Ritterturnier zu Bad Münster am Stein-Ebernburg
Das Ritterturnier beim Mittelaltermarkt 2024 in Bad Münster am Stein- Ebernburg - eine Rezension
Die Akteure der Stuntpferde.de gaben sich auch dieses Jahr wieder in zwei Shows in Bad Münster am Stein-Ebernburg die Ehre, wiewohl die Shows ihnen nicht zur Ehre gereichten. Ich beginne diese Rezension also, wie im besten Falle die Shows beginnen würden, nämlich mit einem lateinischen Text: Sic transit gloria equitum.
Der Plot
(Anm. der Verfasserin: Alles im Plot, was in Anführungszeichen gesetzt ist, ist originaler Text aus der Show)
„Wir schreiben das Jahr 1498. Es geschah in alten Tagen, dass Rom in seinem eigenen Drangsal seine Legionen an gottesfürchtigen Kriegern über das Land verteilte, um der aufkommenden Reformation Einhalt zu gebieten. So setzte der Kaiser mit der Unterstützung des Papstes niemand geringeren als Richard von Greiffenklau, bekannt für seine harte Hand, als neuen Erzbischof von Trier ein.
Ein jeder Stammesfürst herrschte als König auf seiner Burg und kämpfte mit Feuer und Schwert gegen seinen Nachbarn. Und so kam die Dunkelheit über das Land.
In einem kleinen Tal, an einem Fluss namens Nahe, und am Fuße der Ebernburg, und im Schatten des Rotenfels, breitete sich der Gedanke der Reformation und des Widerstands gegen den Erzbischof aus. So sammelte der Bischof seine Vasallen um sich um den Aufstand niederzuschlagen. Unter seinen Gefolgsleuten war auch ein junger Ritter namens Franz von Sickingen, der gerade den Titel des Ritters von seinem Vater geerbt, jedoch noch nicht im Kampf bewiesen hatte.“
Richard von Greiffenklau, Erzbischof von Trier (Andreas Wolter) und seine Gefolgsleute, Alessandro di Verona (Karel Hajek) und einige Fußtruppen, unter ihnen Franz von Sickingen (Christian Papke), überfallen das an der Ebernburg ansässige Volk. Von Greiffenklau und di Verona reiten mit Feuer und Schwert unter die Leute. Die Fußtruppen machen den Rest nieder, bis auf zwei Männer. Diese stellen sich mit Axt und Besen bewaffnet von Sickingen entgegen und es gelingt ihnen, jenen schwer zu verwunden, bevor sie die Flucht ergreifen müssen. Der Erzbischof aber schert sich nicht um den Verwundeten, sondern befindet ihn für entbehrlich und wertlos und lässt ihn liegen, bevor er und seine Mannen nach vollendeter Tat abrücken.
„Ehrlos und gleichgültig überließ der Erzbischof Franz von Sickingen seinem Schicksal. Und so wie hier, geschah es auch an anderen Orten und der Bischof kam wie ein Feuersturm über das Land und das Land brannte.
Franz von Sickingen war schwach, ein gebrochener Mann. Er vermochte sich kaum noch zu erheben, seinem Schicksal überlassen von jenen, denen er treu ergeben war. Doch sah er auch das Volk und das Dorf und seine Gedanken waren voller Buße und Reue über die begangenen Taten.
Und so erwächst aus dem Schatten seiner Seele ein Licht und entfachte einen uralten Zauber. Den Zauber des Rotenfels. Und das Wasser der Nahe würde sich zurückziehen, damit der Geist des Berges seinen machtvollen Zauber entfachen kann.“
Und in der Tat wallt das Wasser der Nahe auf und der Berggeist (Lisa Papke) reitet daraus hervor und umkreist wieder und wieder in einem Heilritual Franz von Sickingen, der wie tot rücklings auf dem Feld liegt. Irgendwann scheint der Zauber dann endlich seine Wirkung zu entfalten und von Sickingen erhebt sich strauchelnd. Auf die Frage von Sickingens, wer sie sei, erklärt sie, sie sei der Berggeist, dass schon zu viele gestorben seien und es ein Ende haben müsse. Konkretisierend fügt sie hinzu, dass von Sickingen daher noch nicht in das Reich der Schatten eingehen würde und zu Höherem bestimmt sei, er sich jedoch zuvor einigen Prüfungen würde stellen müssen. Damit er sich jenen aber stellen kann, will sie ihm ihr Pferd überlassen. Dieses ließe sich aber nur von jemandem reiten, der guter Absicht und reinen Herzens sei. Dann nimmt sie ihn mit in ihr Reich, auf dass er wieder zu Kräften komme.
„Und so machte sich Franz von Sickingen auf den Weg, um sich seinem Schicksal zu stellen. So musste er die drei Prüfungen der Ritter absolvieren, um den Ritterschlag zu empfangen und den Erzbischof von Trier herausfordern zu können.“
Der Herold des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches (Alexander Schmidt) begrüßt das Volk zu Ebernburg. Er kündigt an, dass sich vier junge Recken den drei (Meister-)Prüfungen der Ritterlichkeit stellen werden und sie, so sie diese bestehen, zum Ritter geschlagen werden.
Zuerst aber bittet er das Volk, die Hofdame Hedwig von Flersheim (Nina Wolter) mit Jubel zu empfangen.
Die Reiter sind Phillip von Leiningen (Simon Leroy), Jerome de Lannoy (Valentin Zeude), Konrad von Braunschweig (Michal Vrba) und Franz von Sickingen. Sie sollen bei dem Ritt auf die Kränze, dem Becher des Zimmermanns und bei der Voltige ihr reiterliches Können beweisen.
Der Ritt auf die Kränze geht wie folgt: Der Reiter nimmt im Aufritt mit dem Speer einen Kranz auf und wirft den Speer dann mitsamt Kranz auf eine Zielscheibe. Das zweite Exerzitium, genannt der Becher des Zimmermanns, erfordert, dass die Reiter freihändig zwei Becher ergreifen, die auf der Schranke stehen. Das letzte Exerzitium ist die Voltige, also akrobatische Übungen auf bzw. am Pferd.
Vor der Voltige allerdings lässt es sich von Sickingen nicht nehmen, Hedwig von Flersheim ein kleines gelbes Blümchen zu verehren, woraufhin der Herold dies als Geste eines wahren Ritters lobt.
Nachdem die Reiter in der Voltige ihr Können gezeigt haben, durchschreiten sie das Spalier der Herzen, also ein Spalier aus Bannern, und knien sich im Kreis um den Herold, der sie zum Ritter schlägt, derweil Hedwig von Flersheim „mit reinen Worten“ verkündet, was sie denn als Ritter zu ehren und zu achten hätten: „Seid treu und beständig. Seid mutig und voller Güte. Seid mächtig zu den Herren und seid wohlwollend zu den Armen. Umgebet euch mit Weisen, liebet Gott und richtet weise in seinem Namen.“
Dann entlässt der Herold die neuen Ritter, sich zum Turney zu gürten.
So endet der erste Teil.
Der zweite Teil beginnt damit, dass der Berggeist des Rotenfelses Franz von Sickingen letzte Ratschläge erteilt und auch das Pferd, was sie ihm zuvor anvertraut hat, wieder an sich nimmt, denn er bedürfe ihrer Hilfe nun nicht mehr. Sie rät ihm dazu sein Schwert weise zu führen – „im Frieden, wenn ihr es könnt, im Kriege, wenn ihr es müsst.“ Dann entlässt sie ihn, seine Geschichte nun selbst fortzuschreiben.
Als nächstes verkündet der Herold, dass Turney gehalten werden solle, zu welchem die tapfersten und edelsten Ritter Europas erschienen seien. Selbige waren:
- Alessandro di Verona in Gold und Schwarz, der ein Jahr auf einem Berg lauschte um zu erfahren, wie laut die Stille sei
- Jerome de Lannoy in Weiß und Grün, die Speerspitze der Burgundischen Herzöge
- Phillip von Leiningen in Blau und Weiß, der an der Seite des englischen Königs bei der Schlacht von Azincourt kämpfte
- Konrad von Braunschweig in Schwarz und Weiß, der sein Schwert gewissenhaft führt aber auch ein wahrer Meister der Minne sei
- Franz von Sickingen in Rot und Schwarz, der gleißende Stern am Firmament, unter dem Rotenfels geboren und von der Nahe gespeist, der Ritter der Waisen und Armen
und schließlich
- Richard von Greiffenklau, Erzbischof von Trier in Weiß und Rot, gesandt vom Kaiser und vom Papst gar selbst, genährt von nichts als dem Glauben an Gott, seine Untertanen mit eiserner Hand regierend, der Sieger der Turniere von Rom, Paris und Mailand
Diese Herren jedenfalls sollen laut Herold die Exerzitien der Feuertaufe reiten, was nichts anderes bedeutet, als dass alle folgenden Exerzitien ein Feuer-Element enthalten. An dieser Stelle lässt der Herold außerdem durch das Volk auch einmal seine Persevanten grüßen, die da wären Peter von Bilk und Wolfram von Eschenbach.
Die Exerzitien, die nun absolviert werden, sind der Hauch des Drachen und das Tor zur Hölle.
Beim Hauch des Drachen müssen mit dem brennenden Speer zwei Ballons getroffen werden, die brennbar gefüllt sind. Dies gewinnen mit Gleichstand di Verona, von Braunschweig und der Erzbischof. Beim Tor zur Hölle, das, je nachdem auf welcher politischen Seite man steht, auch Tor des Phönix heißt, muss eine Flammenwand in einer Art Staffellauf durchritten werden. Hier gewinnt von Sickingen, der damit laut Herold auch das gesamte Turnier für sich entscheidet.
Das will der Erzbischof allerdings nicht auf sich beruhen lassen und fordert die Unterwerfung der Sieger. Dagegen verwehrt sich aber zuerst einmal Hedwig von Flersheim, die von ihm verlangt in das Loch zurückzukriechen, aus dem er gekrochen sei und auf dem Weg dorthin an jeder Tür und an jedem Tor zu halten und sich für all seine Missetaten zu entschuldigen. Nachdem der Erzbischof ihr das Wort verbietet, erhebt von Sickingen seine Stimme und fordert den Erzbischof zum Tjost, bis eine Entscheidung gefallen sei. Doch bevor sie dazu übergehen können, besticht der Erzbischof Jerome de Lannoy, auf dass der sich auf dessen Seite schlage. Dann aber fordert er direkt den Massentjost, drei gegen drei, was von Sickingen annimmt. Während sich die Ritter bereit machen, erklärt der Herold, „dass, so schwarz die Nacht auch sei, darauf doch ein Morgen und noch ein Morgen folgen würde. Und so wolle man seine Banner auf die Ebernburg stecken, denn man fürchte den Tod nicht.“ Dann fragt er das Volk, ob die Ritter den Kampf annehmen, ob sie kämpfen sollen.
Beim Massentjost fällt allerdings kein Ritter und damit auch keine Entscheidung. Somit gehen die Ritter in die Einzelduelle. De Lannoy und von Braunschweig verlieren gegen von Sickingen bzw. Erzbischof und scheiden direkt aus. Von Leiningen stellt sich dem Erzbischof nach verlorenem Tjost noch im Kampf am Boden, ebenso wie di Verona von Sickingen, allerdings verlieren von Leiningen und di Verona jeweils. Somit stehen sich im entscheidenden Duell Franz von Sickingen und der Erzbischof von Trier gegenüber. Doch bevor die beiden zur Tat schreiten können, hält der Herold die Zeit an und die beiden Kämpfer frieren in der Bewegung ein. Er sagt, dass „gleich, ob der Sand der Zeit auch noch so langsam verrönne, am heutigen Tage auf diesem Feld eine Entscheidung getroffen würde. Dass dort zwei Männer mit dem Schwerte stünden, beide in dem Gedanken, das Richtige zu tun.“ Danach lässt er die Zeit wieder weiterrinnen. Nachdem sich die Spannung bis ins Unermessliche gesteigert hat, greift der Erzbischof von Sickingen an. Dieses letzte und entscheidende Duell kann schließlich Franz von Sickingen für sich gewinnen.
Da der Erzbischof nun geschlagen darniederliegt, schließt Franz von Sickingen Hedwig von Flersheim in die Arme. Sie erklärt ihm daraufhin, dass „sie seine Blume immer bei sich getragen habe, dass sie sie beschützt habe und nun ihm Kraft und Schutz gewähren solle.“ Dann erklärt der Herold die beiden als Franz und Hedwig von Sickingen endgültig zu Siegern. Während die beiden vom Plan schreiten, wendet sich der Herold dem recht ungehaltenen Erzbischof zu, der sich langsam wieder hochrappelt und die Anwesenden wieder einmal bedroht. Doch da greifen schon die beiden Persevanten ein und schleppen den zeternden Erzbischof vom Plan, um ihn der zuständigen Obrigkeit zu überstellen.
Der Kommentar
Aller Anfang ist schwer, ganz besonders bei dieser Kombination aus inhaltlichen und umsetzungstechnischen Problemen, mit denen diese beiden Shows aufgewartet haben. Aber ich beginne wohl am besten jeweils mit dem Plot, so man sich denn dazu versteigen wollte, diese Aneinanderreihung von unzureichend zusammengestrickten Szenen als solchen bezeichnen zu wollen. Ich möchte allerdings nach wie vor behaupten, dass das, was da in den Shows passierte, die Bezeichnung schlechterdings nicht verdiente. Ein guter Plot verzeiht mitunter schwache Charaktere, so wie im Gegenzug starke Charaktere einen schwachen Plot verzeihlich machen. Leider konnten diese Shows weder mit einem guten Plot noch mit starken Charakteren so richtig aufwarten. Im Grunde kann man diesen ganzen Passus unter zwei Fragen problemlos zusammenfassen, nämlich „Wer?“ und „Warum?“.
Nachdem ich in jedem Abschnitt zuerst die Rahmenhandlung besprechen werde, kommt im zweiten Schritt dann die Umsetzung. Wer hofft, dass diese dafür der Knaller war, wird schnell feststellen, dass sie besagter Rahmenhandlung nicht besonders nachstand. Es ist prinzipiell nichts dagegen einzuwenden, wenn man gute Elemente aus vorangegangenen Shows weiterverwertet, wofür ich selbst durchaus schon plädiert habe. Das kann man machen und ist sogar an sich durchaus sinnvoll. Aber: Hier wirkte es so, als hätte man die besagten Elemente aus früheren Shows in einen Hut geworfen, blind eine Anzahl derselben gezogen, und dann versucht, aus diesen und um diese eine logische und in sich schlüssige Rahmenhandlung zu entwerfen. Das hat hier aber leider überhaupt nicht funktioniert. Daher waren in dem Logik-Strick dieser Shows so viele Löcher, dass dazwischen der gesamte hundertjährige Krieg und die Reformation hätten stattfinden können, ohne dass auch nur ein Faden desselben je davon berührt worden wäre. Einfach nur Elemente, ganz gleich wie gut sie in ihrem jeweiligen Kontext auch gewesen sein mögen, notdürftig aneinanderzukleben und zu glauben, solches ergäbe eine gute Show, weil ja die einzelnen Elemente doch gut waren, funktioniert eben nicht. Ein Element, das sinnvoll und logisch in den Kontext seiner Rahmenhandlung eingebettet ist, kann den Zuschauenden den Atem verschlagen, wird sie aber eben ohne diesen Kontext nicht oder nur sehr gering berühren. Und für genau dieses Prinzip waren diese beiden Shows ein Paradebeispiel. Mir ist natürlich bewusst, dass ich die meisten Shows der Gruppe über das Jahr hinweg gesehen habe und darum genau sagen kann, welche Szenen oder Elemente andernorts schon einmal in Erscheinung traten. Dieser Umstand gilt selbstredend für die meisten Zuschauer nicht. Gerade deshalb aber kann ich bei unterschiedlichen, erneut auftretenden Elementen sehen, ob etwas funktioniert hat, oder eben nicht. Auch wenn ich zwangsläufig einen anderen Blick darauf habe, helfen mir aber natürlich trotzdem sowohl meine Reaktionen als auch die meines Mitpublikums bei dieser Einschätzung, und dann ist es meine Aufgabe, herauszufinden, warum Elemente funktionieren oder nicht. Das wird im Folgenden geschehen.
Zunächst aber ein paar allgemeine Präliminarien, die eher im Hintergrund eine Rolle spielen, aber deutlich auf den Effekt der Shows Auswirkungen hatten.
