Francisco de Goya: Hofmaler und Humanist

Dr. Peter Theißen führt durch dieGoya-Ausstellung / Foto: Heinz Kunkel
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Malen als Waffe gegen Unrecht und Kriegsgräuel

Bis zum 12. September kann man noch im Museum Voswinckelshof Goya höchstpersönlich „in die Augen sehen“. Das beeindruckende Selbstportrait des spanischen Malerfürsten von 1783 ist eine Leihgabe des Museums der Schönen Künste aus Dinslakens Partnerstadt Agen und ist hier überhaupt zum allerersten Male außerhalb Frankreichs zu sehen.

Das lokale Twins-Projekt der Europäischen Kulturhauptstadt und die Stadtwerke Dinslaken machten es möglich: Die Partnerstadt gab zwei ihrer insgesamt fünf Goyas an den ersten „Kulturhauptstadt-Local-Hero“ Dinslaken.

Kürzlich anlässlich der DIN-Tage sah sich die Delegation aus Agen natürlich auch „ihre Goyas“ im Voswinckelshof an und war begeistert: „So schön haben wir unsere Gemälde noch nie präsentiert gesehen.“ Ein Delegationsmitglied, sagte sogar (als Conservatrice Marie Dominique Nivière gerade mal nicht hinhörte): „Wir sollten die Goyas hier in Dinslaken lassen, sie kommen hier viel besser zur Geltung.“ Das geht natürlich nicht, denn wer gäbe schon den Hauptschatz seiner Kunstsammlung, quasi „seine Mona Lisa“, freiwillig her. Aber dieses Lob ist für Dr. Peter Theißen als Leiter des Museums Voswinckelshof der verdiente Lohn für all die Mühen und Kosten, die zur Verwirklichung dieser Ausstellung hier in Dinslaken nötig waren. Und die wahrlich dem ersten Local Hero einer Europäischen Kulturhauptstadt würdig sind.

Die weinrote Samtbespannung der Sicherheitswand ist ein wunderbarer Hintergrund für die beiden über 200 Jahre alten Gemälde. Modernste LED-Lichttechnik erzeugt beinahe Tageslicht auf den kostbaren Bildern und lässt jede Nuance zur Geltung kommen. Wir sehen in das Gesicht eines großen Künstlers, der in Zeiten der spanischen Inquisition als Hofmaler sein Geld verdiente. Der seine Kunst und Meisterschaft aber auch immer – unter Gefahr fürs eigene Leib und Leben – als Waffe gegen Unterdrückung und Unrecht einsetzte. Weltberühmt sind bis heute seine Radierungen: „Die Schrecken des Krieges“. Auf kleinstem Raum dokumentiert Goya das Elend und Leid der Opfer, die uns bis heute berühren. Seine Karikaturen verhöhnten korrupte Staatsdiener, die fürchterlichste aller Inquisitionen - nämliche die spanische - und die staatliche Unterdrückung. Seine Waffen trafen ins Mark: Als Hofmaler porträtierte er die spanische Königsfamilie wohl genauso, wie sie auch aussah. Hässliche, ungeschönte, rohe Bauerngesichter mit Falten und miesen Zügen. Das versteht man in allen Epochen. Sein Selbstportrait (im Voswinckelshof) war eine Studie: So verewigte er sich dann auch als kleine Eigenwerbung auf dem großen offiziellen Königsfamilien-Gemälde. (Sich selbst hat er selbstverständlich dezent verschönt. den Bauch ein wenig verschlankt, das Doppelkinn abgemildert: Bei einer Restaurierung fand man die verräterischen ursprünglichen Skizzen). Auch einige seiner „Los Caprichos“-Radierungen sind im Voswinckelshof zu bewundern. Richtig aktuell, wenn man an die derzeitige Vererbungs- und Genetik-Diskussion denkt: Ein Esel studiert seine Ahnenreihe – von sich begeistert.

Führung durch den Chef persönlich

Der Niederrhein Anzeiger hatte das Glück eine Führung vom Voswinckelshof-Chef persönlich zu erhalten. Dr. Peter Theißen (Studium Generale) promovierte über die Rechtsverhältnisse des Münsteraner Mühlenwesens. Das - ähnlich wie das angelsächsischen Recht - keine schriftlich niedergelegten (codifizierten) Gesetze kennt.
Jedes Urteil wurde im Einzelfall entschieden. Theißens Interesse galt schon immer dem Alltag der einfachen Menschen (der Volkskunde), den Handwerkern und dem Arbeitsleben. Hier im Voswinckelshof erarbeiten er und sein Team lebendige erfahrbare Museums-Kultur. Mit viel Geld kann das jeder, aber wenn das Geld knapp ist, muss man eben mit guten Ideen und intelligenten Lösungen Programme und Ausstellungen machen.

Noch 5 Tage sind die Goyas hier zu sehen

Die Dinslakener Goya-Ausstellung ist mit viel Liebe zum Detail, höchst informativ und licht-technisch höchst raffiniert in Szene gesetzt. Und sie wird mit einer geschickten Auswahl an modernem Werken (herausragend der chinesische Maler Yongo Zhao und natürlich der frühe „local hero“ Otto Pankok) unter dem Motto „Visionen von Schrecken und Hoffnung“ mehr als würdig präsentiert. Ein Besuch - auch und gerade „auf den letzten Drücker“ - kann man jedem nur empfehlen.

Goya ist eben einfach eine Welt-Klasse für sich und wird wahrscheinlich „so schnell nicht wieder“ hier vor Ort zu sehen sein.
Weitere Infos: Museum Voswinckelshof, Elmar-Sierp-Platz 6, Telefon: 02064- 2449. (Mo - Fr: 10 -18 Uhr). Eintritt: 8 Euro/ Erm. 5 Euro.
(Siehe auch www.lokalkompass.de/Dinslaken/ Einmal Goya in die Augen sehen).(Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 36).

Dr. Peter Theißen führt durch dieGoya-Ausstellung / Foto: Heinz Kunkel
Goya-Caprichio 39: Ein eitler Esel bei der Ahnenforschung / Foto: Heinz Kunkel
Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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