„Der Kasper und die Prinzessin sind ein Liebespaar!“ - Bei der offenen Probe der Theatergruppe „Spätblüte“ zeigten die noch rüstigen Damen ihr Können
Letzte Anweisungen von Regisseur, die die etwas verunsicherten älteren Damen hinter der Bühne etwas beruhigen, und dann kann es losgehen, auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Allerdings musste bei der offenen Probe der Mitglieder der „Spätblüte“, die seit mehr als zwanzig Jahren bestehende Seniorengruppe der Kulturwerkstatt, noch nichts perfekt laufen, schließlich wollte man einfach mal Theaterliebhaber an dem Entstehungsprozess eines Stückes teilhaben lassen.
„Wir haben uns absichtlich gegen eine Show-Probe entschieden, bei der das Stück schon fast aufführungsreif ist, wir üben hier absolut authentisch“, erklärt Leiter der Kulturwerkstatt und Coach der Gruppe, Andreas Kind. Geprobt wurde hier zwei Stunden lang emsig für die Figurentheatertage Ende September, bei denen die acht aktiven Damen mit einer kurzen Inszenierung auftreten werden. Die „Historie des Puppenspiels“ sollen sie dem Zuschauer in einem Dialog mit dem Publikum näher bringen – allerdings ohne großen Erfolg. Über die Wichtigkeit der Figuren und ihre Konstellationen geraten die Damen direkt in Streitereien, fallen sich gegenseitig ins Wort und gehen sogar aufeinander los – alles im Sinne der Kunst natürlich. Und wer wusste schon, dass der Kaspar und die Prinzessin eine Liaison pflegen oder dass der Räuber die eigentlich wichtigste Figur beim Puppentheater ist? Ein lustiger Wortwechsel also statt langweiligem Geschichtsunterricht. Doch damit nicht genug: Untermalt wird die Streitszenerie von drei weiteren Mitwirkenden, die zum Text passende Figuren oder Wörterschnipsel hochhalten und so das Publikum ein ums andere Mal zum Lachen bringen. Ähnlich wird auch in einer anderen Szene verfahren, in der eine Schauspielerin ein Gedicht von Ringelnatz vorträgt: Die thematisierte Liebesbeziehung zwischen Nagel, Häkchen und Schraube stellen die erstaunlich agilen Rentnerinnen mit vollem Körpereinsatz nach. Etwas provisorisch erscheint alles noch, so ohne Kostüme und Bühnenbild, aber so ist es halt beim Theater. Da gehören Texthänger, Umbaupausen und Lachanfälle ebenso dazu wie das ständige Unterbrechen und Wiederholen einer Szene.
„Entstanden ist die Idee zu dem Stück aus einer Streit-Improvisation, die wir vor einiger Zeit in der Gruppe ausprobiert haben. Das hat so gut geklappt, dass wir die Spielübung mit dem Thema der Puppentage kombiniert haben. Durch die vielen Streitereien erfährt der Zuschauer am Ende eigentlich nichts über das Puppentheater, aber das ist ja auch gerade der Witz an der Sache“, erklärt Kind. Viel Zeit zum Proben blieb den Laienschauspielerinnen allerdings nicht: Kind konzipierte im August den Text, nach den Sommerferien gab es die erste Lese- und Stellprobe und Ende September wird bereits aufgeführt. „Ich bin aber sehr optimistisch, die Proben laufen gut und bisher hat es immer mit so wenig Proben geklappt!“, zeigt Kind sich zufrieden mit seiner Truppe.
Von den acht Damen sind bereits drei von Beginn an dabei und die Älteste wird bald sogar 93! Davon merkt man allerdings nichts mehr, wenn die Mitglieder der Spätblüte mit Körpereinsatz, Spaß und Herz an ihrem Stück proben.
Autor:Alessa Wendland aus Bottrop |
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