Man erwartet von einer Rittershow weiß Gott keine historische Korrektheit und auch ich halte das nicht an sich für notwendig. Wenn man aber auf historische Ereignisse, Daten oder Personen Bezug nimmt, ganz besonders auch, wenn sie einen Bezug zu dem Spielort haben, dann sollten sie schon zum einen halbwegs zusammenpassen und zum anderen halbwegs korrekt sein. Das war hier aber nur in den wenigsten Punkten der Fall und es hätten fünf Minuten Lektüre auf Wikipedia gereicht, um es zumindest halbwegs schlüssig zu gestalten. Ich bin selbst sagenhaft schlecht darin, mir Jahreszahlen zu merken, aber dass 1498 die Reformation noch nicht einmal angefangen hatte und dass der Hundertjährige Krieg, und spezifisch eine dessen berühmterer Schlachten in Azincourt, deutlich früher stattfand, das hätte auch ich spontan zu bestimmen gewusst. Nur um kurz die Zahlen zu nennen: die Show spielte 1498, die Schlacht von Azincourt fand 1415 statt und der Beginn der Reformation wird traditionell mit Luthers Thesen 1517 angesetzt. Warum also 1498 Rom seine Legionen über das Land verteilen und der garstige Erzbischof reformatorische Aufstände niederschlagen muss, wenn die Reformation erst knapp 20 Jahre später überhaupt ihren Anfang nimmt, wirft doch die ein oder andere Frage auf. Unter anderem jene, warum man offensichtlich halb, oder eher nur zu einem Bruchteil, recherchiert hat, und ob der Verfasser der Show mittendrin eingeschlafen und dann ohne zu Ende zu lesen fortgefahren ist. Genauso stellt sich im Übrigen die Frage, warum man einen der Ritter dadurch hervorhebt, dass er an der Seite des englischen Königs in eben besagter Schlacht von Azincourt gekämpft haben soll. Selbst wenn er zu der Zeit gerade erst ganz frisch zum Ritter geschlagen worden wäre, wäre er 1415 ungefähr 21 Jahre alt gewesen und damit 1498 also über hundert. Respekt, dass er dann noch zu Pferde sitzen und Turniere bestreiten kann. Wäre er in Azincourt nur Knappe gewesen, wäre er dann 83 Jahre später erst zum Ritter geschlagen worden, was genauso wenig Sinn ergäbe. Was hat er dann als Symbol auf dem Wappen? Einen Rollator? Gleichermaßen gilt eine ähnliche Diskrepanz der Lebensdaten, nebenbei bemerkt, auch für die anderen verwendeten Namen der Ritter, soweit nicht direkt fiktiv, mit Ausnahme des Erzbischofs und von Sickingens. Konrad von Braunschweig mag fiktiv gewesen sein, es gab aber einen Bischof dieses Namens, der 1300 das zeitliche gesegnet hat, und wo es wenig wahrscheinlich ist, dass er Ritter oder ein Meister der Minne war. Das wäre dann eher von Leiningen gewesen, sofern man bei dessen eigentlichen Namen Friedrich geblieben wäre, denn der zweite Träger dieses Namens ist immerhin mit der Manessischen Liederhandschrift eng verknüpft, zählt er doch unter die Liste der Autoren. Jener starb 1237, wäre also 1498 auch nicht mehr verfügbar. Wo wir gerade bei Minnedichtern sind, einem Persevanten den Namen Wolfram von Eschenbach zu verleihen ist eine interessante Entscheidung, aber ich halte sie für geradezu sträflich. Oder wenn man es denn schon macht, hätte man wenigstens den anderen Persevanten Walther von der Vogelweide nennen können. Abgesehen davon, dass auch von Eschenbach zum Zeitpunkt, wo die Show angesetzt wurde, gute 270 Jahre tot gewesen sein dürfte. Dafür allerdings hat er sich ganz hervorragend gehalten. Man kann also zusammenfassen, dass von den sechs Reitern plus dem einen Persevanten schon einmal drei Personen ins Hochmittelalter und nicht ins hier dargestellte ausgehende Spätmittelalter gehören. Das ist bei den generischen Rittern eins bis x nicht zwingend relevant, aber da die meisten Shows bisher zumindest annähernd in der für sie passenden Zeit spielten, war es dort auch bisher nicht wichtig, anzumerken. Franz von Sickingen wäre 1498 siebzehn Jahre alt gewesen, das hätte also durchaus gepasst. Richard von Greiffenklau allerdings war zu der Zeit noch kein Erzbischof, das war er erst ab 1511 beziehungsweise 1512, und auch der Streit zwischen ihm und von Sickingen lag noch vierundzwanzig Jahre in der Zukunft.
Und dann eben die Geschichte mit der Reformation. Das wäre doch, gerade an einem Ort wie Ebernburg, an sich ein hervorragender Aufhänger gewesen, eine Show daraus zu gestalten, denn von Sickingen ist ja durchaus mit der aufkommenden Reformation verknüpft. Er hat doch mehrere Reformatoren auf der Ebernburg beherbergt und sogar Luther dort Zuflucht angeboten, auch wenn der dieses Angebot ausschlug. Auch sein Streit mit Richard von Greiffenklau und der Stadt Trier ist historisch. Nebenbei bemerkt, von Sickingen hat sich hier mit einem der sieben Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches angelegt, denn der Erzbischof von Trier ist in Personalunion gleichzeitig auch Kurfürst. Nur fand das alles eben nicht 1498 statt. An einem Ort wie Ebernburg kann man durchaus annehmen, dass ein, verglichen mit dem durchschnittlichen Marktbesucher anderenorts, gewisser Prozentsatz des Publikums zumindest eine rudimentäre Ahnung von der Heimatgeschichte hat, was eine so ungenaue Herangehensweise doppelt schlimm macht. Außerdem ist es gegenüber dem Publikum respektlos, gerade auch dem kleinen, die gegebenenfalls Jahreszahlen oder Fakten aus der Show mitnehmen, wenn diese dann ein so wild zusammengewürfelter und sachlich falscher Haufen sind.
Immerhin stimmten die Informationen zu Hedwig von Flersheim zumindest im Bezug auf ihre Ehe mit von Sickingen.
Ich möchte mich außerdem noch kurz einer Thematik zuwenden, die ich bisher nie wirklich behandelt habe und auch zuvor nicht behandeln musste. Hier aber war sie so auffällig, dass ich darüber leider ein Wort verlieren muss. Ich fand es sehr, sehr gut, dass mehrere Ritter Wappenröcke, und ihre Pferde die entsprechenden Kuvertüren, passend zu ihren historischen Wappen trugen. Das war wirklich sehr cool, auch wenn das wahrscheinlich sonst niemand bemerkt haben wird. Leider ist das aber auch das Ende der positiven Bemerkungen zu dem Thema. Ich stelle normalerweise keine besonderen Erwartungen an die Kostümierung, aber hier wurde mehrfach hart danebengegriffen. Sei es, dass die so offensichtlich aus Gummi oder einem ähnlichen Material gestaltete Rüstung vom Pferd des Erzbischofs so aussah, als hätte man sie beim Karnevalsausverkauf bei wish erstanden. Man erwartete natürlich keinen metallenen Rossharnisch, aber ein bisschen qualitativ hochwertiger hätte das Gebilde schon wirken dürfen. Dass sich Sancho nicht dafür geschämt und geweigert hatte, das Ding in der Öffentlichkeit zu tragen, war ein glattes Wunder. Einer der Bauern/Persevanten lief in einem goldbortengesäumten Wappenrock auf (dieser gehörte in anderen Shows zu einem König, wo er tatsächlich auch zum Charakter passte), der so wenig der Rolle entsprach, dass man sich fragen mochte, wer denn der besenbewehrte Fürst zu Fuße war. Dies war nur eines der Probleme dieser Bekleidung. Auch wies der Wappenrock sichtbar Gebrauchsspuren auf, als da wären ein deutlicher Riss an der Brust, sowie ein offensichtlich herunterhängendes Stück der Borte, was auch fragwürdig war. Prüft man die Ausrüstung vorher nicht auf Beschädigungen? Man fragte sich kurz, ob keine Person in der Gruppe mit einer Schere, respektive noch besser Nähzeug, umgehen konnte, um den Rock wenigstens notdürftig zu reparieren. Und dann der Berggeist. Diese Rolle erforderte sowohl von der Haltung als auch von der Optik her eine gewisse Grandezza, was bei den Geistern in anderen Shows, oder auch nur im Vorjahr, wunderbar funktioniert hatte. Hier aber, wiewohl ein Freundesmensch meinerseits das deutlich liebenswürdiger als „Sandstein mit Goldader“ beschrieb, wirkte für mich dieses, man mag es kaum Gewand nennen, eher, als hätte man noch schnell beim Schlussverkauf bei KiK einen beigen Body gekauft und dann je eine Handvoll goldene Pailletten, Applikationen und Goldspitze darüber verteilt. Vom Hals aufwärts, gerade was Frisur und Make-up anging, sah der Berggeist wirklich toll aus, alles Kostüm darunter war leider, wenn überhaupt, nur im negativen Sinne bemerkenswert. Vor allem, weil es einfach nicht beeindruckend wirkte, was für die Rolle des Berggeists essenziell ist. Das ist schließlich nicht die Amazone von nebenan, sondern ein überaus machtvolles, mystisches Wesen. Der Berggeist müsste qua Rolle einen deutlichen Wow-Faktor haben, hatte er aber leider nicht. Das einzige mystische hier war, warum man anstelle der wirklich schönen Kostüme, die hätten getragen werden können, diese Generalunfälle auswählte. Angemerkt sei hier zum Schluss auch noch der krasse Kampf-Besen, der allerdings in der zweiten Show schon deutlich Reisig hatte lassen müssen und daher doch eher traurig daherkam. Diesen ein wenig aufzupolstern hätte ihm auch deutlich besser zu Gesicht gestanden. Traurig daher kam auch das Blümelein, welches von Sickingen seiner Dame verehrte. Denn nicht nur, dass es mehr wie ein Unkraut aussah, das man auf dem Weg zum Plan irgendwo am Wegesrand gepflückt hatte. Es war auch so winzig, dass ich mich ernsthaft frage ob Zuschauende, die nicht nah genug saßen, überhaupt erkennen konnten, was er der Dame da genau übergibt. Wenn das ein Gedanke in letzter Sekunde war, dieses Element einzubauen, gut und schön, aber man hätte dann doch wenigstens bei der nächsten Tankstelle ein entsprechend sichtbareres florales Requisit besorgen können. Alles in allem wirkte es bisweilen etwas schludrig und man fragte sich schon, warum auf die Ausrüstung, Requisite und deren Pflege nicht mehr geachtet wurde.
Der Anfangstext mit dem kleinwüchsigen Ritter auf einem Pferd mit drei Beinen ist schon seit gefühlt Anbeginn der Zeit derselbe. Michael von Aragon hatte diesen Passus in der Regel mit einem lateinischen Text eingeleitet, was deutlich stimmungsvoller ist, als ihn wegzulassen. Hier könnte man tatsächlich einmal am Rad der Zeit drehen und der Show wieder einen entsprechenden Text voranstellen.
Wie ich bereits in den Präliminarien beleuchtet habe, war schon der Eingangstext im Grunde furchtbarer Blödsinn. Das antike Rom und das römische Legionswesen gab es sowieso lange nicht mehr. Natürlich bezog sich Rom in diesem Zusammenhang auf den Papst, aber über Legionen im Sinne eines stehenden Heeres verfügte er nicht. Und überhaupt, warum sollte Rom irgendwelche Legionen irgendwo stationieren, um etwas Einhalt zu gebieten, was noch gar nicht passiert war? Dass die einzelnen Adligen Herrscher ihrer Ländereien waren, soweit in Ordnung, aber warum waren sie Stammesfürsten? Weder waren wir bei den germanischen Stämmen noch bei indigenen Ureinwohnern. Dieser ganze Passus hatte kurz etwas von Winnetou, Häuptling der Apachen. Vielleicht waren wir aber auch einfach dort, wo die Schoschonen schön wohnen.
Warum musste der Erzbischof von Trier reformatorische Aufstände niederschlagen, 20 Jahre vor der Reformation? Dass sich die Gedanken der Reformation um die Ebernburg herum ausbreiten würden, wenn ihr Herr Reformatoren Aufnahme und Schutz bot, wäre ja durchaus logisch, aber eben nicht zu jener Zeit. Warum man hier die Show nicht einfach in das Jahr 1522 verlegt hatte, wo alles problemlos historisch gepasst und die Geschichte von sich aus alle Bestandteile einer Show schon quasi parat gehalten hätte, ist mir nach wie vor ein feierliches Rätsel.
Der erste Text wurde aus dem Off gesprochen, was an sich ein schönes Stilelement ist. Dieses litt leider aber bei der Show am Samstag, sonntags war es besser, nicht nur durch den Inhalt, sondern verfehlte auch seine Wirkung, weil es so abgelesen klang, dass es auch eine Bandansage hätte sein können. Das wäre wahrscheinlich sogar besser gewesen, denn dann hätte der Sprecher in Ruhe mit dem Text arbeiten und in beliebig vielen Versuchen das Beste herausholen können. So aber wirkte es eher wie das gezwungene Vorlesen eines Schulaufsatzes vor der versammelten Klasse.
Der Überfall auf die Bevölkerung und das erste Auftauchen des Erzbischofs war an sich gut in Szene gesetzt. Zumindest anteilig. Der Kampf der Truppen des Erzbischofs gegen die „Bauern“ funktionierte zumindest so halberlei als Einführung seines Charakters, als auch seiner Gefolgsleute di Verona und von Sickingen. Warum aber von Sickingen hier ursprünglich auf dessen Seite gegen sein eigenes Volk stand, war auch reichlich unlogisch. Wahrscheinlich sollte es der Aufhänger für dessen Wandlung zum strahlendenden Helden werden, der für seine Fehler büßt und dem Guten zum Sieg verhilft, aber so wie es hier daherkam wirkte es wenig mitreißend. Nicht zuletzt deshalb, weil er zu diesem Zeitpunkt auch nur wirkte wie ein generischer Ritter x. Zumal wenn er dann im Folgenden den Wandel zum Helden größtenteils quasi offscreen durchlief. Er hätte hier einfach direkt auf Seiten seines Volkes stehen und dafür böse auf die Nase bekommen können und wäre damit von vornherein in der Heldenrolle gewesen. Zu diesem Zeitpunkt nämlich war einem als geneigter Zuschauer das Schicksal von Sickingens reichlich gleichgültig, eher schon fragte man sich, was denn der fiese Erzbischof als nächstes plante. Als Mittel, die Herzlosigkeit des Erzbischofs darzustellen, dem sein gefallener Verbündeter in etwa genauso viel galt wie die erschlagenen Bauern (will sagen genau gar nichts), war es aber immerhin akzeptabel. Wäre von Sickingen von vornherein der Held gewesen, hätte uns das in der Umsetzung allerdings einen der schöneren Augenblicke der Show gekostet.
Nun aber nehmen wir die Szene einmal auseinander, betrachten die einzelnen Elemente und schauen, was davon funktioniert hat und was, aus welchen Gründen, nicht. Denn es zeigten sich in der Szene an beiden Tagen einige Stolperstellen. Grundsätzlich sollte sie den Überfall des Erzbischofs und seines Gefolges mit Feuer und Schwert auf die arme, geplagte Ebernburger Bevölkerung zeigen. Dass es wahrscheinlich die Ebernburger Bauern, oder zumindest einfaches Volk, sein sollten, wurde nicht direkt klar, sondern erst später, als von Sickingen halbtot über sein Schicksal sinnierte. Zu jenem Zeitpunkt war es einfach einmal irgendwelche einfache Bevölkerung. Es war nicht ersichtlich, ob es Bauern, einfache Dorfbevölkerung, Dienstboten der Ebernburg oder sonst etwas sein sollte, weil weder die Darstellung der Staffage noch die Ausstattung der Szene das in irgendeiner Form illustrierte. Auch die späteren Persevanten in die Szene einzubinden, natürlich auch noch in Bauernrolle, ergab an sich Sinn, zumal diese beiden spezielle Aufgaben zu erfüllen hatten. Aber dass sie hier schon in der Persevantenkluft aufliefen, die bei beiden nicht wirklich zu armen Bauern passte, war unglücklich, was natürlich wieder einmal zu der Kombination der Fragen „Wer?“ und „Warum?“ führte. Wenn der „Bauer“ fürstlicher gekleidet ist als der Fürst verwirrt das doch sehr. Zumal man dadurch gedanklich keine Verbindung zwischen den Persevantenbauern und dem restlichen Volk auf dem Plan herstellte. Es wäre doch hier ein leichtes gewesen, sie zu dem Zeitpunkt noch einfache Hemden und Hosen tragen und während der nächsten Szene, wo sie nicht beteiligt waren, dann eben den Wappenrock überwerfen zu lassen.
