BürgerReporterin des Monats August: Anke Müller
Sie schreibt, weil sie eben muss. Über das Wetter, die Familie, die Rückenschmerzen oder das Ding aus der Melone, das aussieht wie ein Spermium. Anke Müller ist zwar nicht die dienstälteste BürgerReporterin, trotzdem verdankt die Lokalkompass-Leserschaft ihr viele wunderbare Geschichten.
Die Mülheimerin ist unsere BürgerReporterin des Monats August.
Wenn Deine Familie und Freunde Dich beschreiben sollten: Was würden sie wahrscheinlich sagen?
Bei der Familie kommt es darauf an, wen man fragt: Für mein Geflügel bin ich die tollste Mama der Welt; für Pubertikel der ewig nörgelnder Putzdrachen; mein Mann mag mich, wie ich bin - und meine Eltern haben keine andere Wahl, denn ich bin ihr einziges Kind.
Meine Freunde schätzen besonders, dass ich immer gut drauf bin. Ich habe keine schlechte Laune – und wenn doch, dann bleibe ich so lange daheim.
Was sind die drei wichtigsten Sachen in deinem Leben?
Gesundheit, Familie und Zufriedenheit
Was macht Mülheim besonders lebenswert?
Ich komme vom Land und ich habe auch etliche Jahre in München gelebt. An beiden Orten habe ich mich wahnsinnig wohlgefühlt - doch mein Mann ist Mülheimer und für mich war es einfacher, umzuziehen. In Mülheim lassen sich Stadt- und Landleben prima verbinden, hier kann man beides haben. Ich wohne am Waldrand, das ist fast wie früher daheim. Biege ich an der Haustür rechts ab, beginnt die Natur; gehe ich links den Berg runter, komme ich in die Stadt.
Du betreibst einen Blog und bist Buchautorin. Was bedeutet das Schreiben für dich?
Ich habe schon immer geschrieben, ich wusste schon in der ersten Klasse, was ich mal werden will. Beruflich hat das dann noch ein bisschen gedauert, ich brauchte zuerst eine Waschmaschine und sonstige teure Grundausstattung. Heute bin ich bescheidener.
Im Moment arbeite ich an meinem nächsten Buch.
Welche Themen verfolgen dich in deinen Texten besonders oft?
Bei mir dreht sich alles um Alltagsgeschichten. Mein Anspruch ist es, jede noch so missliche Alltagssituation heiter zu erzählen. Jedes Missgeschick hat sein Gutes, und wenn es nur dafür taugt, dass woanders einer darüber schmunzeln kann. Es gibt aber auch für mich Tabuthemen: schlimme Krankheiten zum Beispiel, oder Tod. An so was würde ich mich nicht rantrauen. Und von Politik lasse ich auch die Finger.
Von welchem Menschen, egal ob tot oder lebendig, würdest du gerne einen Monat lang lernen?
Ich würde total gerne noch einmal Zeit mit meinen Großeltern verbringen. Man hat sie, und ehe man sich versieht, sind sie weg und alle ihre herrlichen Geschichten von früher sind mit ihnen gestorben. Meine Großeltern haben wunderbare Storys erzählt. Mein übernächstes Projekt wird sich, sofern nicht was dazwischen kommt, mit den Geschichten von damals befassen.
Wenn Geld keine Rolle spielte – wohin würdest du gern reisen? Warum?
Wenn ich richtig viel Geld hätte, würde ich mir an einem einsamen See eine kleine Hütte kaufen. Wo es ruhig ist, einem keiner auf den Sack geht, kein Internet, wo man ganz allein sein kann. Ich würde da nicht ständig sein wollen, aber ich würde mich jederzeit mit meinen Lieben zurückziehen können. Allein bei der Vorstellung fühle ich mich schon erholt.
Was war dein bislang größtes Abenteuer?
Ich bin schon immer ziemlich fahrradverrückt. Als ich 18 Jahre alt war, lieh mir ein Freund für einen Sommer sein Rennrad. Das war kein normales Rennrad, es war stabiler, hatte nur drei Gänge und er hatte es selbst aufgebaut. Eines Freitags nach der Arbeit - ich hatte gerade in Jena mit der Ausbildung begonnen und meine Eltern tourten für drei Wochen mit Verwandten durch Südfrankreich - machte ich mich für das Wochenende auf den Weg. Ich hatte keinen großen Plan, ich radelte einfach dem Sonnenuntergang entgegen.
Als es dunkel wurde, ich weiß nicht, wie weit ich gekommen war, schlug ich mein Nachtlager auf einem Felsplateau auf. Mangels Strauraum hatte ich statt eines Zeltes nur zwei kleine Plastikplanen und vier Wäscheklammern dabei. Für den Fall, dass es regnete, befestigte ich die eine Plane über mir an den Zweigen, auf die andere legte ich mich.
Ich aß eine Knackwurst und legte mich mit der Taschenlampe unter dem Kopf schlafen.
Mitten in der Nacht erwachte ich plötzlich: Hinter mir knackten Zweige!
Da schlich sich einer an! Mir blieb fast das Herz stehen. „Wer da?“, rief ich und funzelte mit der Taschenlampe. Der Lichtstrahl erfasste die blitzenden Augen und die gefletschten Zähne eines Fuchses. Erst war der auch erschrocken und verharrte, dann rannt er los: Auf mich zu! „HAU AB!“, brüllte ich ihn an, doch er kam schnell näher. Geistesgegenwärtig schnappte ich meinen Turnschuh und pfefferte ihn nach dem Angreifer. „VERSCHWINDE!“ Gottlob, ich traf ihn auf den Wanst! Er machte augenblicklich kehrt.
Als es hell wurde, suchte ich meinen Schuh. Am Fuß des Plateaus fand ich ihn, vor einem Warnschild: Tollwutsperrbezirk! Mir wurde mächtig mulmig und ich beschloss, den Rückweg anzutreten - mit einem kleinen Umweg über den Hohenwarte-Stausee.
Nach einer guten Stunde erreichte ich den See. Wie das bei den meisten Stauseen so ist, befand sich da vor der Flutung im Tal ein Dorf. Wegen des heißen Sommers war der Wasserstand sehr niedrig – und in der Mitte ragte die rostige Kirchturmspitze aus dem Wasser. Da reichte es mir, da habe ich Fersengeld gegeben und gemacht, dass ich nach Hause kam! Meine Eltern wissen bis heute nicht, dass ich damals nicht mit Schulfreundin Berit unterwegs war.
Am Wochenende darauf bin ich dann an die Ostsee gefahren und habe im Auto übernachtet. In freier Natur zu schlafen, das traute ich mich nicht noch mal. Doch auch hier war nicht an erholsame Nachtruhe zu denken: Dieses Mal war es kein Fuchs, der mitten in der Nacht anfing Stress zu machen, sondern zwei durchgeknallte Riesenkampfhühner, die sich auf Motorhaube und Windschutzscheibe den Garaus machen wollten. Zum Glück kamen am Wochenende darauf endlich meine Eltern zurück; ich hatte echt keine Lust mehr auf Rumreisen. (Ach ja, meine Kinder sollen sich unterstehen, in Mutters Fußstapfen zu treten!)
Lesetipps der Redaktion:
→ Der leidige Rücken
→ Gangster auf frischer Tat ertappt
→ Lenin
→ Wohin mit dem Spermium?
Autor:Lokalkompass .de aus Essen-Süd |
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