Handicap mit doppelter Bedeutung
Im Haxterpark dreht sich alles um den kleinen weißen Ball
Die Sonne scheint, eine leichte Brise weht über das Areal. „Fore!“, schallt der Warnruf eines Golfspielers über den Platz. Reflexartig machen sich zwei Männer an Loch 13 klein.
Der verschlagene Ball könnte bedrohlich nahekommen. Der Warnruf, der bei den meisten Golfbegeisterten eine intuitive Schutzhaltung auslöst, gilt diesmal aber einem Sportflugzeug, das auf dem benachbarten Flugplatz landen will. Nur ein Spaß! Die Männer lachen. Willkommen im Haxterpark! Einem außergewöhnlichen, wohl einmaligen Golfplatzprojekt in Deutschland.
Vorbild Schottland
Rau, windig, kahl und mitten in Paderborn. Helmut Böhmer, Gründungspräsident des Universitäts-Golfclubs Paderborn und Geschäftsführer des Haxterparks, schaut zufrieden von einer Anhöhe über das 58 Hektar große Gelände. „Die Idee für die Gestaltung des Platzes stammt aus Schottland, dem Ursprungsland des Golfspiels“, erklärt „Helmut“ stolz, denn beim Golfen sagt man locker „Du“ zueinander. Der Haxterpark ist ein so genannter „Links-Platz“. „Link“ kommt aus dem Schottischen und steht für die ursprüngliche, traditionelle Art, Golfplätze auf dem schmalen Streifen Dünenlandschaft zwischen Meeresstrand und Binnenland zu platzieren.
Platz für alle Handicaps
Im Haxterpark hat der Begriff Handicap eine doppelte Bedeutung. Beim Golfspiel kommt es darauf an, den Ball zu treffen, und zwar so, dass er dorthin fliegt und landet, wo es geplant war. Das ist an sich schon ziemlich kompliziert. Für Menschen mit Behinderung oder persönlichen Handicaps erst recht. In Paderborn kommt man diesen Spielern in besonderer Hinsicht entgegen: Der Platz ist speziell darauf ausgelegt, dass ihn auch Rollstuhlfahrer oder Menschen mit anderen Einschränkungen befahren und spielen können.
Ganz besonders ist zum Beispiel die Konzeption der Hindernisse in Form von Sandbunkern.
Die meisten sind direkt vom Abschlag der jeweiligen Spielbahn aus zu sehen und sie haben ein reichlich ungewohntes Design. Die insgesamt 121 sandigen Hindernisse haben jeweils eine flache Kante, damit auch Rollstuhlfahrer mit ihren so genannten Paragolfern hineinkommen. Paragolfer sind geländegängige Fahrzeuge, die es den Sportlern mit ihrer speziellen Konstruktion ermöglichen, sich aufzurichten. „Die Wände der Bunkeranlagen sind im 45-Grad-Winkel mit Holzplanken ausgelegt. Wenn Bälle nicht optimal getroffen werden, hilft das, sie trotzdem herauszuschleudern“, erläutert Helmut. „Dies vereinfacht das Spiel für Menschen mit Handicaps, die natürlich nicht ganz so weit schlagen können." Dennoch ist der Platz herausfordernd - für alle Spielklassen.
Paragolfer
Wer ein Gefühl dafür bekommen will, wie sich das Golfspiel mit Handicap anfühlt, sollte einen der im Club vorrätigen Paragolfer ausprobieren. Helmut schwärmt: „Es ist einfach phantastisch, dass diese technische Unterstützung vielen Menschen die Möglichkeit bietet, den Golfsport zu betreiben. Nach den Runden sieht man hier viele glückliche Menschen, die ein paar schöne Stunden auf dem Platz verbringen konnten. Beim Golfspiel vergisst man schnell seine Alltagssorgen. Da ist im Nachhinein der gespielte Score auf dem Platz gar nicht so wichtig.“
Spezielles Training
Menschen mit Handicap benötigen zum Erlernen des Golfspiels besondere Formen des Trainings. Techniken, die der Haxterpark schon lange entwickelt und die auch bei geistigen Einschränkungen hilfreich sein können. So trainiert gerade eine Demenz-Studiengruppe auf der Driving-Range. „Der Golfsport hat mehrere positive Auswirkungen auf Menschen mit Handicaps“, verdeutlicht der Clubmanager. „Die Körper-Motorik und - wie bei allen Golfspielern auch - vor allem die Auge-Hand-Koordination wird trainiert, was Behinderten im Alltag und bei der Arbeit zugutekommt.“
Partner Universität
Der Club erhält zusätzlich auch wissenschaftliche Unterstützung. In direkter Nachbarschaft liegt nicht nur der Flugplatz, sondern auch die Universität, die sich bereits seit vielen Jahren mit dem Thema Inklusion beschäftigt. Dort haben Studenten beispielsweise einen neuen Rasenmäher entwickelt, der höhenverstellbar ist und drei Schnitthöhen bewältigen kann.
Platzpflege mit Handicap
Das Thema Inklusion wird auch im Golfclub selbst gelebt. In Summe gibt es 45 Festangestellte, 22 davon mit körperlichen oder geistigen Behinderungen. Platzpflege, Verwaltung und Gastronomie sind die Aufgabenbereiche für die Mitarbeiter mit persönlichen Handicaps. Bei der Arbeit auf dem Golfplatz ist immer wieder Flexibilität gefragt. Mal ist Regelbetrieb, mal werden Turniere gespielt. Mal ist das Wetter ruhig, mal fordern Hitze oder Nässe besondere Maßnahmen.
Bei allen notwendigen Maschinen und Werkzeugen für die tägliche Herrichtung des Platzes wurde darauf geachtet, dass diese einfach zu bedienen sind. Bunker harken, Fairways mähen: Es gibt viel zu tun. Das ist nichts für Langschläfer. Morgens um 6 Uhr müssen die Grüns für die Golfspieler geschnitten werden. Denn etliche Sportler sind Frühaufsteher und spätestens um 7 Uhr in der Frühe ist im Sommer Betrieb auf dem Platz.
Präsident Helmut Böhmer ist inzwischen für rund 1.500 Mitglieder verantwortlich. „Wir haben uns schon immer als Sport- und Begegnungsstätte verstanden – da gab es das Wort Inklusion noch gar nicht.“ Neben Golfen gehören Bogenschießen und Boulen zum Angebot des Vereins.
Info
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Autor:Lokalkompass Empfehlungen aus Essen |
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