Dann standen dort mehrere überdimensionierte Chimären aus Rankengitter und Verkehrshütchen herum, also Metallpyramiden, die am Samstag mit Lappen umwickelt, am Sonntag mit Stroh ausgestopft waren und die brennen sollten. Das funktionierte zumindest am Sonntag, aber es war einfach nicht erkennbar, was diese darstellen sollten. Sollte es irgendwelche Hütten symbolisieren? Waren es die Leuchtfeuer von Gondor? Waren sie einfach nur dazu da, noch mehr Feuerelemente in der Szene unterzubringen? Handelte es sich dabei um die Garben auf den Feldern der Bauern? Sollte das Element symbolisieren, dass der Erzbischof die Felder abbrennt? Falls die Antwort auf die letzten beiden Fragen „ja“ lautet, ist das eindeutig nicht deutlich genug sichtbar geworden. Apropos Sichtbarwerden: Dadurch, dass die Bauern und das Gefolge an diversen Ecken des Planes miteinander kämpften und der Erzbischof und di Verona auf ihren Pferden über den Plan sprengten, war dort so viel Gewusel und andere Fokuspunkte, dass man diese verkappten Räucherkegel einfach nicht mehr wahrnahm. Ich bemühe mich üblicherweise um einen detaillierten Blick, aber selbst ich könnte nicht sagen, was mit diesen Gebilden am Samstag passiert ist, ob sie brannten oder nicht, usw. Der Umstand allerdings, dass es überall etwas zu sehen gab, war durchaus positiv. Wenn man eine Hütte, wie im letzten Jahr, hingestellt und diese abgebrannt hätte, wäre sehr deutlich gewesen, was die Aussage hätte sein sollen. Hier allerdings versammelte sich unweigerlich ein Rudel Fragezeichen und zuckte erklärungssuchend mit den Schultern. Wobei zugegebener Weise die Hütte mit dem sagenhaft feuerfesten Sackleinen sich letztes Jahr auch vehement weigerte, brennen zu wollen. Nichtsdestotrotz wäre das besser gewesen, wenn man ersatzweise einfach die Hütte wiederverwendet und zum Brennen gebracht hätte. Andernorts hatte man eine Art Baum, eine Hütte mit Strohdach und darum verteilte sich dann das Volk. Das war klar erkennbar als Dorf und man konnte es auch abbrennen. So aber ergab die Requisite keinen Sinn, hatte keinen Zusammenhang mit dem Geschehen und ergab somit kein stimmiges Bild. Wo wir gerade beim Brennenwollen sind – das war in diesem Jahr Aufgabe der sehr schlecht als Bauern getarnten Persevanten, die je einen Sack mit brennbaren Ballons über der Schulter hatten, und von den fackelbewehrten Reitern niedergeritten und in Brand gesteckt werden sollten. Soweit die Theorie. An sich macht das Element wirklich etwas her, so es denn funktioniert. Tat es zumindest samstags aber überhaupt nicht. Die beiden warfen sich bei jeder halbwegs trefferähnlichen Begegnung zwar zutiefst theatralisch zu Boden, blöd allerdings, dass sie erst nach dem gefühlt hundertsten Versuch dann auch endlich einmal Feuer fingen. Die beiden hatten eher etwas von Stehaufmännchen als von überfallenen Bauern. Hinter mir hat das eine Person sehr schön zusammengefasst, als er zutiefst sarkastisch kommentierte: „Guck mal – jetzt zum zehnten Mal“. Ich glaube diese Bemerkung macht sehr kurz und knackig deutlich, wie weit das Element sein Ziel verfehlte. Am Sonntag haben sie es allerdings deutlich besser gemacht, vielleicht war es da auch einfacher, denn am Samstag war es ausnehmend windig. Auch wenn diesmal die Fackeln wenigstens an blieben, wenn so ein Element bei entsprechender Witterung nicht sauber funktioniert, sollte man es vielleicht einfach weglassen.
Schließlich aber griffen sich die persevantigen Bauern ihre Waffen, um sich (ihrem Herren?) Franz von Sickingen, entgegenzustellen. Der ganze Kampf war richtig schön gespielt. Auch, dass einer der beiden mit einem Besen anstelle einer „richtigen“ Waffe kämpfte, hatte durchaus seinen Charme. Angemerkt sei hier noch, dass man dem Besenträger einigen Respekt für seine Reaktionsschnelligkeit zollen musste, hatte doch in der Show am Sonntag sein axtbewehrter Kollege so energisch ausgeholt, dass er fast jenen anstelle des Herrn von Sickingen niedermähte und nur ein beherzter Satz den Besenträger vor einem wahrscheinlich recht unsanften Treffer bewahren konnte. Generell wirkte dieser Kampf wirklich richtig gut.
Danach ließ der Erzbischof den verwundeten/sterbenden von Sickingen liegen mit den Worten: „Wir lassen ihn einfach zurück, und irgendwann wird die Nahe über die Ufer treten und der Sand der Zeit wird seine Geschichte löschen.“ Da es sich dabei um den Protagonisten der Geschichte handelte, war das zwar eher unwahrscheinlich, als Text an sich war er in einer sonst textlich mitunter eher fragwürdigen Show aber einer der besseren. Dass der Erzbischof am Ende allerdings sagte „Lasst uns gehen“ ergibt auch eher wenig Sinn, wenn man sichtbar zu Pferde sitzt.
Hier gab es dann wieder ein Stück mittelmäßigen Erzähltext, der anfing mit: „Und so wie hier geschah es auch an anderen Orten...“ Man mag sich schon fragen, an wie vielen Orten der Erzbischof den armen von Sickingen denn hatte liegen lassen. Oder ließ er jedes Mal einen anderen Gefolgsmann wie tot zurück? Das wäre dann allerdings ein heftiger Verschleiß, ganz ähnlich dem Verschleiß an Geisteskraft, den Texten einen Sinn abringen zu wollen.
Der Erzähltext leitet weiterhin die nächste Szene dann wie folgt ein: „und seine Gedanken waren voller Buße und Reue über die begangenen Taten. Und so erwächst aus dem Schatten seiner Seele ein Licht und entfachte einen uralten Zauber. Den Zauber des Rotenfels. Und das Wasser der Nahe würde sich zurückziehen, damit der Geist des Berges seinen machtvollen Zauber entfachen kann.“
Also zuerst einmal folgt logisch üblicherweise die Buße auf die Reue und nicht umgekehrt. Man büßt ja nicht schon einmal prophylaktisch, bevor man ein Unrecht einsieht und darüber Reue empfindet, aber das nur nebenbei. Außerdem fragte man sich, woher diese Reue so plötzlich kam. Ärger auf den Erzbischof, der ihn im Stich gelassen hatte (ein Herr hatte ja schließlich auch eine Fürsorgepflicht seinem Gefolge gegenüber) wäre verständlich, aber man hatte zuvor nicht den Eindruck, als würde er sich groß um das Volk scheren.
Nun ja und dann lag von Sickingen dort eben auf dem Feld herum und blickte in den Himmel. Warum er dabei sein Volk und sein Dorf sehen konnte, ist mir völlig schleierhaft. Jedenfalls hatte er offensichtlich eine Erscheinung, oder eine Fata Morgana oder was auch immer, denn er sah wie uns der Erzähltext lehrte, „das Volk und das Dorf“. Am Himmel? Gut, er und sein erzbischöflicher Kumpan hatten die Bauern kurz zuvor erschlagen, aber ob sie so schnell in den Himmel gekommen waren? Hier wäre es sinnvoll gewesen, wenn sich der Herr von Sickingen, der sich „kaum noch erheben konnte“, wenigstens einmal zwischendurch hochgestemmt hätte, um in die Runde zu blicken, damit Erzähltext und visuelle Umsetzung wenigstens irgendetwas miteinander zu tun gehabt hätten. Auf jeden Fall aber beschwor er mit seiner Reue über seine Taten, wie auch immer das funktionieren soll, den Berggeist des Rotenfelses. Warum eben der Rotenfels magisch-mystische, geisterhafte Bewohnende hatte, wurde auch nicht erklärt, aber das kann man notfalls so hinnehmen. Mythen kann und muss man an sich nicht erklären, wenn sie denn allen Zuschauenden geläufig sind. Es wäre aber nett und hilfreich gewesen, wenn das irgendwo einmal erwähnt worden wäre. Man hätte z.B. ganz am Anfang vom Rotenfels berichten können, an dessen Fuß ein Dorf liege und in dem angeblich ein hilfreicher Berggeist wohne, den aber seit Menschengedenken niemand mehr gesehen habe. Damit wäre auch gleich klar geworden, wozu die Leute da herumrannten und was die Strohkegel sein sollten. So man die Shows des Vorjahres gesehen hatte, war einem jedoch dieser Umstand immerhin geläufig. Warum der „Berg“geist magische Rösser zu verleihen hat, wusste man auch nicht so genau, konnte man aber ebenfalls hinnehmen. Offensichtlich scheint das eine örtliche Eigenheit von Elementargeistern zu sein, magische Geschenke zu machen.
Als nächstes hatte dann der Berggeist seinen großen Auftritt, gerufen von der Reue und Buße in den Gedanken von Sickingens.
Gemeinsam mit dem Text trat das vielerorts bereits in unterschiedlichen Shows und Varianten eingesetzte Element mit dem blauen Tuch, was hier natürlich die Nahe symbolisieren sollte, in Erscheinung. Im Falle dieser Shows ritt die Reiterin unter dem Tuch hervor, doch wäre es am Samstag aufgrund der Witterung vielleicht besser gewesen, man wäre über das Tuch geritten. Wie bereits erwähnt war es sehr windig und dieses Tuch ist wirklich groß. Man kann sich also in etwa vorstellen, wie gut diese Kombination zusammenpasste, nämlich gar nicht. Das führte dazu, dass die Berggeist sich erst einmal in der Nahe verirrte, beziehungsweise diese sie gefühlt halb ertränkte, bis die Helfer das Tuch so weit gebändigt hatten, dass sie darunter hervorreiten konnte. Mein größter Respekt geht an dieser Stelle an Zeus, der entspannt darunter stehen blieb und darauf wartete, dass es weiterging, als wäre nichts Ungewöhnliches passiert und er stünde gemütlich in seinem Stall. Dieses Pferd scheint ein unendliches Vertrauen zu seiner Reiterin zu haben. Nachdem sich die Berggeist von ihrem nassen Gefängnis befreit hatte, ritt sie dann, samstags wie sonntags, einige Dressurlektionen (Passage, Piaffe, Traversale, Spanischer Schritt und eine mittelerfolgreiche Levade, wenn ich das richtig gesehen habe), was wahrscheinlich den Heilzauber darstellen sollte, mit dem sie von Sickingen neues Leben einhauchen wollte. Ich bin ein großer Fan davon, dass besonders in den Shows in Ebernburg verschiedene Varianten der Arbeit am und mit dem Pferd gezeigt werden. Aber hier wies vornehmlich am Sonntag das Element seine Tücken auf. Denn zwischen Auftritt des Berggeists und dem Augenblick, wo sich von Sickingen regte, verging schon gefühlt endlos viel Zeit, in der Realität nur etwa drei Minuten, die sich aber innerhalb der Show viel länger anfühlten. Das bemerkte auch das Publikum und ich konnte in meiner Umgebung den Kommentar hören: “Das scheint aber ein schwieriger Zauber zu sein.”. Glücklicherweise regte sich von Sickingen dann aber irgendwann einmal und taumelte auf höchst theatralische Weise über den Plan. Unglücklicherweise schien die Berggeist damit noch nicht recht zufrieden zu sein, denn sie legte noch weitere 2 Minuten Dressur hin, was dann endgültig als zu lang empfunden wurde, wie folgendes Publikumszitat „Jetzt könnten sie aber mal langsam weitermachen.” hinreichend erläutert. Mir ist, ohne reiterlichen Fachverstand zu haben, durchaus klar, dass Dressurlektionen nicht einfach zu lernen sind, weder für die Reitenden noch für die Pferde, aber wenn man sie denn schon so episch auswalzt, müssen sie auch episch Eindruck machen. Hier aber war es einfach nicht spektakulär genug für die Zeit. Da hätte es schon mehr Showlektionen gebraucht, sitzen, legen, steigen, von Sickingen mit den Nüstern anstupsen, etc. Mal abgesehen davon, dass man diese Form der Reitkunst zumindest rudimentär verstehen und wertschätzen können muss, um dem Element als solches etwas abgewinnen zu können. Ich finde es schwierig, das bei einem Publikum vorauszusetzen, gerade auch beim kleinen Publikum, die in der Szene deutlich nicht abgeholt waren. Die Szene mit dem Zauber war am Samstag richtig gut, nicht nur weil sie von der Zeit her besser getaktet war, sondern auch weil der Wind hier zu einer Ergänzung geführt hatte, die die Szene in meinen Augen sogar deutlich verbesserte. Denn der sehr leichte, durchscheinende Glitzerumhang des Berggeistes litt ebenfalls unter den Wetterbedingungen und war ständig auf der Flucht, weshalb die Trägerin ihn abnahm und über von Sickingen breitete. Das machte das Zauber-Element deutlich greifbarer, zumal man von Sickingen mit diesem Umhang, gleich einem schützenden Mantel, bedecken konnte. Der Mantel als Schutzsymbol hat durchaus in Kunst und Literatur mannigfaltige Anwendungsmöglichkeiten und hätte hier, wenn man es beabsichtigt eingesetzt hätte, die Szene deutlich verbessert.
In jedem Falle versprach sie ihm Unterstützung durch ihr magisches Ross. Das Pferd kann aber nur von Personen geritten werden, die reinen Herzens sind und gute Absichten haben. Daher war es sehr schön in dieser Szene, dass von Sickingen, nachdem er noch kurz zuvor seine eigene Bevölkerung niedergemetzelt hatte, nicht aufsteigen durfte, sondern nebenher trotten musste, egal ob noch verwundet oder nicht. Schließlich war er noch nicht so weit, sich für das Ross qualifiziert zu haben. Reue alleine tut es wohl hier nicht, auch wenn sie augenscheinlich einen direkten Draht zum Berggeist verschafft. Offensichtlich ist das Pferd wählerischer. Leider habe ich aber auch hier das Gefühl, dass das nicht eine durchdachte Symbolik war, sondern eher dem Umstand geschuldet, dass der Berggeist nicht mit von Sickingen den Platz im Sattel tauschen sollte. Wäre es beabsichtigt gewesen, wäre es allerdings sehr schön.
Ganz schlimm war allerdings auch schon der Anfang des Gesprächs in dieser Szene. Von Sickingen fragte die Berggeist, wer sie sei und sie antwortet mit: „Ihr fragt, wer ich bin?“ – hatte er gerade vor nur Sekunden, also ja, es schien schon so, als wolle er das wissen. Der Rest des Textes war allerdings durchaus gut, zumindest inhaltlich. Allerdings sprach sie diesen Text gerade am Samstag, sonntags war es minimal besser, so langweilig und monoton, so ohne jede Betonung oder Stimmmodulation, dass man beim Zuhören geradezu einschlief. Es war einem eigentlich egal, was sie alles sagte, alleine aufgrund der Tatsache, dass Zuhören an sich schon wirklich anstrengend wurde. Folgerichtig hat einen als Zuschauender dieser ganze Passus auch nicht wirklich mitgenommen.
Mitgenommen wurde jedoch wenigstens von Sickingen, damit er wieder zu Kräften kommen und sich seinem Schicksal aka dem Erzbischof stellen könne und auch den Prüfungen, die in der Zukunft auf ihn warten würden. Warum er sich dem Erzbischof würde stellen müssen, warum das das Ziel war, wurde auch nicht klar. Warum musste ausgerechnet von Sickingen eingreifen? Warum verordnete ihm der Berggeist das Schicksal? Hatte sie keine Lust mehr dazu, zurückgelassene junge Männer von Feldern zu klauben? Aber da man als Zuschauer ja mittlerweile weiß, wie so eine Rittershow verläuft, konnte man das zumindest erahnen.
Bis dahin, mit Ausnahme der Einleitung, war die Show halbwegs stimmig und die Geschichte zumindest ansatzweise schlüssig, obwohl sich schon hier die ein oder andere Frage auftat, wenn auch nicht übertrieben mitreißend. Allerdings, da schon die Einleitungstexte, wenn man sich Schulnoten bedienen wollte, nur knapp an einer fünf vorbeigeschlittert waren, standen die Shows bereits von Anfang an unter keinem guten Stern. Wenn es direkt am Anfang sehr hakt, und das hat es leider nicht nur inhaltlich, sondern auch bei der Umsetzung, dann muss der Rest schon herausragend sein, um das wieder wettzumachen. War er aber leider nicht.
