#Demokratie
Muslime in den Konfliktfeldern gesellschaftlicher Polarisierung

Seit Jahren ist europaweit eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung zu beobachten, die westliche Demokratien zunehmend unter Druck setzt. Die Spaltung der Gesellschaft zeigt sich nicht nur im Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Gruppen, sondern auch in immer schärfer werdenden Debatten über zentrale gesellschaftspolitische Fragen. In Deutschland und anderen europäischen Ländern stehen besonders Themen wie der Klimawandel, Zuwanderung und die europäische Integration im Fokus. Internationale Konflikte wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie Grundsatzfragen zu Religion, Säkularismus und Multikulturalismus heizen die Diskussionen zusätzlich an.

Auswirkungen auf die Demokratie

Besonders bedrohlich wirkt sich die Verbreitung von Fake News aus. Soziale Medien tragen erheblich zur Polarisierung bei, indem sie Echokammern schaffen, in denen Menschen hauptsächlich Informationen konsumieren, die ihre vorgefassten Überzeugungen bestätigen. Dies verzerrt die Wahrnehmung gesellschaftlicher Realitäten und erschwert den demokratischen Diskurs. Zwar könnte eine lebendige Streitkultur als förderlich für die Demokratie angesehen werden, doch scheint die zunehmende Emotionalisierung und Verhärtung der Fronten in den Debatten das legitime Maß des Meinungsstreits weit zu überschreiten. Hass, Empörung und Diffamierung Andersdenkender prägen zunehmend die Diskussionen, was die Zivilgesellschaft ernsthaft bedroht.

Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen: Zum einen leidet das Vertrauen in demokratische Prozesse, zum anderen wird die Konsensfindung erheblich erschwert. Die politische Bildung steht weiterhin vor der Herausforderung, Menschen zu kritischem Denken zu befähigen und das Vertrauen in demokratische Institutionen zu stärken. Gelingt dies nicht, droht eine weitere Fragmentierung der Gesellschaft.

Auswirkungen auf muslimische Gemeinschaften

Eine Gruppe, die besonders stark von der gesellschaftlichen Polarisierung betroffen ist, sind Musliminnen in Deutschland. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen nutzen antimuslimische Rhetorik, um politische Unterstützung zu mobilisieren. Musliminnen werden oft als Bedrohung für die nationale Identität und Sicherheit dargestellt. Dies führt nicht nur zu einer Zunahme von Ressentiments, sondern auch zu einem signifikanten Anstieg von Gewalt- und Straftaten gegen Muslim*innen. Die Folgen sind Segregation und soziale Ausgrenzung. Muslim*innen leben häufig in städtischen Gebieten, die sozial und wirtschaftlich benachteiligt sind. Diese räumliche Segregation verringert die Interaktion mit der Mehrheitsgesellschaft und verstärkt Vorurteile. Extremistische Ansichten gewinnen in dieser Umgebung leichter an Boden, was zu Radikalisierungstendenzen sowohl innerhalb muslimischer Gemeinschaften als auch in der Mehrheitsgesellschaft führt.

Auch der gesellschaftliche Diskurs über die Werte und Normen von Muslim*innen und der Mehrheitsgesellschaft trägt zur Spaltung bei. Religiöse Symbole wie das Kopftuch oder Praktiken wie der Muezzinruf werden immer wieder zum Gegenstand heftiger Debatten. Diese Kontroversen haben infolge den Dialog zwischen staatlichen Institutionen und dem organisierten Islam erheblich belastet. Obwohl die Deutsche Islamkonferenz als erfolgreiches Dialogformat gilt, stagnieren an vielen Stellen Verhandlungen über Staatsverträge, Kooperationsmodelle oder den islamischen Religionsunterricht.

Herausforderungen und Perspektiven

Die aktuelle Entwicklung wirft grundlegende Fragen auf, die weit über den Umgang mit Muslim*innen hinausreichen. Wie kann Deutschland als Einwanderungsgesellschaft, die in den kommenden Jahrzehnten auf Migration angewiesen bleibt, diesen Herausforderungen begegnen? Wie wehrhaft ist unsere Demokratie im Umgang mit gesellschaftlicher Polarisierung und Radikalisierungen aller Couleurs? und Wie können wir weiterhin gemeinsam an einer Zukunftsvision unserer Gesellschaft arbeiten?

Eine dringend benötigte Strategie muss sowohl Raum für kritische, lösungsorientierte Debatten schaffen als auch gezielt den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern und die demokratischen Prinzipien verteidigen. Nur so lässt sich die Polarisierung überwinden und das Vertrauen in die Demokratie langfristig wieder stärken.

Das Zukunftsforum Islam

Ein Beitrag dazu möchte das XIII. Zukunftsforum Islam leisten. Mit seiner diesjährigen Fachtagung widmet sich die offene und unabhängige Netzwerk- und Diskussionsplattform Zukunftsforum Islam diesem Thema. Unter dem Titel „Muslime in den Konfliktfeldern gesellschaftlicher Polarisierung – Befunde und Strategien der Bewältigung“ kommen vom 15. bis 17. November 2024 in Frankfurt/Sulzbach rund 120 Intellektuelle, Wissenschaftler, Referenten, Studierende, Fachkräfte und weitere Multiplikatoren aus verschiedenen Berufsgruppen und Tätigkeitsfeldern zusammen, um an drei Programmtagen vielfältige Themen zu behandeln, die für das muslimische Leben in Deutschland von herausragender Bedeutung und zukunftsweisender Tragweite sind. Interessierte können sich unter folgendem Link informieren bzw. anmelden:

Zur Fachtagung: www.zfiev.de
Call for Papers: www.zfiev.de/call-for-papers

Autor:

Samy Charchira aus Düsseldorf

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