Gütetermin: KiK vs. Unbequemer Betriebsrat – KiK-Anwalt gibt Seminare "In Zukunft ohne Betriebsrat" oder "Kündigungsgründe kreativ gestalten"

Neben über 100 KiK-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigten sich auch Vertreter von Attac, der Linkspartei, der SDAJ und natürlich der Gewerkschaft Verdi solidarisch mit dem verfolgten Betriebsratsmitglied Andreas Piezocha. | Foto: Carsten Klink, Dortmund
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  • Neben über 100 KiK-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigten sich auch Vertreter von Attac, der Linkspartei, der SDAJ und natürlich der Gewerkschaft Verdi solidarisch mit dem verfolgten Betriebsratsmitglied Andreas Piezocha.
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Vor dem Dortmunder Arbeitsgericht unterstützten über 100 teilweise angereiste KiK-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren durch den Textildiscounter "zum Abschuss vorgesehenen" engagierten Betriebsrat Andreas Piezocha bei einem Gütetermin. Nicht alle Unterstützer fanden Einlass ins Gerichtsgebäude. Trotzdem war die Stimmung kämpferisch-optimistisch, man wollte offensichtlich seinen Betriebsrat nicht alleine lassen.

Andreas Piezocha soll aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden, da er der Zeitung "betrieb&gewerkschaft", einer Gewerkschaftszeitung der Partei DIE LINKE, ein kritisches Interview zu einem Streik bei KiK gegeben hatte. Mit derselben Begründung wird auch seine Kündigung betrieben. Der Arbeitgeber wirft Piezocha nun falsche Tatsachenbehauptungen und beleidigende Äußerungen gegenüber der Geschäftsführung vor. Auch sei er mehrfach zu spät zur Arbeit erschienen.

Gewerkschaftsmitglieder versechsfacht - 14 Abmahnungen

Die Sache kann man aber auch anders sehen: Seit Piezochas Wahl zum Betriebsrat vor über einem Jahr hatte sich die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder rund versechsfacht. Innerhalb dieser Zeit soll er 14 Abmahnungen bekommen haben. In den vier Jahren davor allerdings keine einzige.

Des Weiteren hatte Piezocha wohl vermutet, die Geschäftsführung habe die Kanzlei Dr. Schreiner und Partner aus Attendorn beauftragt, massiv gegen die Streikenden vorzugehen. Piezocha beruft sich hier auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung.

"Kündigungsgründe kreativ gestalten"

Wer sich näher mit dieser Kanzlei befasst, kann schon den Eindruck gewinnen, dass diese nicht gerade zur Förderung des besseren Verständnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern beauftragt wird. Während des Gütetermins lockte der besonnene Piezocha-Anwalt Wolfgang Schulze-Allen den KIK-Anwalt Dr. Dirk Schreiner mit dem Hinweis auf die von diesem angebotenen Seminare wie "In Zukunft ohne Betriebsrat" oder "Kündigungsgründe kreativ gestalten" aus der Reserve. Anfangs noch ganz souverän, verlor Dr. Schreiner für einen Augenblick die Contenance. Dr. Schreiners Gegenrede wurde immer schneller, er begann sich mit dem zahlreichen Verwenden von „JAs“ selber zuzustimmen und bat Anwalt Schulze-Allen im Zweifel auf den Flur, um dies zu klären.

Grotesk mutete auch der Auftritt von Burkhard Schültken, Geschäftsführer der KIK Logistik GmbH, an. Schwer empört verbat er sich als cholerisch bezeichnet zu werden. Burkhard Schültken legte dabei allerdings einen so zackigen Ton an den Tag, dass man als Außenstehender nicht gerade den Eindruck gewinnen konnte, dass er ein ausgeglichener Mensch sei. Rechtsanwalt Schulze-Allen bemerkte, dass er selten eine Geschäftsführung erlebt habe, die in so rüder, apodiktischer und aufbrausender Form mit den Argumenten des Betriebsrates umgehe. Schließlich seien Äußerungen von Mitarbeitern und Betriebsräten auch immer im gesamten Umfeld der Auseinandersetzungen zu sehen. Und derer gibt es offenbar bei KiK reichlich.

Gestritten wurde auch um eine angebliche Behauptung Piezochas, in denen er einen Teil der Löhne bei KiK um banale 100 Euro zu niedrig angegeben habe. Hier wirft ihm die Geschäftsführung nun vor, vorsätzlich eine falsche Tatsachenbehauptung vorgenommen zu haben. Dabei erklärte Piezocha lediglich die Lohnhöhen genannt zu habe, die ihm von anderen Arbeitern als die ihrigen mitgeteilt wurden.

Keine Tariflöhne bei KiK

Im Vorfeld des Gütetermins zeigten sich schon der Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE, Bernd Riexinger, sowie die wohl zukünftige Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dr. Sahra Wagenknecht, solidarisch mit dem Betriebsrat Andreas Piezocha und forderten öffentlich, dass Andreas Piezocha Betriebsrat bleiben müsse. In einer vor der Gerichtsverhandlung verteilten Resolution erklärten beide: "Dies ist aber nur der jüngste Höhepunkt des Kampfes, den KiK gegen die eigenen Beschäftigten führt. So sei etwa die Weigerung von KiK, Tariflöhne zu bezahlen, ebenso abenteuerlich, wie die Vorenthaltung elementarer Mitbestimmungsrechte.

Wie wir erfahren haben, wehrt sich der aktuelle Betriebsrat gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi gegen diese Politik. Offenbar ist die Beschäftigungsvertretung der KiK-Geschäftsführung daher ein Dorn im Auge. So geht der Konzern mittels einer Anwaltskanzlei, die sich auf den Kampf gegen Gewerkschaftsrechte spezialisiert hat, gegen den missliebigen Betriebsrat vor. Für diese reicht scheinbar das Interview in einer linken Zeitung als Kündigungsgrund."

Der finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN, Carsten Klink (DIE LINKE), der auch Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt Dortmund ist, nahm als Prozessbeobachter an der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht teil und schließt sich ausdrücklich der Erklärung von Bernd Riexinger und Dr. Sahra Wagenknecht an. "Dass der KIK-Advokat Dr. Schreiner Seminare mit Titeln wie "In Zukunft ohne Betriebsrat" oder "Kündigungsgründe kreativ gestalten" anbietet, sagt wohl alles", empört sich Ratsmitglied Klink. In diesen Zusammenhang seien wohl auch die Vorwürfe gegen Piezocha einzuordnen, bewertet Carsten Klink die Fakten.

Weitergehende Informationen über den KiK-Advokaten Dr. Dirk Schreiner finden Sie hier auf der Internetseite von arbeitsunrecht.de.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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