Der nächste Teil begann damit, dass der Herold auf den Plan marschierte und sich vorstellte. Man mag sich allerdings fragen, warum hier der Herold des Kaisers selbst bei einer Angelegenheit in Ebernburg amtieren sollte. Hatte er sich verlaufen? Machte er da gerade Urlaub? Hatte er nichts Wichtigeres zu tun? Man weiß es nicht, und natürlich, je mehr wichtige Personen versammelt sind, desto wichtiger ist im Zweifelsfall die Angelegenheit als solche, aber man fragte sich schon, ob eine Persönlichkeit wie ein Herold des Kaisers nicht Besseres zu tun hat. Selbst wenn Ebernburg zu dieser Zeit zumindest regional wichtig war, halte ich es für fragwürdig, dass ein Herold des Kaisers dort über ein Turnier amtiert. Möglicherweise hat ihn sich der Kurfürst-Erzbischof ausgeliehen. Da der Herold allerdings sehr offen Parteigänger von Sickingens war, glaube ich das eher nicht. Und sollte ein Herold nicht qua Rolle unparteiisch und neutral sein?
Dieser stellte dann zunächst einmal die „Hofdame“ Hedwig von Flersheim vor. Und spätestens jetzt sind wir mitten in der Fragestellung vom Anfang nämlich „Wer?“ und „Warum?“
Wer ist diese Hedwig von Flersheim? Sehr geschichtsinteressierte oder heimatkundige Personen könnten gewusst haben, dass es sich dabei um die Gemahlin Franz von Sickingens handelte. Ob die Mehrzahl des Publikums das aber gewusst hat, ist bei weitem nicht sicher. Ein wenig mehr Erklärung hätte hier leicht Abhilfe schaffen können, genauso im Übrigen wie bei den Folgefragen, die da wären: Wessen Hofes Dame ist sie? Warum, wenn das relevant ist, wird es nicht näher ausgeführt? Es kann durchaus wichtig sein, zum einen, dass sie Hofdame ist und zum anderen zu welchem Hof sie gehört, weil damit ja durchaus politische Bündnisse oder eine Schirmherrschaft einhergehen könnten. Da das aber eben nicht weiter ausgeführt wurde, wissen wir es nicht und die Bezeichnung war daher genauso sinnentleert wie im Übrigen die ganze Anwesenheit der Figur als solche. Hier schon einmal vorweggenommen hatte diese Rolle in der ganzen Show keine sichtbar sinnvolle Funktion, außer dass sie am Ende irgendwie als Herzensdame und Gemahlin von Sickingens geendet ist. Warum weiß keiner, denn in der Geschichte der Show ist das nicht wirklich motiviert oder auch nur sonderlich Thema gewesen. Sie war einfach irgendwie da und er hat sie, aus welchen Gründen auch immer, hinterher geheiratet. Das war bisher, soweit ich mich erinnere, die unmotivierteste Liebesgeschichte aller Zeiten. Wobei es eben nicht einmal wirklich eine Liebesgeschichte war, sondern bestenfalls eine Randnotiz. Somit stellt sich auch die letzte Frage zu dieser Figur, nämlich warum war sie überhaupt da? Also zum einen warum gerade zu dem Zeitpunkt und warum gab es die Rolle überhaupt? Welcher Eingebung folgte sie, um zum Zeitpunkt des Geschehens auf dem Plan zu erscheinen? Ihre Bedeutungslosigkeit für die Show hätte schließlich größer kaum sein können. Wenn eine Figur nichts Relevantes zu einer Geschichte beitragen kann, dann sollte man sie weglassen und diese Show hätte ohne diesen Charakter genauso funktioniert. Damit war sie schlicht überflüssig.
Als Nächstes rief der Herold dann den eigentlichen Tagesordnungspunkt auf, nämlich die Abschlussprüfung von vier Knappen, die nach deren Bestehen zum Ritter geschlagen werden sollten. Einer von ihnen war natürlich Franz von Sickingen, aber ihn begleiteten noch drei andere Reiter. Wer die Drei jedoch waren, abgesehen einmal von ihren Namen, wurde wiederum nicht erklärt. „Wer? und „Warum?“, wir erinnern uns? Wer waren die Drei also? Die drei Fragezeichen? Die drei Stooges? Drei Haselnüsse für Aschenbrödel? Drei Engel für Charlie (bzw Franz)? Keiner wusste es. Und warum genau waren sie da? Sammelte der Berggeist leidlich knackige junge Knappen für jede Gelegenheit? Räumte der Berggeist hinter dem Erzbischof her, quasi als eine Art mittelalterlicher ADAC, half den Leuten, die jener zurückgelassen hatte, wieder auf die Beine und verschaffte diesen dann sogar ein Gefährt (Ge-Pferd?)? Schließlich sagte der Erzähltext, dass es so wie in Ebernburg auch an anderen Orten geschah, also der Erzbischof nach vollendeter Tat abgerückt war und die Gefallenen liegengelassen hatte. Das wäre eine Erklärung, warum von Sickingen plötzlich diese Kumpane dabeigehabt hätte. Und es hätte auch die Basis für den späteren Verrat von de Lannoy gelegt werden können. Vielleicht traf der bei eben einer solchen Gelegenheit auf den Erzbischof, dieser unterbreitete ihm sein Angebot, de Lannoy lehnte ab und der Erzbischof, frei nach dem Motto „Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein“ ging dann wie üblich vor. So aber fragte man sich: Hatte von Sickingen sie irgendwo aufgegabelt? Saßen sie per Zufall zusammen in der Schänke und hatten beschlossen, jetzt doch endlich einmal Ritter werden zu wollen? Waren sie beim gleichen Ritter in Ausbildung? Wo kamen sie her und warum waren sie gerade jetzt vor Ort? All diese Fragen verdeutlichen, denke ich, hinreichend, wie sagenhaft lieblos mit dem Hintergrund und den Charakteren dieses ritterlichen Füllmaterials umgegangen wurde, das so offensichtlich nur dazu da war, die Reihen der Reiter zu ergänzen und für bestimmte reiterliche Aspekte der Show zu sorgen, dass es fast schon wehtat. Üblicherweise sind die meisten Charaktere in eine Show eingebunden, und wenn nur über lose Freundes- oder Verwandtschaftsverhältnisse, aber hier fehlte die inhaltliche Verknüpfung quasi komplett.
Immerhin muss man den Shows zugutehalten, dass die Exerzitien und vor allem die Voltige wirklich gut aussahen und gut geritten waren. Die haben zumindest einmal Eindruck gemacht.
Leider gab es vor der Voltige noch eine Szene, die, wiewohl ausnehmend kurz, hier etwas länger besprochen werden muss. Sie wirkte, auf den Gesamtkontext der Rahmenhandlung gesehen, nach, auch wenn sie nicht viel an Logik und Sinnhaftigkeit in dieselbe einbrachte, eher im Gegenteil. Ich rede natürlich von der obligatorischen Liebesgeschichte.
Die Einführung der vagen Neigung zwischen von Sickingen und der Dame Hedwig, als Liebesgeschichte kann man das beim besten Willen nicht bezeichnen, geschah auf genauso nicht eindrucksvolle Art, wie dieser Anteil der Show insgesamt vonstattenging, nämlich quasi als Randnotiz. Und in der Tat beeindruckte das hastig herbeigezauberte Blümchen die Dame auch in etwa so, wie die Aktion die Zuschauenden beeindruckte, will sagen gar nicht. Die Dame wirkte in etwa so angetan, als hätte er ihr statt der ausgewählten Ackerrandbegrünung einen Kochtopf verehrt. Es hätte hier keinen Unterschied gemacht, hätte Franz von Sickingen das deutlich minder beeindruckende Blümelein irgendeiner Zuschauerin in die Hand gedrückt und man hätte diese sinnlose Liebesgeschichte völlig weggelassen. Abgesehen einmal davon, dass auch alle Charakteristika, die diesem Geschenk bei seinem zweiten Auftreten gegeben wurden, hier noch gar nicht zur Sprache kamen, was sie dann im späteren Verlauf noch weniger sinnbringend, nützlich oder interessant machten. Wenn man das hier vernünftig eingebaut hätte, dann hätte das durchaus geholfen, diesem sonst eher nutzlosen botanischen Beitrag eine Relevanz zu geben. Wenn diese Blume, wie man am Ende erfährt, Kraft und Schutz verleihen sollte, dann wäre das noch relativ am Anfang der Geschichte ein schöner Punkt. Am Ende, wo es in sich nicht mehr nützlich ist, ist es irrelevant. Die Show, aus der dieses Element im Ursprung stammte, setzte eben genau das wunderbar stimmig um und wiewohl auch dort die Blume nur zwei Auftritte hatte, waren diese so viel besser in die dortige Geschichte eingebunden, dass man gar leicht gerührtes Seufzen aus dem Publikum hörte, als das Gemüse seinen zweiten Auftritt hatte. In dieser Show führte es eher zu verwirrten Gesichtern. Wobei man sich auch fragen möchte, wenn diese Blume offensichtlich irgendwelche Kräfte hatte, in welchem, beziehungsweise wessen, Garten hatte er sie denn eigentlich gepflückt. Auch vom Berggeist? Hat er sie an den Hängen von dessen Behausung aufgegabelt? Wenn es einen Geist des Berges, und, wenn man die Shows aus dem Vorjahr kannte, auch einen Geist der Nahe gibt, vielleicht gibt es ja auch einen Feld-Wald-und-Wiesen-Geist? Zaubermächtiges Gestrüpp wächst üblicherweise ja nur bedingt ohne Grund irgendwo. So wie es hier eingesetzt wurde, war das unheilverhütende Unkraut jedenfalls genauso überflüssig wie die Rolle seiner Empfängerin.
Wie bereits erwähnt war die Anwesenheit der Dame für die Geschichte generell nicht von Nöten und es gab kaum eine Szene, die das so schmerzhaft deutlich machte, wie eben dieser halbgare Versuch einer Andeutung von romantischem Interesse, der wie üblich bei diesen Shows die Frage nach dem „Warum?“ stellte. Warum entwickelte von Sickingen, anscheinend aus dem Blauen heraus, eine Neigung für diese Dame, die sich bis dato und auch im Folgenden kaum durch mehr auszeichnete, als dekorativ in der Gegend herumzustehen? Eine Liebesgeschichte mit dem Berggeist hätte insgesamt mehr Sinn ergeben, was ich um Himmels Willen aber nicht als Vorschlag verstanden wissen will. Und warum war die Dame dem Herrn von Sickingen zugeneigt? Was zeichnete diesen Charakter zu dem Zeitpunkt aus, außer dass er ursprünglich bei der Auswahl seiner Verbündeten (dem Erzbischof und dessen liebenswürdigem Gefolge) eine sagenhaft schlechte Wahl gezeigt und nun auch nicht wirklich mehr vorzuweisen hatte, als der hübsche Heldentyp zu sein und sich allenthalben auf die Reiterei zu verstehen? Dass er offenbar Blumen pflücken kann? Mich deucht, die Ansprüche der Dame waren allerdings reichlich gering gesetzt. Warum außerdem lobte der Herold diese Handlung als eine Geste eines wahren Ritters? Warum macht es eine Person zu einem wahren Ritter, wenn sie wahllos der einzigen verfügbaren Edeldame am Wiesenrand Blumen pflückt und überreicht? Mir scheint, das könnte jeder Bauernbursche gleichermaßen für sein Mädel tun. Man hatte eher den Eindruck, als wäre irgendwem, wahrscheinlich dem Verfasser der Show, im letzten Augenblick aufgefallen, dass der Held auch immer noch eine Dame zum Anschmachten braucht und diese war eben irgendwie gerade verfügbar. Natürlich war Hedwig von Flersheim die Frau von Sickingens, aber wenn er sich seinerzeit dergestalt um sie beworben hätte, wäre sie es sicher nicht geworden. Es hätte weder der Geschichte noch dieser Rezension geschadet, wäre auf das Element einfach verzichtet worden.
Warum außerdem Franz von Sickingen überhaupt das ganze Prozedere mit dem Ritterschlag noch durchlaufen musste, da am Anfang ja betont wurde, dass er den Rittertitel von seinem Vater erbte, dürfte bei den geneigten Zuschauenden auch eher Verwirrung gestiftet haben. Der Hintergrund ist, dass von Sickingen, Vater wie Sohn, Reichsritter waren, also einen Titel des Niederadels hielten, der vererbbar war, soweit ich das recherchieren konnte. Der Ritterschlag selbst war aber ein anderer Prozess.
Da wären wir dann auch beim letzten Punkt zum Thema Plot aus dem ersten Akt, nämlich dem Ritterschlag als solchem. Warum schlug der Herold von Sickingen und Tick, Trick und Track zu Rittern? Ein Herold besaß keine der Grundvoraussetzungen dafür den Ritterschlag zu erteilen, zumindest laut meiner Recherche. Zumal es für den jeweiligen Knappen ja auch aufgrund des Prestiges ein denkwürdiges (und teures) Ereignis war und man somit natürlich dafür die höchstrangigste verfügbare Person gewinnen wollte, da das auch auf den eigenen Ruf wirkte. Es war allerdings durchaus üblich, dass mehrere Knappen in einer Zeremonie den Ritterschlag erhielten. Wenn man diese Ritterschlagsszene mit der aus dem letzten Jahr vergleicht, bekommt man leicht das Gruseln, denn dort zeigt sich leider gerade im Vergleich sehr deutlich, wie sehr die inhaltlich selbe Szene durch die Umsetzung gewinnen oder verlieren kann. Zuerst einmal sind die Leute in diesen Shows durch das Spalier der Herzen, also ein Spalier aus Bannern aufmarschiert. Das war an sich optisch nicht mal schlecht, auch wenn man sich über den Zusammenhang von Umsetzung und Namensgebung schon verwundern mag. Die Bezeichnung selbst aber klingt, als hätte man sie aus einem Schundroman geklaut. Das Spalier der Herzen? Was kommt als nächstes? Die Allee der Seele? Die Gasse des Geistes? Was den Herold bei dieser Namensgebung geritten hatte, möchte ich vielleicht gar nicht so genau wissen. Außerdem wäre es schon sinnvoll gewesen zu wissen, wessen Banner es denn sein sollten, denn man pflanzt ja nicht einfach eben einmal irgendwelche Banner irgendwohin. Sinnvollerweise könnten es die des Landesherren, der ortsansässigen Fürsten, der Ritter, die die Knappen ausgebildet hatten oder auch die Banner mit den Wappen sein, die die Knappen später als Ritter führen würden. Letzteres hätte die Szene sogar schön abrunden, beziehungsweise wenigstens minimal verbessern können, wenn man ihnen nach erfolgtem Schlag ihr Banner in die Hand gedrückt hätte. Hat man aber nicht. Anstatt dessen knieten dort vier Leute auf dem Plan, der Herold durfte sie schlagen und die Hofdame, da gehe ich aber später noch einmal kurz drauf ein, ihnen erzählen, was sie denn schwören sollten. Nun einmal der Vergleich zu letztem Jahr. Dort waren zuerst einmal der Lehnsherr und die Herren der drei Knappen anwesend, die in der Show zu Rittern geschlagen wurden. Das machte es schon an sich besser, denn dort gab es eine offensichtlich vorgesetzte Persönlichkeit, in deren Diensten sie im Folgenden stehen würden und der quasi nur darauf wartete, seine frischen Ritter einsetzen zu können. Dann war jedem Knappen ein Ritter beigeordnet, der den Ritterschlag vollzog und, siehe meine Bemerkung zu den Bannern, jedem Neuling seinen Wappenrock überreichte. Das alles untermalt mit einem schönen Text, der erklärte was passierte, wie es zusammenhing und auch wer da was wieso machte. Sprich, die Ritter schlagen im Namen des Lehnsherrn, er verleiht ihnen die neuen Wappen und so weiter. Die Ritterschlagsszene war im Vorjahr um so viele Längen besser, dass ich Stunden alleine auf diesen Vergleich verwenden könnte. Da das aber ausarten würde, wenden wir uns dem Rest der Szene zu.
Denn immerhin war das eine der wenigen Szenen, wo die Hofdame Hedwig einmal etwas zu tun bekam und den Rittern zumindest ihren Eid vortragen durfte. Leider wirkte dieser Moment eher wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für besagte Dame, da sie ja durch die ganze Show hindurch vor allem dadurch (nicht) nennenswert auffiel, dass sie auf dem Plan herumstand wie bestellt und nicht abgeholt. Das muss mit Abstand die langweiligste Rolle überhaupt gewesen sein, und die Akteurin tat einem bisweilen richtig leid.
