der Sache auch mal Zeit geben. Nicht jedes Publikum kommt sofort mit hüpfenden Kokosnüssen klar.

Mit dem aktuellen Maskottchen erlebten wir gar eine Überraschung. Wir wurden tatsächlich Dritte im Herbst-Turnier. Wir waren total aus dem Häuschen und glaubten felsenfest daran, dass ich uns als Coco Glück bringen würde. Bis wir einen Zeitungsartikel mit Gruppenfoto im Lokalteil der Wochenzeitung sahen. Darunter stand „Gestandene Sieger – der Verein alkoholisierter Fußballer mit Coco, dem Kartoffel-Maskottchen.“
Zum wiederholten Male waren wir die Lachnummer der Saison. Ich war schon lange mit den Nerven am Ende und besuchte bereits einen Psychiater. Woche für Woche legte ich mich mit schweren Identitätsproblemen auf seine Couch. Wie sich aber jeder denken kann, wurden wir nicht aus unseren Fehlern schlau und planten ein neues Maskottchen, das definitiv nicht verlacht werden würde. Eine mannshohe Handgranate. Der Weg von der Kokosnuss zur Handgranate war nicht schwer, so daß meine Mutter nicht viel zu tun hatte. Das Kostüm sah großartig aus. Ich kam mir richtig gefährlich vor und wollte mich gar nicht mehr entkleiden.
Leider war genau dieser Aufzug eine Eintagsfliege. Aufmerksame Zuschauer riefen direkt die Polizei, als sie eine mannshohe Granate am Spielrand „Wir machen euch fertig, ihr Säcke!“ brüllen hörte. Verdacht auf Terroranschlag. Der ganze Platz wurde geräumt und wir durften seitdem keine Maskottchen mehr auf den Platz schicken, die Selbstmordattentäter inspirieren könnte.

Mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen. Morgen mittag ist mein nächster Auftritt als Vereinsmaskottchen. Der Kängeruhbeutel nervt ein wenig, aber eignet sich als Bierablage. Ich springe mich schonmal warm. Morgen steht ein wichtiges Spiel an und da muss ich in Form sein. Also, Freunde. Fürchtet euch vor Spiffy, dem Kängeruh. Und bitte. Lasst doch endlich mal die Polizei aus dem Spiel.

WIR SIND DER PFAU AAH EFF!

Autor:

Oliver Peters aus Dinslaken

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