Kunst macht Geschichte(n)

Vom 12. Dezember 2010 bis zum 23. Januar 2011 ist im Museum Voswinckelshof der Stadt Dinslaken eine besondere Ausstellung zu sehen: Dinslaken -Kunst macht Geschichte(n).

Die Geschichte einer Stadt wie Dinslaken ist mehr als ein bloße Aneinanderreihung von Fakten, Zahlen und Analysen. Ohne die konkreten Geschichten der Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte das Gesicht der Stadt geprägt haben, wäre sie nicht denkbar. Durch die Spiegelung in unterschiedlichen Künsten wie Literatur und Malerei erfahren diese Stadtgeschichten eine ganz neue Interpretation. Ob in Wort oder Bild, der künstlerische Blick auf eine Stadt und ihre Geschichte schafft Zusammenhänge und eröffnet Einsichten, die weit über die bloße Faktenlage hinausweisen.

15 Künstlerinnen und Künstler arbeiteten auf der Grundlage von historischen Bildmaterialien aus dem Zeitraum ca. 1900 – 1945, die vom Stadtarchiv Dinslaken zur Bearbeitung und Interpretation zur Verfügung gestellt wurden. Alle Künstlerinnen und Künstler sind in Dinslaken, Voerde und Hünxe beheimatet und haben sich aktiv mit ihrer heimatlichen Geschichte auseinander gesetzt, um den auf den Fotos abgebildeten Menschen, Gebäuden, Landschaften und Situationen mit ihren typischen Pinselstrichen oder ihrer Handschrift ein neu zu bewahrendes oder erweitert kritisches Gesicht zu geben: Wie die Momentaufnahme in der Neustraße und Himbeerdrops in Hosentaschen beschreiben die gute, alte Zeit, wo ein eigenes Fahrrad die Welt bedeutete.

In der Duisburger Straße tauschen rastlose Gedanken Orte und Weihnachten 1914 findet ohne die 3 Glocken von St. Vincentius statt. In Lohberg ist das dunkelste Dunkel eh unter Tage, während beim Hagelkreuz ein kleiner Junge die Nägel löst. In Hiesfeld werden Äpfel geklaut und Zeiten des Grauens brechen an, die noch lange danach verletzen. Der Blick in die Vergangenheit erklärt Gegenwart und verweist auf Zukünftiges.

Beuys-Schüler Alfred Grimm schuf für die aktuelle Ausstellung weitere Kruzifix-Objekte, deren erste Exemplare, vor über 20 Jahren in ganz Deutschland ausgestellt, für Aufsehen sorgten. Rund 70 Kruzifix-Objekte hat Grimm seither gestaltet. Die ersten wurden damals in der Ev. Stadtkirche hier in Dinslaken ausgestellt.

Zur schreibenden und bildend-malenden Projektgruppe gehören: Udo Buschmann, Annette Brands, Gudrun Bröckerhoff, Jess Geiger, Barbara Grimm, Alfred Grimm, Ingrid Hassmann, Asmaa Menghesha, Martina Reimann, Walburga Schild-Griesbeck, Marco Schmidt, Jutta Ulrich, Martina Weinem, Ruth Wendt und Margret Zehrfeld.

Hier ein Textbeispiel von Ingrid Hassmanns zu Barbara Grimms Bild Kath. Kirche:

Rastlose Gedanken

Rastlose Gedanken
wie fliehende Körper
tauschen Orte

wechseln feste Standpunkte
und vorgegebene Ziele
tauschen Orte

begeben sich ins Niemandsland
und brechen auf zu neuen Ufern
tauschen Orte

verlassen vertraute Landschaften
und betreten fremden Boden
tauschen Orte

schlagen alte Türen zu
und öffnen Zukunftsfenster
tauschen Orte

flüchten Vergangenheit
und ernten Zukunft
tauschen Orte

und ein weitere Text von Ingrid Hass zu Margret Zehrfelds Bild Dächer Neustraße:

Dachlandschaften – Neustraße

Dach-Landschaften
in architektonischer Uneinigkeit
als Spielart
sich dokumentierenden Lebens
in sich vereinigend
das Dauerhafte, Typische
und das Gesetzmäßige –

versteckte Überlebensmuster
intimer Gewohnheiten
schlafen in Gemäuern
die Rätselhaftes beschwören
Erinnerungen verblassen
im Jahresrhythmus –

jenseits der sichtbaren Dinge
ein Wechselspiel zwischen
maskenhaften Schuldgeschwistern
das Schicksal, überlebte Langeweile
auszuhalten, ängstigt
und montags trifft hier
Einzelhaft auf Atemnot –

Die Ausstellung im Museum Voswinckelshof, Elmar-Sierp-Platz 6, 46535 Dinslaken hat ab 12. Dezember täglich (außer montags) von 14 -18 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen auch gern beim Kunstforum & Atelier Martina Reimann, Im Osterfeld 11, 46562 Voerde Telefon 02855-169198, www.Kunstforum-Reimann.de (Erschienen im Niederrhein Anzeiger Kw 49 /cd).