Dass die Ritter (und das Publikum) im Folgenden auf die „reinen Worte“ der Dame lauschen sollten, klang dann auch so, als hätte man in dem Schundroman, dem das Spalier der Herzen entsprang, ein paar Seiten weitergeblättert. Hedwig Courths-Mahler und Barbara Cartland müssen sich im Grabe umgedreht haben. Die Eidesformel an sich war aber dann eigentlich ziemlich gut: „Seid treu und beständig. Seid mutig und voller Güte. Seid mächtig zu den Herren und seid wohlwollend zu den Armen. Umgebet euch mit Weisen, liebet Gott und richtet weise in seinem Namen.“
Nachdem dann alle Ritter geschlagen und die reinen Worte vernommen worden waren, schickte der Herold die Ritter vom Plan mit den Worten: „Reitet zu den Knappen ab… und gürtet euch zum Turney.“ Also abgesehen davon, dass man sich fragte, zu welchem Turney sie sich denn nun zum Geier ordentlich anziehen mussten, aber vor allem waren die Herren alle zu Fuß unterwegs. „Reitet zu den Knappen ab“, wenn die zu Fuß unterwegs waren und auf weiter Flur sich weder Schweif noch Mähne zeigten? Und wenn der Herold sich nur einmal versprochen hätte, gut, das kann passieren, aber er hat den Quatsch an beiden Tagen gesagt. Merkt das denn keiner? Nicht, dass die Einleitung in die Pause besser gewesen wäre, denn sie begann mit den Worten: „Und ihr, Volk zu Ebernburg, tut es uns gleich.“ Moment, wir sollen zu Fuß zu den Knappen abreiten, und uns zum Turney gürten? Fällt das denn wirklich nicht auf?
An dieser Stelle fand dann jedenfalls die Pause statt und man konnte ein bisschen aufatmen. Unabhängig davon, im Übrigen, wieviel Text die Shows in dieser Rezension bisher verursacht haben, hatte man als Zuschauer zur Pause das Gefühl, dass inhaltlich in den Shows eigentlich bis dahin kaum wirklich etwas passiert war.
An diese Stelle gehört auch eine der dishonorable mentions der beiden Shows, denn der Schrankenaufbau am Samstag kann einfach beschrieben werden unter dem Titel: „Wie man eine Schranke bei einem Ritterturnier möglichst zeitintensiv, wenig sinnvoll und unter größtmöglichem Personaleinsatz möglichst ungeschickt aufbaut.“ - Eine Studie, durchgeführt von stuntpferde.de. Wiederum frage ich mich, was da passiert ist. Fairerweise fragte sich das offensichtlich auch der eine Persevant, dessen Gesicht deutlich zeigte, wie unzufrieden er mit dieser Allgemeinsituation denn war. Man konnte es ihm sehr nachfühlen. Die Truppe baut dieselben schließlich nicht erst seit gestern auf, sondern eher so im Schnitt ca. 30 Mal pro Jahr innerhalb der letzten 20-30 Jahre, wenn ich das schätzen müsste. Hier hätte man aber darauf kommen können, dass es Schrankenaufbaunovizen waren. Entsprechend Häme zog das aus dem Publikum nach sich, wie man sich unschwer vorstellen kann. Immerhin haben sie hierbei einmal aus dem ersten, fehlgegangenen Versuch gelernt, und am zweiten Tag die Schranke nur zu zweit, und vor allem nach sinnvollen Gesichtspunkten strukturiert aufgebaut. Ein kleines Handgeklapper für die beiden Meisterschrankenaufbauer.
Zum zweiten Teil der Show konnte man zumindest zu dessen Gunsten anmerken, dass sich dieser glücklicherweise durch wenig weitere Versuche einer Plotgestaltung auszeichnete. Das war natürlich dem Turniergeschehen geschuldet, das wahrscheinlich für viele Zuschauer der interessantere Teil einer solchen Show ist. Dennoch ist die Rahmenhandlung ein wesentlicher Bestandteil und wenn man als Zuschauer fast schon froh ist, davon möglichst wenig zu sehen, ist das in sich schon recht bezeichnend.
Dieser zweite Teil begann mit einem weiteren Auftritt des Berggeistes, der allerdings so gut wie gar keinen Applaus nach sich zog. Die Idee an sich, dass die Berggeist ihr magisches Ross zurücknahm und von Sickingen quasi aus ihrem Schutz entließ, nachdem seine Wandlung von Schergen des Erzbischofs bzw. einem reuigen Sünder zu einer Heldenfigur abgeschlossen war, war grundsätzlich keine schlechte. Der ganze erste Teil stand unter dem Leitmotiv, von Sickingens Wachstum zu einem Helden darzustellen, der sich dann im zweiten Teil seiner Nemesis, dem Erzbischof, stellen würde. Dieser zweite Auftritt des Berggeistes, gerade nach dem Ritterschlag, schickte genau diese abschließende Botschaft, dass er jetzt frei von ihrem Schutz, aber eben auch ihrem Einfluss bzw. ihrer Macht, sein Schicksal aus eigener Kraft würde erfüllen können. Da von Sickingens Reise aber im ersten Teil stattfand, hätte der Abschluss derselben ebenfalls dorthin gehört.
Gut war allerdings der Rat des Berggeistes: „Führt euer Schwert weise – im Frieden, wenn Ihr es könnt, im Krieg, wenn Ihr es müsst.“ Da sie hier allerdings mit ähnlich viel Betonung sprach, wie beim ersten Mal, also fast völlig ohne solche, blieb auch dieser Text in seiner Wirkung eher blass. Vielleicht ist ein Berggeist ja einfach nur so gelassen und unemotional. Berge sind ja üblicherweise, bis auf wenige Ausnahmen, auch nicht gerade sonderlich energetisch.
Dann rief der Herold die Ritter zum Turnier auf. Warum dieses Turnier überhaupt stattfan wurde innerhalb der Geschichte, wie man vielleicht schon hatte vermuten können, natürlich ebenfalls nicht erklärt. Es fand einfach statt. Möglicherweise hatten sie schlicht alle Langeweile. Natürlich war einem als Zuschauer klar dass es dazu diente, weitere Reiterkunst zu zeigen und außerdem eine Bühne, sowohl für die frisch geschlagenen Ritter, als aber eben auch besonders für den Endkampf zwischen von Sickingen und dem Erzbischof zu stellen. Nichtsdestotrotz fragte man sich schon, was die innergeschichtliche Erklärung sein sollte, denn Turniere fanden schließlich nicht einfach so statt. Möglicherweise stand es im Zusammenhang mit dem Ritterschlag als Teil der Feierlichkeit, aber wie so oft wurde dazu nichts gesagt, es war einfach so. Allerdings ergäbe auch diese Erklärung keinen Sinn, denn, wie man später erfährt, müsste zwischen den Akten ein Zeitsprung stattgefunden haben.
Natürlich musste zuerst erneut ‚unsere‘ Hofdame begrüßt werden. Warum sie unsere Hofdame war, ist auch nicht sicher. Eine Hofdame mag sie möglicherweise gewesen sein, aber meine zumindest war sie jetzt eigentlich nicht.
Die Vorstellung der Ritter lief dann so ab, wie man es entsprechend erwarten konnte, denn diese Vorstellung war das ein oder andere Kopfschütteln wert. Zuerst einmal Tick, Trick und Track, die Begleiter von Sickingens:
- Jerome de Lannoy in Weiß und Grün, „die Speerspitze der Burgundischen Herzöge“. Das konnte nur durch einen Zeitsprung zwischen dem ersten und dem zweiten Teil der Show erklärbar sein, denn warum sollte ein frisch zum Ritter Geschlagener sonst diesen Ruf innehaben? Und worin zeigte sich das genau? War er irgendwie in den Exerzitien besser? Hatte er sich besonders höflich verhalten? Im Gegenteil, er stellte sich doch schließlich als bestechlich heraus.
- Phillip von Leiningen in Blau und Weiß, „der an der Seite des englischen Königs bei der Schlacht von Azincourt kämpfte“. Ein ca. Hundertjähriger beim Turnier, der noch kurz zuvor Knappe war? Beeindruckend.
- Konrad von Braunschweig in Schwarz und Weiß, „der sein Schwert gewissenhaft führt, aber auch ein wahrer Meister der Minne sei“. Wiederum, worin drückte sich das aus? Es wäre so einfach gewesen, diese furchtbare Worthülse dadurch zu untermauern, dass er gelegentlich mit den Damen im Publikum flirtete oder ähnliches, er wäre schließlich nicht der erste Ritter in einer Show, der solches täte, aber nichts dergleichen geschah. Auch er war einfach nur da.
Dann Franz von Sickingen selbst:
- Franz von Sickingen in Rot und Schwarz, „der gleißende Stern am Firmament, unter dem Rotenfels geboren und von der Nahe gespeist, der Ritter der Waisen und Armen“. Bei dieser Beschreibung fühlte man sich unwillkürlich an den Robin-Hood-Sketch von Otto erinnert. Franz von Sickingen, der Rechner der Vererbten, der Versprecher der Entnervten, der Stecher von Witwen und Waisen… ich glaube man kann erahnen, welchen Eindruck diese Erklärung zu von Sickingen hinterließ.
Und schließlich:
- Alessandro di Verona in Gold und Schwarz, „der ein Jahr auf einem Berg lauschte, um zu erfahren, wie laut die Stille sei“. Da er die ganze Show über keinen Ton von sich gab, war er damit offenbar recht erfolgreich.
- Richard von Greiffenklau, Erzbischof von Trier in Weiß und Rot, „gesandt vom Kaiser und vom Papst gar selbst“. Von wem denn nun? „Genährt von nichts als dem Glauben an Gott“, was an sich ein durchaus ehrenwerter Zug ist und ihn nicht per se unsympathisch macht. „Seine Untertanen mit eiserner Hand regierend“, was nicht ungewöhnlich gewesen wäre. „Der Sieger der Turniere von Rom, Paris und Mailand“. Warum ist ein Erzbischof, also ein Kirchenfürst und Priester, der Sieger der Turniere von Rom, Paris und Mailand? Diese drei Turniere scheinen eine Art Dreifaltigkeit des Rittertums zu sein, hat doch in jeder Show immer mindestens ein Ritter den Sieg in ihnen allen davongetragen. Oder es ist einfach die Triple Crown des Turnierwesens. In jedem Falle aber gibt es Regeln für die Teilnahme und mir wäre nicht bekannt, dass Priester gleich welchen Ranges daran teilgenommen hätten oder sogar hätten teilnehmen dürfen. Abgesehen davon, wenn er sich doch so sehr um die noch in der Zukunft liegende Reformation kümmern musste, wieso hatte er dann noch die Zeit - und mittelalterliche Reisegeschwindigkeiten sind ja nicht gerade in ICE-Geschwindigkeit zu messen. Oder vielleicht schon, wenn man die Deutsche Bahn bedenkt – von hüh nach hott durch die Lande zu reisen und an Turnieren teilzunehmen?
In jedem Falle versammelte sich diese illustre Runde zum Turney. Der Herold forderte sie auf, die Lanzen zu senken und damit nicht nur die Regularien anzuerkennen, sondern auch das Volk zu grüßen. Dass der so ausnehmend verbindliche von Greiffenklau dieses verweigerte, überraschte wahrscheinlich niemanden. Dass am Samstag aber offensichtlich bis auf von Sickingen niemand dem Herold zugehört, noch auf dessen Handzeichen geachtet hatte, störte doch etwas das Bild. Dass der Böse nicht mitmacht, gut und schön, aber alle anderen sollten doch wissen, wie dieser spezielle Hase läuft, das ist doch nun wirklich quasi in jedem Turnier und in jeder Show dasselbe.
Natürlich musste sich der Erzbischof vor dem Turnier erst einmal in Wallung schimpfen und ließ einen ganzen Stapel Beleidigungen gegen das Volk los, deren Kreativität allerdings deutlich zu wünschen übrig ließen, und die sich auch permanent in den Shows wiederholen. An sich ist es eine schöne Sache, den Bösewicht unflätig eskalieren zu sehen, denn zum einen ist das ein Element, was ihn deutlich als solchen markiert und zum anderen holt es das Publikum ab, indem es Stimmung gegen die Rolle erzeugt und die Zuschauenden emotional an die Show bindet. Es wäre allerdings mitunter ganz anmutig, wenn man die Beleidigungen der Rolle anpassen würde. Ein „ihr seht aus wie von einem Teufel gemacht“, oder ein „wenn ich euch ansehe, höre ich die Engel weinen“, um nur einmal zwei Beispiele zu nennen. Es ist ja nicht so, als gäbe es da keine Möglichkeiten. Halbwegs neu war wenigstens ein: „Ich spucke auf euch, niederes Volk“. Das war wenigstens etwas. Im Übrigen, dass man Bösewicht und trotzdem freundlich sein kann, hat im Vorjahr der Rheingraf hinreichend deutlich gemacht. Gerade im Mittelalter, aber auch bis in die heutige Zeit, war und ist Höflichkeit Aushängeschild einer Person. Mehr noch gehörte sie zu den ritterlichen Tugenden und zum höfischen Betragen. Man mag sich also fragen, wie jemand derartig unflätiges eine so hohe Stellung (wir erinnern uns, der Gute war Kurfürst UND Erzbischof) erreicht haben mag. Aber anscheinend muss hier für die Geschichte der Bösewicht auch ein entsprechend unliebenswürdiger Zeitgenosse sein.
In diesen Passus haben sich außerdem leider ein paar weitere textliche Unfälle geschlichen, die einem ein, inzwischen deutlich verzweifeltes, „Warum?“ entlocken mussten. Auch das Zwiegespräch zwischen dem Erzbischof und von Sickingen warf einige Fragen auf.
Warum fragte der Erzbischof von Sickingen, was für ein Spiel dieser spiele? Abgesehen davon, dass dieser sehr offensichtlich, auf den Gesamtkontext betrachtet, keines spielte, hatte er sich doch sehr offen zum Turney gestellt, wie er selbst auch darauf bemerkte. Und welches Spiel sollte er denn überhaupt spielen? Mal abgesehen davon, dass ja über den Streit zwischen von Sickingen und dem Erzbischof und auch dessen Auslöser seit Beginn des Turnieres kein Wort mehr verloren wurde.
Warum betont von Sickingen, dass er der Sohn des Grafen von Sickingen sei? Nicht, dass man nicht annehmen konnte, dass ein Herr von Sickingen Sohn wahrscheinlich das Kind des Herrn von Sickingen Vater war, aber vor allem widersprach es auch der Einleitung, wo er noch der Sohn eines einfachen Ritters war.
Warum betont von Sickingen, dass ihn sein Vater Bescheidenheit und Demut lehrte? Sollte das noch einmal verbal unterstreichen, was für ein wahrhaft ritterlicher Mann er sei? Und worin zeigen sich diese Bescheidenheit und Demut? Dass ihm für seine Dame auch ein Wiesenblümchen gut genug war? Denn weiter fiele mir nichts ein, was diesen Satz auch nur im Geringsten untermauert hätte. Sonntags war die Szene beziehungsweise speziell das Zwiegespräch etwas länger, was es allerdings nicht gerade verbesserte.
Dass der Erzbischof ihn verächtlich als Sohn eines einfachen Amtmanns titulierte machte stutzig. Gut, er war vielleicht kein Hochadliger und der Erzbischof und Kurfürst mag sicher der Ansicht sein, dass ein Herr von Sickingen ihm nicht ebenbürtig sei, aber ohne Amtmänner, also Verwaltungsbeamte, dürfte auch das Bistum nicht ausgekommen sein, ist doch eine verwaltungstechnische Infrastruktur durchaus wichtig.
Am amüsantesten aber fand ich den Vorwurf, dass seine, also die des väterlichen Amtmannes, stärkste Waffe wohl der Stift und das Papier gewesen seien, wenn man die Schwächen in der Rahmenhandlung dieser Show bedenkt. Denn besagte Waffen waren in diesem Zusammenhang doch wohl eher reichlich schwach.
Der Erzbischof hieß von Sickingen im Folgenden abzusteigen, ihm ewige Treue zu schwören und „den Glauben an das Gute“. Von Sickingen antwortete ihm darauf: „Nicht hier, nicht jetzt oder anderswo.“. Zugegeben, das mit der ewigen Treue hatte sich der gute Erzbischof wohl schon am Anfang der Show reichlich verscherzt, aber was spricht denn bitte gegen den Glauben an das Gute? Keine Treue kann man hier noch verstehen, aber warum lehnte denn von Sickingen, der strahlende Held aus dem Volke, den Glauben an das Gute direkt mit ab? Das wäre doch qua Rolle genau seine Aufgabe gewesen, denselben zu fördern. Warum ist denn der Glaube an das Gute problematisch? Zumal, wenn er das wortwörtlich in einem Atemzug mit der Treue zu sich nennt, der Erzbischof daran doch auch zu glauben scheint, was ihn ja durchaus eher ehren würde. Warum außerdem geht keiner der Beiden darauf ein, dass sie einmal, am Anfang der Show, auf der gleichen Seite gestanden hatten? Warum fragt von Sickingen den Erzbischof nicht freundlich, ob er denn am Firnis genascht hätte? Wie er noch Treue erwarten oder fordern könne, nachdem man ihn sterbend zurückgelassen habe?
