Jochen Malmsheimers Gastspiel in Dinslaken
Grenzverwirrter Aberwitz mit alten Dinkelplätzchen und augenzwinkernder Musiktheorie
Man sollte ja meinen, den kennen viele. Aber nein, Jochen Malmsheimer zählt eher zu den mittelbekannten Künstlern deutscher Prägung. So lautet eine der bitteren Erkenntnisse aus seinem jüngsten Auftritt in der Kathrin-Türks-Halle.
Mit der allgegenwärtigen krisenbedingten Zurückhaltung wollen auch die Kabarettfans in Dinslaken nicht brechen, deshalb ist das Auditorium mittels mobiler Trennwand auf die Hälfte eingekürzt. Die Zuschauer erwartet Malsheimers Adventsprogramm, musikalisch angereichert durch Uwe Rösslers Tiffany Ensemble. Das spielfreudige Quintett um den Kaarster Pianisten könnte wohl allein ein Abendprogramm füllen: Mit einer lockeren Mixtur aus Klassik und Jazz rauschen die Fünf durchs Geschehen und haben dabei selber mindestens so viel Spaß wie ihr Publikum.
Herr Rössler gibt mit toller Sprechstimme den Conferencier und sammelt dabei nicht nur Sympathiepunkte mit seinen absichtlich grenzverwirrt gestalteten Erklärungen der Musiktheorie. Seine Zuhörer haben schnell geschossen: Hier nimmt sich einer generalstabsmäßig selber auf die Schippe. Das gefällt und füllt geschmeidig die Präsentationspausen des Herrn auf der anderen Seite der Bühne.
Die Wortbeiträge des wiederauferstandenen Bochumer Tresenlesers haben's in sich. Man könnte ja meinen, er sei bloß albern. Wären da nicht diese unnachahmlich intonierten und in ihrer Wortwahl passgenau zusammengeklöppelten Widrigkeiten des menschlichen Seins und Tuns, mit denen Malmsheimer uns zum Lachen bringt.
Sicherlich, man darf sich fragen, warum der Meister des kruden Gedankens nach über 30 Jahren kreativen Wirkens immer noch auf die Dinkelplätzchen in der Krabbelgruppe oder das Erbrechen des Nudelsalats "Walter" im "nahezu hethitisch dunklen" Fetenkeller der urlaubenden Eltern eines Kumpels bemüht. Aber genau dies macht ihn eben aus: den Jochen Malmsheimer, der immer mal wieder gern eine uralte Nummer einstreut und dabei doch verlässlich und stilsicher beweist, dass niemand treffsicherer die Defizite der deutschen Spießerseele seziert. Inklusive bekannter Kollateralschäden, wie der Omma, die auf dem Weihnachtsbalkon geparkt wird, damit sie sich länger hält.
Eine Weißwein trinkende Frau findet's in der Halbzeitpause gar nicht gut, dass man ihr nach mindestens 10 Minuten Wartezeit vor der Schanktheke das Glas füllt, ohne sie aufs Trinkverbot auf den Sitzplätzen hinzuweisen. Doch auch sie lässt sich später im abgedunkelten Saal wieder zufrieden verzaubern von diesem herrlichen Adventsprogramm des Aberwitzes.
Rössler und Malmsheimer sei Dank.
Autor:Dirk Bohlen aus Hamminkeln |
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