Schlaf der Vernunft
Gestatten, Francisco de Goya, derzeit als Öl-Porträt meiner selbst Gast in Ihrer Stadt. Jemand von dieser Zeitung hat sie mir im Museum Voswinckelshof zum Lesen vor die Nase gehalten, um meine Meinung zu erfragen, muchas gracias. Zunächst: Ich habe etwas mehr Besuch erwartet. Wie ich jetzt erfahre, sind meine malerischen Fähigkeiten in den 230 Jahren durchaus anerkannt geblieben. Sodann höre ich die Unterstellung, mein „Bildnis eines eitlen Esels beim Betrachten seiner Ahnenreihe“ aus meiner Radierungs-Serie „Caprichos“ sei ein für mich typischer grafisch-bissiger Kommentar zu Ihrer heutigen Tagespolitik. Zwar habe ich den einen oder anderen Sarazenen porträtiert, doch dabei ging es nie um die Vorstellungen von Vererbungslehre zu meiner Zeit. Ich darf dies also in der mir als Hofmaler gebotenen Distinktion weit von mir weisen, so gern ich auch bei Ihnen heute zu Gast bin. Ewig Gestrige gab es schon zu meiner Zeit. Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer. (Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 36).
Autor:Caro Dai aus Essen-Werden |
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