Warum fragte der Erzbischof: „Der Pöbel hat sich versammelt, doch wofür?“ Es findet ein Turney statt, warum ist der Pöbel dann wohl da? Vielleicht hätte dem Erzbischof hier zum Verständnis eine göttliche Eingebung weitergeholfen.
Warum schickte der Herold die Ritter vor dem ersten Exerzitium vom Plan mit den Worten, mit denen er schon die frisch zum Ritter geschlagenen seinerzeit hinausgeschickt hatte, und die hier NOCH WENIGER Sinn ergaben? Glücklicherweise tat er das nur am Samstag, am Sonntag hat er diesen unpassenden Satz wenigstens weggelassen. „Reitet zu den Knappen ab und gürtet euch“, ist völliger Blödsinn, wenn die Herren in vollem Ornat, wortwörtlich wie sinngemäß gestiefelt und gespornt, und zu Pferde auf dem Plan saßen. Sowohl die Ritter als auch die Pferde waren schließlich vollständig angezogen und gerüstet. Das gleiche galt übrigens für von Sickingen und seine ähnlich intelligente Frage, ob der Erzbischof denn die Herausforderung zum Turnier annähme? Die gesamte Ritterschaft hat sich dort für ein Turnier versammelt, das der Herold noch kurz zuvor mehr oder minder wortreich angekündigt hatte. Auch wenn man immer noch nicht so genau wusste, warum es denn stattfand - aber was sollte der Erzbischof denn bitte antworten? Ups, es war ein Versehen, wir gehen jetzt alle wieder? Ich habe mich im Turnier geirrt, hier ist ja gar nicht Rom, Paris oder Mailand? Nein, jetzt habe ich keine Lust mehr, ich tue es jetzt di Verona gleich, setze mich oben auf den Rotenfels und lausche in Kontemplation der Stille?
Die Exerzitien, die im Folgenden geritten werden sollten, vom Herold als die Exerzitien der Feuertaufe betitelt, enthielten alle ein Feuerelement. Das wäre auch an sich eine gute Sache gewesen, hätte das Ganze für die Show irgendeine Bedeutung gehabt, außer nett auszusehen. Aber da es weder eine Story gab, zu der es gepasst hätte, noch eine irgendwie geartete Licht-Schatten-Feuer-„was-auch-immer“-Thematik (zumindest keine schlüssige oder sich als roter Faden durch die Geschichte hindurch ziehende), war das völlig verschenkt. Nicht, dass man den roten Faden nicht mitunter sowieso mit einer Lupe suchen musste, aber hier gab es in den von Logiklöchern durchzogenen, zusammengestrickten und- geflickten Shows auch einfach nichts, was man als verknüpfendes Element für diese Feuerthematik benennen könnte. Diese war im Übrigen auch aus einer anderen Show entliehen, wo es eben jenes verknüpfende Element gab, und wo das daher nicht nur in die inhärente Logik von Show und Rahmenhandlung passte, sondern jenseits von „Oh, Feuer!“ auch noch einen innergeschichtlichen roten Faden unterstützte.
Schön fand ich tatsächlich, dass der Herold vor dem ersten Exerzitium, zwar spät aber immerhin überhaupt einmal während des Geschehens, seine Persevanten durch das Volk grüßen ließ. Die beiden Herren haben schließlich mit am meisten Zeit von allen auf dem Plan verbracht, da darf man ihnen auch einmal ein wenig Beachtung schenken.
Die Exerzitien gingen jedenfalls ihren gewohnten Gang, garniert natürlich mit den üblichen Unhöflichkeiten des Erzbischofs. Das erste Exerzitium des zweiten Turniers war der Hauch des Drachen. Die Ritter reiten mit einem brennenden Speer auf zwei brennbar gefüllte Ballons am Boden und müssen diese durchstechen, auf dass daraus eine schöne Stichflamme emporschieße. Das sah nicht nur gut aus, sondern wurde an beiden Tagen auch so treffsicher geritten, dass sich das Zuschauen lohnte. Wie zu erwarten war, ließ es der Erzbischof bei seiner Treffsicherheit nicht bewenden, sondern goss einen Kübel des Hohns über dem Volke aus. „Mein Gott, ihr hier seid ja noch viel hässlicher als jene dort. Mich dünkt, als wenn Euer Stammbaum ein Kreis wäre. (Das zog aus dem Publikum immerhin als Reaktion ein „guck doch mal in den Spiegel“ nach sich). Ihr Kinder ihr kommt alle weg.“ Warum die Attraktivität der Zuschauenden für einen Mann der Kirche relevant sein sollte, ergab allerdings wenig Sinn. Wenn man diese Beleidigungen schon mehrfach gehört hat, weiß man außerdem, dass auf die Aussage, dass die Kinder alle wegkämen, üblicherweise etwas in der Richtung folgte, dass der Bösewicht schon neue machen würde, und man war in diesem Falle froh, dass sich der Erzbischof seiner Rolle zumindest soweit entsann, diesen Teil wegzulassen.
Als nächstes sprach der Erzbischof, es sei genug der Kinderspiele und er fordere „den Ritt durch das Tor zur Hölle“. Das ergab in der Theorie erstaunlich viel Sinn in diesem Zusammenhang, denn man könnte es als eine Art Gottesurteil auslegen, indem er quasi die höllenmäßige Brennbarkeit seiner Gegner überprüfen wollte, da er sich ja für den Guten in der Geschichte hielt, auch wenn er mit dieser Meinung recht alleine auf weiter Flur stand. Trotzdem war es aber auf die Shows betrachtet auch nicht sinnvoll, da der Sinn eines Turneys nun einmal ist, dass sich alle als Gegner miteinander messen. Außerdem hatte sich ein nicht unwesentlicher Teil der Ritter nach allgemeinem Kenntnisstand nie aktiv gegen ihn gestellt, weshalb er keinen Grund gehabt hätte, gegen diese vorzugehen, beziehungsweise sie einer Prüfung zu unterziehen. Und selbst bei von Sickingen, der immerhin an den Machenschaften des Erzbischofs aktiv beteiligt war, war es unlogisch, denn seinerzeit nahm er ja auf Seiten des Erzbischofs teil. Der Herold entschied sich, den Ritt durch das Tor zur Hölle zum „Ritt des Phönix“ umzudeklarieren. Niemand weiß warum. Auch das ist ein aus einer anderen Show und einer anderen Geschichte entliehenes Element, dass sich dort hervorragend einfügte. Hier aber fehlte wie üblich der Zusammenhang. Es wäre hier sowohl schön als auch stimmig gewesen, wenn man, in Anbetracht des Charakters des Erzbischofs, bei dem religiösen Bild geblieben wäre, zumal seine Gegner als wahre Ritter eben auch mit Leichtigkeit bestehen können müssten. Der Herold aber ging in dieser Szene auf den Erzbischof los, warf ihm vor, dass seine Seele so schwarz sei wie ein Schatten (Samstag) und zieh ihn bloß einen Schatten der Ritterlichkeit (beide Tage). Er nannte es das Tor zur Hölle, den Ritt des Phönix, wo man sich bereits fragen musste, warum das Tor denn nun mehrere Namen trug, und was genau jetzt der Zweite mit irgendetwas zu tun hatte. Schließlich aber stimmte der Herold zu, denn „wir sind reinen Herzens und des Lichts (Samstag)/vollkommen durch das Licht (Sonntag).“ Dieser Passus klang, als sei dem Herold spontan das Johannesevangelium auf den Kopf gefallen. Das passte in die Show, aus der es stammte, genauso hervorragend, wie es hier überhaupt nicht hineingehörte. Selbst wenn sie alle reinen Herzens gewesen wären, und da einer davon zuvor noch Dörfler niedergemetzelt hatte, selbst wenn er es nun bereute, einer generell ein Scherge des Erzbischofs war und einer Verrat im Herzen trug, könnte man darüber bereits trefflich streiten, aber warum waren sie vollkommen durch das Licht? Welches Licht denn jetzt? Wo kam hier ein Lichtlein her? War jemandem ein solches aufgegangen? Anscheinend nicht, denn dass das ganze Element so zusammengenommen nicht in die Rahmenhandlung passte, hätte auffallen müssen. Immerhin war hier die Darstellung dieser Meinungsverschiedenheit zwischen Herold und Erzbischof wirklich einmal ausgesprochen gut. Nicht nur, dass der Herold so bedrohlich wirkte, dass man nicht in der Haut des Erzbischofs stecken mochte, er schritt auch so energisch auf diesen zu, dass selbst der Erzbischof auf seinem Pferd den Rückwärtsgang einlegte. Der Herold ist bereits zu Fuß gut einen Kopf kleiner, wenn von Greiffenklau dann noch hoch zu Ross daherkommt, überragt er ihn folglich noch um einiges mehr. Daher wirkte dieses in-die Schranken-weisen noch deutlich imposanter.
Man ritt also das Tor zur Hölle in einer Art Staffellauf, und es wirkte schon durchaus beindruckend, wie die Reiter durch die Flammenwand preschten. Für von Sickingen und den Erzbischof allerdings, die als letztes gegeneinander antraten, wurde das Element noch etwas erweitert, denn sie ritten mit brennenden Lanzen anstatt Bannern und mussten auf dem Rückweg damit noch die Schilde treffen, die die Persevanten ihnen hinhielten. Auf diesen waren brennbare Ballons befestigt, die dann natürlich, wie schon beim Hauch des Drachen, ebenfalls in einer schönen Stichflamme platzten. Das sah verdammt gut aus.
Nach diesen beiden Exerzitien benannte der Herold von Sickingen als Sieger im Turney. Da man als Zuschauender bei der Anzahl der Oculi schnell einmal den Überblick verliert, bei zwei Exerzitien noch nicht ganz so schlimm, bei mehreren wird es da schon deutlich unübersichtlicher, könnte man einmal über eine Art Zählleiste nachdenken, auf der die Oculi jeweils vermerkt sind. Oder Persevanten als Zählsteine einsetzen. Eine visuelle Repräsentation des Spielstandes würde es für das Publikum auch einfacher machen, für die jeweils gewählte Seite mitzufiebern, wenn man sieht, wie knapp es gerade steht. Von Sickingens Sieg erkannte der Erzbischof soweit auch an. Dann forderte er, dass seine Gegner ihre Häupter senken und ihre Knie beugen sollten, vor der Exekutive des Allmächtigen. Mit diesem speziellen Satz hatte ich schon in so manch anderer Show meine Probleme, weil er dort einfach nicht hineingehörte, hier aber passte er wie die sprichwörtliche Faust auf das ebenso sprichwörtliche Auge. Dass der Erzbischof diesen Satz auch noch mit deutlich hörbarem Genuss zelebrierte, machte das Ganze nur noch besser. Auch wenn es aus den entsprechenden Gründen nur mir ein persönliches Vergnügen war, aber auch das verdient schließlich seine gerechte Anerkennung. Er fuhr dann wie folgt fort: „Tut ihr dies nicht, seid ihr alle, noch ehe die Nacht den Tag berührt, Futter für die Raben.“ Generell war diese kleine Rede durchweg stimmungsvoll und wurde gerade von den Kindern vor mir auch mit begeisterten Buh-Rufen entsprechend gewürdigt. Außerdem ergab sich daraus die zweite Arbeitsbeschaffungsmaßnahme „Hofdame Hedwig“, die den rüden Richard, den garstigen von Greiffenklau, den ekelhaften Erzbischof in die Schranken weisen durfte. Warum er an jeder Tür und an jedem Tor klingeln und sich für seine Missetaten entschuldigen sollte, war allerdings leider auch nur so halb logisch, denn dass ein Vertreter der Kirche gegen häretische Umtriebe (so man denn bei der Reformationserklärung bleiben wollte) vorging, war irgendwie doch zu erwarten. Zumal er ja laut Einleitung mit expliziter Anweisung vom Papst zu diesem Behufe entsandt worden war. Dass er dann bei den gewählten Methoden nicht unbedingt zimperlich war, das hat schließlich in der Kirche (und auch im säkularen Bereich bei unliebsamen Personen oder Gruppen) lange Tradition.
Daran anschließend stimmte von Sickingen zu, dass nun der Kinderspiele genug sei und man den Tjost, Mann gegen Mann, Lanze gegen Lanze reiten wolle, bis eine Entscheidung getroffen sei. Dann fragte er den Erzbischof, leider nur am Sonntag, mit einem der schönsten textlichen Kleinode der Show, „Ich nehme an, Ihr nehmt an?“ Das war tatsächlich der einzige Augenblick, wo man das Gefühl hatte, von Sickingen sei dem sprachlich, wenn auch nicht unbedingt inhaltlich, deutlich gewaltigeren Erzbischof einmal auch nur im Ansatz ebenbürtig. Dieser kleine Augenblick an Schlagfertigkeit, wiewohl wahrscheinlich von den meisten Zuschauenden unbeachtet, war ein wirklich heller Moment. Auch die Antwort von Greiffenklaus war wunderbar, nahm er die Herausforderung doch mit einem so entsetzlich gelangweilt und herablassend klingenden „Gewiss doch. So soll es sein.“ an, dass man wundervoll merkte, wie wenig er sowohl von Sickingen als auch das ganze Turney ernst nahm. Das war schauspielerisch tatsächlich wirklich sehr gut. Von Sickingens folgende Bemerkung „Hochmut kommt vor dem Fall, und ehe die Sonne untergeht, liegt Ihr im Staub“ nahm außerdem auch noch schön des Erzbischofs „ehe die Nacht den Tag berührt seid Ihr Futter für die Raben“ wieder auf.
Hierauf folgte eine der besten Szenen der Shows, in denen nämlich der Erzbischof Jerome de Lannoy bestach, doch auf seine Seite zu wechseln. Das machte sich als Szene gut und wäre theoretisch ein wundervoller Plottwist gewesen, hätte es nur irgendwie eine Motivation oder ein Foreshadowing dafür gegeben. Zwar sagte der Erzbischof, er habe de Lannoy (samstags: einst) einen Beutel voll Gold geboten/versprochen, doch gab es dafür vorher weder Anzeichen noch irgendeinen Hinweis oder eine Begründung. Wenn de Lannoy vorher irgendwelche Anzeichen dafür gezeigt hätte, auf der guten Seite unzufrieden zu sein, wenn er einen vorangegangenen Versuch des Erzbischofs abgelehnt hätte, um hinterher doch dem schnöden Mammon zu verfallen, wenn er heimlich auch Interesse an der Hofdame gehabt und den Nebenbuhler hätte ausstechen wollte, irgendwas, was nicht nur die Dramatik gesteigert hätte, sondern auch dem Charakter mehr – na ja eben Charakter verliehen hätte, dann wäre schon viel gewonnen gewesen. Das war an sich ein ganz hervorragender Geistesblitz in einer mit solchen nicht eben gesegneten Geschichte, wurde aber leider total verschenkt. Immerhin wurde es allerdings an beiden Tagen mit lebhaften Buh-Rufen kommentiert.
Der Erzbischof will dann zuerst einmal den Massentjost reiten. Das nimmt von Sickingen an. Samstag befragte er dazu noch das Volk, was das Ganze deutlich stimmungsvoller machte. Und so verfügten sich die Herren aus dem Plan, ausnahmsweise einmal, ohne sich gürten zu müssen.
Die Überleitung in den Massentjost stammte dann wieder einmal aus einer anderen Show, wo sie auch deutlich mehr Sinn ergab als hier. Denn der Herold schwang eine flammende Rede, oder zumindest sollte sie das wohl sein, denn so richtig zünden tat sie eigentlich nicht. „Doch wisset, ist die Zeit auch noch so dunkel, so werden wir unsere Fahnen auf die höchsten Gipfel und die höchsten Zinnen der Ebernburg pflanzen, denn wir, wir scheuen den Tod nicht.“ (Samstag) - „Doch ist die Nacht auch noch so schwarz, so wisset, folgt auf die Nacht immer noch ein Morgen und noch ein Morgen. Und so lasset uns unsere Banner auf die obersten Gipfel der Ebernburg stecken, denn wir, wir fürchten den Tod nicht.“ (Sonntag). Warum ergriff der Herold, der qua Funktion und Amt neutral zu sein hatte, hier schon wieder so sichtbar und auffällig Partei? Er war der Schiedsrichter, und ein parteiischer Schiedsrichter ist in jedem Wettkampf per definitionem unangemessen. Mal abgesehen von sprachlichen Feinheiten folgte sonntags darauf die Frage, ob man den Kampf annehmen, ob man kämpfen solle. Diese Frage war hier vollkommen fehl am Platze, schließlich hatten sich die beiden streitenden Parteien zu dem Zeitpunkt bereits abgesprochen und verabredet, dass sie kämpfen wollten, somit war die Frage völlig obsolet. Wenn das Publikum, zugegebenerweise eher unwahrscheinlich, aber wenn es verneint hätte, was hätte der Herold dann gemacht? Die Ritter alle in die Taverne geschickt, weil der Rest des Turnieres ausfällt? Das Publikum in den Massentjost geschickt? Dann hätte es auch einmal Sinn ergeben, wenn alle zu den Knappen gingen und sich gürteten. Wenn man diese Frage, wie am Samstag, in der Debatte um den Massentjost gelassen hätte, wäre es ein schöner Moment gewesen, sonntags passte sie null an die Stelle, wo sie dann auftauchte. Immerhin aber hat das Publikum wenigstens zugestimmt.
Der Massentjost sieht selbstverständlich immer gut aus. Je mehr Ritter auf dem Plan sind, desto beeindruckender wirkt es natürlich. Für einen Lachanfall hinter mir hatte an dieser Stelle die Musikauswahl gesorgt, denn zu besagtem Massentjost erscholl in voller epischer Breitseite nichts Geringeres als die Carmina Burana, die zugegebenerweise, was Musikstücke angeht, an Dramatik fast nicht mehr zu überbieten ist. Insgesamt war auch schön, dass an dieser Stelle noch niemand direkt ausschied, sondern dass, da am Ende kein Ritter gefallen war, danach Einzelgesteche geritten wurden. Aber immerhin durften sie auch hier zuvor noch einmal zu den Knappen abreiten und sich gürten. Wie oft mussten sich die Ärmsten jetzt vernünftig anziehen?
Allen Einzelgestechen am Samstag, mit Ausnahme natürlich des Endkampfes, war gemein, dass nur Lanzengänge geritten wurden, danach aber der Verlierer jedes Mal direkt aufgab und nicht noch einen Kampf am Boden forderte. Das hinterließ ein wenig den Eindruck, als habe man dafür nicht mehr genug Zeit gehabt und war natürlich schade. Am Sonntag aber passte es offensichtlich besser, denn dort wurde genau das gemacht, sehr zum Wohlgefallen der Zuschauenden.
Das erste Duell zwischen de Lannoy und von Sickingen entschied logischerweise von Sickingen für sich.
Im zweiten Duell stand von Leiningen dem Erzbischof gegenüber, der von Leiningen ohne viel Federlesens aus dem Sattel holte. Daran schloss sich ein Kampf am Boden an, währenddessen der Erzbischof von Leiningen entwaffnete und dann mit bloßer Faust recht unangespitzt in den Boden rammte. Man mag sich jetzt fragen, ob so ein Verhalten in einen ehrenhaften Zweikampf gehört, gut aussehen tat es aber auf jeden Fall. Hier ist dem Erzbischof dann auch einmal wieder eine neue Bemerkung eingefallen, denn er meinte, dass noch ehe der Tag zu Ende ginge, alle vor ihm auf die Knie fallen und seine Stiefel lecken würden. Das klang ganz wunderbar bedrohlich. Ich vermute zwar, ein Stiefelknecht wäre einfacher und wesentlich hygienischer, aber wenn es dem Erzbischof so gefällt…
Das nächste Duell wurde zwischen di Verona und von Sickingen ausgetragen. In diesem ging die Flugeinlage an di Verona, der aber danach stante pede von Sickingen zum Duell forderte. Dazu wollte er sich einmal erst vom Volke feiern lassen, wofür er natürlich als einer der Bösen amtlich ausgebuht wurde. Daraufhin machte ihm von Sickingen vor, wie das denn aussehen konnte, wenn man auf der richtigen Seite stand. Da di Verona ihn anschließend nicht sofort angriff, fragte von Sickingen noch einmal leicht süffisant nach, ob er es sich denn anders überlegt habe. Offensichtlich jedoch nicht, schließlich hackten die beiden danach aufeinander ein, als hätten sie ein besonders renitentes Stück Feuerholz vor dem Axtblatt. Natürlich musste di Verona unterliegen, aber immerhin gab von Sickingen ihm eine Chance, wie er ihm zuckersüß verkündete, doch ins Kloster zu gehen. Vielleicht stellt sich Glockengeläut als eine angenehme Alternative zur Stille heraus, die dürfte auf die Dauer schließlich auch irgendwann recht langweilig werden. Der Kampf hatte jedenfalls deutlich Pfeffer und wurde auch entsprechend gefeiert.
Im Anschluss fand die Begegnung zwischen von Braunschweig und dem Erzbischof statt. Natürlich fällte der Erzbischof auch hier seinen Gegner, der allerdings dann auch direkt aufgab, was aber dann nicht mehr so schlimm war, weil ja vorher wenigstens Einzelduelle im Bodenkampf gefochten und nicht, wie am Samstag, ersatzlos gestrichen worden waren. Ab diesem Zeitpunkt übrigens, wenn auch mit kurzen Unterbrechungen, stimmten die Kinder um mich herum einen Anti-Erzbischof Sprechgesang an und wiederholten „du alte Kuh“ in seine Richtung ad infinitum mit einer Ausdauer, die durchaus bemerkenswert war.
Den Übergang in das letzte und entscheidende Duell gegen von Sickingen leitete dann auch der Erzbischof ein. Er fragte, ob das wirklich alles sei. Dann wies er den Herold an, ihm doch endlich Franz von Sickingen zu schicken, damit sie es beenden könnten. Das klang ein wenig gereizt, ein wenig gelangweilt und ein wenig genervt. Ein ganz wundervoller Tonfall mit einer Note von: ‚mir geht das hier alles auf den Keks, also, wenn es denn sein muss, dann aber schnell, damit wir es hinter uns haben‘. Das war wirklich schön aus der Rolle heraus gespielt. Der Herold zeigte sich davon erwarteter Weise wenig beeindruckt und fand auch eine neue Formulierung dafür, im Übrigen eine zwar leicht kitschige, aber durchaus ausnehmend gute, das Publikum zu Jubel anzustacheln. „Volk von Ebernburg, öffnet Eure Herzen und entfacht einen Jubel, dass selbst der Berg anfängt zu bröckeln...“. Am Samstag hätte der Rotenfels bei der Reaktion des Publikums darauf zwar nicht einmal mit einem Kieselsteinchen gezuckt, so unterwältigend fiel diese aus, am Sonntag aber immerhin dürfte wenigstens der ein oder andere Felsen aufgehorcht haben. Was die Berggeist davon hielt, dass plötzlich die Wände ihrer Behausung wackeln sollten, fragte natürlich niemand.
Von Sickingen und der Erzbischof machten im Gestech dann erst einmal Fallobst auseinander, bevor sie sich hochrappelten, um ihren Disput mit blankem Stahl weiterzuführen. Am Sonntag übergab der Persevant Peter von Bilk dem Erzbischof sein Schwert und machte sich dann rapide im Rückwärtsgang vom Acker. Solche Details im Spiel, selbst bei den Persevanten, sind diese kleinen Augenblicke, die den Shows ihre Qualität verleihen. Spätestens ab hier war die Kinderfront hernach vollends in ausdauerndem Ausbuhen oder eben dem „du alte Kuh“ Sprechgesang gegen den Erzbischof eingenommen. Während dieser die Leute am Samstag nur anherrschte, sie mögen schweigen, schritt er am Sonntag gar gegürtet mit einer Aura der Bedrohlichkeit, die ihresgleichen suchte, auf die Kinder zu und fragte sie zuerst fast sanft, was sie denn noch mal gesagt hätten, um dann mit dem Schwert auf die Bande zu schlagen und sie deutlich lauter und barscher anzufahren, ob sie glaubten, dass er Spaß mache. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und meinte wieder leiser aber noch einmal einen Hauch drohender: „Im Leben nicht…“. Das war Bösewichtspiel der Spitzenklasse.
Noch bevor es zum entscheidenden Bodenkampf kommt, verordnet der Erzbischof, dass der Name Franz von jetzt ab Geschichte und verboten sei. Das ist zwar hübsch gesagt, aber auch ein Fell des Bären, das verkauft wurde, bevor das Tier sein Leben aushauchte. Von Sickingen zeigte sich davon nicht sonderlich berührt und entgegnete ihm nur: „Wisst Ihr, wir werden hier und heute Geschichte schreiben, doch Ihr werdet kein Teil dieser Geschichte mehr sein.“ Man könnte sich jetzt natürlich in ausufernden philosophischen Betrachtungen ergehen, ob nicht der Erzbischof zu von Sickingens Werdegang so signifikant beigetragen habe, wenn auch eher unbeabsichtigt, dass er, selbst wenn kein aktiver Teilnehmer dieser Geschichte, doch in der Nachwirkung erhalten bliebe, aber das erspart man sich wohl besser. Zugegeben war dieses Zwiegespräch aber noch einmal eine schöne Szene.
In dem Augenblick, wo von Sickingen und der Erzbischof zum Kampf Aufstellung nahmen, hielt der Herold die Zeit an und die beiden froren in der Bewegung ein. Der Text, mit dem der Herold dem Publikum erklärte, was dort geschehen sollte, lautete am Samstag „Und so soll die Geschichte nun enden. Zwei Männer im Kampfe um Leben und Tod. Erneut drehen wir am Rad der Zeit. Hier endet es.“ Am Sonntag lautete er: „Doch verrinnt der Sand der Zeit noch so gering, so wisset, dass am heutigen Tage, hier auf diesem Feld, eine Entscheidung getroffen sei. Zwei Männer mit dem Schwerte, immer in dem Gedanken, das Richtige zu tun. Und wieder drehen wir am Rad der Zeit.“ Dieses Element stammte, man ahnt es vielleicht schon, auch aus einer anderen Show, denn dass es in diese nicht hineinpasste, war so offenkundig, dass es schon fast schmerzte. Das war im Original eine ganz wundervolle Szene, hier aber wirkte sie so aus dem Kontext gerissen, dass sie ihre Wirkung fast zur Gänze einbüßte. In der Variante vom Samstag war es noch schlimmer, denn dort griff der Erzbischof sofort an, nachdem der Herold ausgesprochen hatte. Am Sonntag hingegen rettete er diese unglückliche Szene tatsächlich fast, indem er regungslos verharrte, was einem als Zuschauenden wie Minuten vorkam, bis er den Zenit des Spannungsbogens erreichte und diesen Augenblick wahrlich optimal abpasste. Mit seinem Angriff explodierte dieser Spannungsbogen so perfekt, wie man es sich nur hatte wünschen können und es hatte einem als Publikum wirklich für einen Moment kurz den Atem verschlagen.
Auch in diesem Kampf entwaffnete der Erzbischof seinen Gegner kurz und traktierte ihn dann mit seinen Fäusten. Das mag wenig ritterlich gewesen sein, und hätte ein Eingreifen des Herolds in seiner Schiedsrichterfunktion vielleicht sinnvoll gemacht, erinnerte aber vor allem an eine der besten Szenen, die es meiner Ansicht nach jemals in einer Show gab, nämlich 2010 in Broich, die man liebevoll mit ‚Klopperei im Kloster‘ treffend beschreiben kann. Dass hier auch ein solches Element in der Show vorkam, sorgte für Abwechslung und darf gerne wiederholt und ausgebaut werden. Am Ende triumphierte aber natürlich trotzdem von Sickingen, während der Erzbischof geschlagen am Boden lag.
Schließlich bekam man zum Einen nicht nur den Abschluss der gesamten Rahmenhandlung, sondern zum Anderen den der so sagenhaft überflüssigen Liebesgeschichte gereicht.
Denn kaum, dass von Sickingen den Sieg davongetragen hatte, flog ihm die Hofdame Hedwig um den Hals und verkündete ihre Liebe. Warum auch immer, schließlich hatten sie bis dahin in etwa zwei Sätze miteinander gewechselt. Dass sie überdies noch das traurige Blümchen hervorholte, von welchem man schon bei seinem ersten Auftreten nicht gerade beeindruckt war, half dann ebenfalls nicht dabei, der ganzen Aktion auch nur den Anschein an Glaubwürdigkeit zu geben. Als sie dann außerdem noch sagte, die Blume habe sie beschützt und solle nun von Sickingen Kraft geben und ihn beschützen, stand man, allerdings glücklicherweise fast zum letzten Male, da und fragte sich: Warum? Wovor genau hatte diese traurigste aller floralen Gunstbezeugungen die Dame beschützt, die überhaupt an keinem Punkt jemals in irgendeiner Gefahr gewesen war? Wovor sollte die Blume von Sickingen jetzt, nachdem er gegen alle Widrigkeiten, alle Gefahren, bestanden und alle seine Kämpfe ausgefochten hatte, noch beschützen? Der Kraft und des Schutzes hätte er vorher bedurft, so ziemlich an jedem einzelnen andern Punkt der gesamten Rahmenhandlung, außer an diesem, wo der Satz fiel. Das war ein Logikloch, wo der ganze Rotenfels plus Rheingrafenstein und ein gutes Stück Ebernburg hineinpassten. Nichts an dieser Szene ergab einen Sinn. Abgesehen vielleicht von dem unvermeidlichen Ende, dass der Held eben die Dame bekommt. Aber immerhin waren, wie der Herold uns dann verkündete, Franz und Hedwig von Sickingen Sieger im Turney und auf dem Feld des Kampfes. Warum sie jetzt plötzlich Hedwig von Sickingen war? Warum auch sie Siegerin auf dem Feld des Kampfes war? Es gab, wie wahrscheinlich schon zu erahnen war, keine Erklärung. Das war nicht nur offensichtlich die rasanteste Eheschließung in der Geschichte der Menschheit, sondern passierte auch so schnell, dass man sie als Zuschauender gar nicht wahrnahm, was die Verwirrung nicht gerade schmälerte. Alles in allem war das der unrühmliche Abschluss einer sonst auch nicht weiter bemerkenswerten Belanglosigkeit.
Immerhin aber schlossen die Shows glücklicherweise nicht mit dieser, sondern mit einer der wenigen wirklich guten Szenen. Denn schließlich lag dort ja immer noch ein besiegter Erzbischof herum und schaute, wie seinerzeit von Sickingen, geschlagen und verwundet in den Himmel, beziehungsweise rappelte er sich ohne berggeistliche Hilfe langsam wieder auf die Beine. Im Turnier ordentlich verbläut worden zu sein hatte die erzbischöfliche Laune allerdings nicht gerade verbessert und so hob er an, noch grober als sonst schon, zu drohen, dass er alle brennen lassen und wie ein Feuersturm zurückkehren werde. Das befand der Herold begreiflicherweise für keine gute Idee und ließ den empörten Erzbischof durch seine Persevanten festnehmen und vom Plan schleifen.
Diese Szene war tatsächlich am Samstag um einiges besser als am Sonntag. Denn samstags stand der Erzbischof mit dem Rücken zum Ausgang des Planes und die Herren Persevanten kamen von dort hinterrücks auf ihn zumarschiert. Ein weiteres nettes Detail sei hier übrigens auch noch erwähnt, denn ihnen kamen die von Sickingens entgegen und zumindest Herr von Eschenbach neigte respektvoll das Haupt. Es sind eben doch die Kleinigkeiten, die die Shows großartig machen. Zurück aber zu der Festnahme des Erzbischofs. Zumindest Herrn von Eschenbachs breitem und sichtbar süffisantem Grinsen nach zu urteilen, fand diese Aktion deutlich Zuspruch bei den beiden Helfern des Herolds, wie im Übrigen auch beim Publikum. Diese ganze Szene war tatsächlich wirklich einmal richtig gut. Schade, dass daran nur einer der Hauptcharaktere beteiligt war. Es zeigte aber auch, dass die Nebenrollen, so man die Persevanten denn so bezeichnen möchte, durchaus Beachtung verdienen, denn allein die diebische Freude in von Eschenbachs Gesicht war schon filmreif.
Am Sonntag hingegen waren beide Persevanten noch auf dem Plan und von Eschenbach noch oder schon mit aufräumen beschäftigt, während sein Kollege drohend mit einem Speer auf den Erzbischof zu stapfte. Eschenbach hatte dann aber immerhin schnell reagiert, und sich hinter den Erzbischof geschlichen, um ihm die Arme auf dem Rücken zu fesseln. Selbst wenn er hier seinen Einsatz verpasst hatte, hatte er es hervorragend überspielt.
Leider machte der Herold zum Abschluss noch eine Bemerkung bezüglich des kommenden Schicksals des Reichs- und Kirchenfürsten, die zum, glücklicherweise letzten, „Warum?“ der Show führte. Denn er beschied, dass der Papst in Rom über den Erzbischof richten solle. Zwar löste das bei den Kindern begeisterte „Jaaaaaa!“-Schreie aus, aber als jemand, der zumindest versuchte, der Logik der Show einen Sinn abzuringen, fragte man sich: aber warum denn? Der Papst hatte eben jenen, laut Einleitung, doch losgeschickt, die reformatorischen Aufstände niederzuschlagen, der Reformation Einhalt zu gebieten, oder wie auch immer man das jetzt nennen wollte. Und Richard von Greiffenklau, der Erzbischof, hatte genau das getan, respektive zu tun versucht. Worüber genau sollte sein Chef denn nun richten? Dass der Erzbischof getan hatte, was er laut Anweisung hatte tun sollen? Was scheren denn den Papst ein paar aufmüpfige Bauern, die sich ja auch noch mit Waffengewalt ihren Herren entgegengestellt hatten, und immerhin nach Kirchenverständnis Ketzer waren? Und dieser, also der Papst, hätte sich maximal fragen müssen, warum er denn plötzlich einen Erzbischof frei Haus geliefert bekommt. Den Erzbischof beim Papst abzuliefern ist, wenn man auf eine Bestrafung hoffte, so ziemlich das Unsinnigste, was man mit dem Mann überhaupt hätte tun können. Allerdings löste es zumindest das Problem, was man denn nun mit dem exaltierten Erzbischof machen sollte, denn es verlagerte die Sache immerhin an jemand anderen und man, sprich der Herold, musste sich nicht selbst darum kümmern. Hier aber endeten glücklicherweise diese weitestgehend nur sehr bedingt bemerkenswerten Shows und man konnte sie verdauen.
Fast zum Abschluss gehe ich natürlich noch einmal kurz auf die einzelnen Akteure ein.
Andreas Wolter auf Sancho (honorable mentions hier auch an seinen neues Pferd Rayo, das zum ersten Mal Turnierluft schnuppern durfte) gab sich in seiner Paraderolle als Bösewicht, diesmal Richard von Greiffenklau, Erzbischof von Trier die Ehre. Er spielt die Bösewichte unnachahmlich wie kein zweiter und man hatte hier auch das Gefühl, dass er in dieser Rolle wirklich aufgegangen ist. Eine Frau im Publikum hinter mir hat das hervorragend auf den Punkt gebracht: Den Bösewicht zu spielen macht immer am meisten Spaß. Und Andreas Wolter hat man diesen Spaß in den Shows auch abgenommen.
Eine Frage bleibt mir allerdings- warum fragte der enervierende Erzbischof eigentlich ständig beim Publikum nach, ob sie etwas gesehen hätten? Ein blindes Publikum scheint mir für eine solche Show doch eher kontraproduktiv.
Karel Hajek auf Flash spielte den Alessandro di Verona. Als Hauptscherge des Erzbischofs hatte er zwar nicht wesentlich mehr zu tun, als seine auffüllenden Kollegen, aber das, was er tat, tat er ganz hervorragend. Wer ihn bisher nur in guten oder gar komödiantischen Rollen gesehen hatte, die er beide ganz hervorragend spielt, mag sicherlich beeindruckt davon sein, wie dieser, sonst als liebenswerter und grundsympathischer Knuddelbär wirkende, Ritter diesmal so wundervoll finster daherkam. Wenn er einen Unheil dräuend anstarrte, konnte man schon einmal das Bedürfnis verspüren, verschämt den Kopf einzuziehen. Ein besonderer Moment gehört für diesen Charakter noch hervorgehoben, denn er schnappte sich am Anfang in der Überfallszene eines der Pferdemädchen am Zopf und schleifte sie in die Mitte des Planes, bevor er sie angewidert von sich stieß. Das passte richtig gut ins Bild und war ein schönes Detail.
Christian Papke auf Valero verkörperte mit Franz von Sickingen einen Charakter, der wie eine Kreuzung aus Jung-Siegfried und dem klassischen Heldentenor anmutete, was er ganz hervorragend spielte. Generell eignet er sich gut für den Typus des jungen, strahlenden Helden. Ein bisschen schade ist, dass er aus der Rolle nicht mehr herausgeholt hat, denn dass er darüber hinaus noch ausnehmend schlagfertig und witzig sein kann, hat er spätestens in Broich in der improvisierten Regenshow, wie ich sie einmal nennen möchte und die im Übrigen ganz großartig war, hinreichend bewiesen. Auch wenn die Shows in Ebernburg deutlich ernsteren Charakter haben als anderswo, hier ist er von der Schlagfertigkeit her fast etwas zu kurz gekommen und es hätte nicht geschadet, hätte er dem Erzbischof mehr Paroli geboten.
Lisa Papke auf Zeus verlieh der Berggeist Gestalt und Stimme. Leider wirkte diese, gerade im Vergleich mit Karel Hajeks Berggeist mit den Riesenflügeln oder Nina Wolters zauberhaftem Geist der Nahe aus dem Vorjahr, nicht gleichermaßen beeindruckend. Das ist schade für die Darstellerin, der man entschieden gewünscht hätte, einen ebenso be(rg)geisternden bleibenden Eindruck hinterlassen zu können. Großen Respekt muss man ihr sicher für ihre Dressurlektionen zollen.
Zu Konrad von Braunschweig, dargestellt von Michal Vrba auf Nito, Jerome de Lannoy gespielt von Valentin Zeude auf Hurricane und Phillip von Leiningen verkörpert von Simon Leroy auf Comté(?) lässt sich leider wenig sagen, da ihre Rollen ihnen wenig Möglichkeit ließen, ihre Charaktere auszuspielen. In der Voltige waren sie ganz ausgezeichnet.
Als Hedwig von Flersheim wurde Nina Wolter, ich kann es bedauerlicherweise nicht liebenswürdiger formulieren, völlig verschwendet. Diese Dame, deren Loblieder ich üblicherweise vollkommen verdient zu singen pflege, hat sowohl als Reiterin als auch als Schauspielerin unendlich viel zu bieten, ganz gleich, ob sie in einer guten oder bösen Rolle spielt, doch nichts davon kam in dieser Show zum Einsatz.
Als Herold Alexander von Utrecht moderierte Alexander Schmidt die Shows. Hat er sich in seinen Anfangstagen als Herold noch bemerkenswert aus dem Schatten seines Vorgängers herausgearbeitet, hat man nun mehr das Gefühl, er ist fast ebenso sehr Dekoration, wie es Hedwig von Flersheim in dieser Show war. Er tut leider nur allzu selten mehr, als die Exerzitien zu weisen und die Einleitung sowie die Abkündigungen zu sprechen. Ich versuche nach Möglichkeit, den Vergleich mit seinem Vorgänger zu vermeiden, denn beide sind unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Stilen. Nichtsdestotrotz komme ich nicht umhin, zu bemerken, wie viel wirkungsvoller Michael Cornélys Michael von Aragon war. Es kann zum Teil sicher an der jeweiligen Persönlichkeit oder Erfahrung liegen, aber sich nur hinter den Exerzitien zu verstecken, ist für einen Herold einfach zu wenig. Er ist als Moderator und als Person-gewordenes Bindeglied, sowohl zwischen den Szenen, als auch zum Publikum, in einer einzigartigen Position letzteres anzuheizen, zu motivieren, einzubinden und natürlich logischerweise auch zu steuern. Cornély war in allen diesen Punkten sicher ein Meister seines Fachs, aber auch Alexander Schmidt hat in seiner Anfangszeit durchaus bewiesen, dass er die Fähigkeiten dazu hat. Leider hat er seither, ich möchte fast sagen einen Rückschritt gemacht, anstatt diese weiter auszubauen. Ein Zwinkern, eine hochgezogene Braue, gegebenenfalls eine kleine Bemerkung oder eine Reaktion auf einen Kommentar aus dem Publikum wirken hier Wunder. Und damit meine ich nicht sich ständig wiederholende Sätze wie ein „Das war mir viel zu leise.“, denn sowas nutzt sich doch recht schnell ab und ist etwas, was sich ohne große Probleme leicht variieren ließe. „Was war denn das? Geht das auch etwas lauter?“ wäre zum Beispiel eine leichte Alternative. Generell wiederholte er besonders auffällig in diesen Shows Formulierungen, zum Beispiel „niemand geringeren als…“. Ein wenig Varianz würde auch hier nicht schaden. Auch wirkte er hier an einigen Stellen nur bedingt textsicher, beziehungsweise charaktersicher. Die Guten anstatt die Bösen mit einem „habt auch einen kleinen Jubel für...“ anzukündigen, stiftet schon Verwirrung. Wenn es schon der Herold nicht sortiert bekommt, wie sollen es denn die Zuschauenden? Tatsächlich haben es die beiden Kinder, die am Samstag neben mir saßen, bis zuletzt nicht vermocht, die Guten und die Bösen richtig zuzuordnen und dabei sind solche Verdreher nicht gerade hilfreich. Natürlich mag es hier Faktoren geben, die dazu geführt haben, aber als Herold ist er einfach in einer Position, dass solche Dinge sitzen müssen. Apropos, wenn der Herold ab und an einen Spickzettel braucht, dann ist das nicht verwerflich, aber sich hinter der Hofdame zu verstecken, um auf eben besagten Zettel zu spicken, hätte auffälliger kaum sein können. Jeder Lehrer wäre vor Lachen zusammengebrochen, hätte er den Versuch in einer Klasse beobachtet. Unterstützung zu benötigen ist vollkommen in Ordnung, aber warum baut man das nicht schön und dramatisch ein? Ein entsprechend auf alt getrimmtes Papier, als Rolle in den Gürtel geklemmt, das man dann dramatisch zücken kann, ist doch nun wirklich kein Hexenwerk und kann auch im Notfall schnell hergestellt werden. Abschließend aber möchte ich nach dieser langen Kritik noch mit einem positiven Moment enden. Denn samstags vor der Voltige hat sich der Herold einen Satz gegönnt, der eben doch beweist, dass man Applaus auch auf kreative Art herausfordern kann, denn er sagte: “Ich habe euch nicht gefragt, ob ich das Brezelweib nochmal vorbeischicken soll.” Das kam gut an und ein Zuschauer in meiner Hörweite ging sogar so weit mit, dass er fragte, wo denn die Frau mit dem Bauchladen und dem Eis bliebe. Wie man sieht, es geht also doch.
Als letztes gehören in diese Auflistung noch die Persevanten. Man kann sich fragen, ob in diesem speziellen Falle der Begriff nicht „Peter“sevanten hätte lauten müssen, denn diese waren Peter Wolter als Peter von Bilk und Peter Luckau als Wolfram von Eschenbach. Ich bleibe dabei, von Eschenbach machte für einen ca. 850-Jährigen einen recht fidelen Eindruck. Die beiden hatten gleichermaßen als kämpfende Bauern als auch als Handlanger für den Herold sowohl am Anfang als auch am Ende einen Auftritt, der sich sehen lassen konnte. Außerdem möchte ich mich an dieser Stelle einmal, und das meine ich vollkommen unironisch, bei Peter Luckau bedanken, der dem Herold am Samstag soufflierte, als dieser bei den Namen der Pferde, auf die ich ja bekanntermaßen Wert lege, etwas schwächelte.
Generell sei zu den Abkündigungen noch angemerkt, dass Andreas Wolter hier extra noch einmal herausstrich, wie wichtig die Pferde seien, ohne die ein Ritter eben nun einmal kein Ritter sei, und um einen Applaus für diese bat, der auch ausnehmend lebhaft gespendet wurde.
Und zum Schluss noch eine Sache, die ich persönlich mehr als bedenklich fand. Bei den meisten Shows wird darauf geachtet und auch explizit gesagt, dass die Kinder hinter der Absperrung bleiben sollen, was sehr viel Sinn ergibt, denn Kinder unter einem Pferdehuf sind keine schöne Sache. Hier aber wurde es nur am Sonntag einmal angemerkt, sonst aber gar nicht erwähnt und auch in keiner Weise sichtbar durchgesetzt. Die Pferde kommen bei eigentlich jeder Show, so auch hier, bis an die Absperrung heran und es fehlt mir nachgerade jedwedes Verständnis dafür, wenn darauf, vor allem seitens der Eltern, nicht geachtet wird, dass die Kinder sich entsprechend zurückhalten. In diesen Shows kletterten sie aber bisweilen sogar an der Absperrung herum. Wenn irgendetwas passierte, was dann? Außerdem, und auch hier wären die Eltern in der Pflicht gewesen, spielten die Kinder mit den Requisiten und versuchten sogar die gelegentlich erwähnten Ballons mit ihrer brennbaren Gasfüllung während der Show zum Platzen zu bringen. Sicherheit ist kein Spaß und mir fehlt ehrlich gesagt jedes Verständnis für die Erwachsenen, die nicht auf die Kinder achten und darauf, dass diese keinen Blödsinn anstellen.
Fazit
Diese Shows waren mit weitem Abstand die schwächsten, die ich je von der Truppe gesehen habe, selbst im Vergleich mit jener, die mich seinerzeit aus Frustration in das Rezension-Schreiben trieb. Dieses Gesamtkunstwerk verdient den Namen Rittershow nicht, zumindest nicht, wenn man an eine solche mehr Anspruch hat, als eine Zusammenstückelung von Reitkunst-Stilelementen zu sehen. Eine stimmige Geschichte suchte man vergebens. Das ist umso trauriger, als die Gruppe schon diverse Male bewiesen hat, dass sie schließlich nicht nur reiterlich einiges an Kompetenz aufzuweisen hat, sondern eben auch wunderschön stimmige Geschichten drumherum erzählen kann, die sich zusammen zu einem absoluten Highlight an Rittershow amalgamieren. Diese Shows waren allerdings eher ein Lowlight.
Es muss natürlich von vornherein die Frage gestellt werden, was genau der Anspruch beziehungsweise der Fokus ist. Wenn der Hauptfokus auf der Reitkunst und den Stunts liegt, ist das sicherlich an sich keine schlechte Sache. Allerdings, wenn man diese durch eine Geschichte verknüpft und in eine Rahmenhandlung einbaut, dann darf die Rahmenhandlung diesem Fokus nicht entgegenwirken, wie es hier leider zu oft der Fall war. Wenn man als Publikum so sehr damit beschäftigt ist, die Handlung oder die Charaktere, zu sortieren, dass man sich nicht mehr wirklich auf die Reiter konzentrieren kann, sind deren Fähigkeiten oder Darbietung schlicht verschwendet. Wenn die Rahmenhandlung nur unterstützen soll, dann muss sie das aber eben auch leisten und dass das wunderbar funktionieren kann, hat man bereits in verschiedenen anderen Shows sehen können. Eine gute Show bindet die Zuschauenden aktiv ein, weckt Gefühle und Parteilichkeit für die Charaktere, auf die diese klassische Gut-Böse-Aufteilung klar abzielt und nimmt das Publikum mit auf eine Reise, bei der es im Idealfall dem Ausgang gebannt entgegenfiebert. Dieses Zusammenspiel ist es eben, was bei diesen reiterlichen Aspekten erst ihr Gewicht und ihre Bedeutung so richtig zur Geltung bringen würde.
Ich habe noch bei keiner Show erlebt, dass es so viel Häme seitens des Publikums gegeben hätte, was mich vermuten lässt, dass ich mit dieser Meinung nicht ganz alleine dastehe.
Man mag meinem Text an vielen Stellen meine Frustration angemerkt haben, und sollte ich darob zu hart geurteilt haben, so möchte man es mir bitte nachsehen. Es ist doch eben genau weil ich um die theoretisch mögliche Qualität weiß, dass mich diese Shows so verdrossen haben.
Darüber hinaus vermisste man außerdem die Abschiedsvorstellung des scheidenden Michael Cornély. Sein Weggang reißt eine große Lücke in die Truppe, schließlich fällt ihnen damit einer ihrer besten und vielseitigsten Schauspieler weg. Diese Lücke zu füllen, wird sicherlich eine der wichtigsten kommenden Aufgaben sein, denen sie sich zu stellen haben werden. Dass in diesen Shows von den verbleibenden beiden, meiner Meinung nach, vielseitigsten Schauspieler*innen eine nur als Dekoration und der andere nur als Persevant eingesetzt wurden, hilft dann auch nicht weiter. Es würde sich durchaus lohnen, hier mehr auf die individuellen Fähigkeiten der Mitglieder einzugehen. Daher bitte ich ergebenst darum: Macht es nächstes Jahr wieder so gut, wie man es von euch kennt.
Autor:Felicitas Zoch aus Gelsenkirchen |
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