Archäologen graben an der A44
Schon in der Antike ein Transitgebiet

Bevor die Baumaschinen anrollen, sichten die Archäologen das Areal. | Foto: Autobahn Westfalen/Anton Kurenbach
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  • Bevor die Baumaschinen anrollen, sichten die Archäologen das Areal.
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Derzeit türmen sich Erdmassen neben der Raststätte am Haarstrang im Süden der A44. Aber noch wird der Rastplatz nicht von der Autobahn Westfalen neu gebaut. Archäologen sind hier am Werk – und sie sind auch bereits fündig geworden.

„Sowas haben wir hier in der Region sonst noch nicht gefunden!“ Zufrieden hält Archäologe Phillip Robinson eine Tonscherbe mit kleinen Wellenmustern hoch. Im Hintergrund rauschen die Lkw vorbei, hier an der Rastanlage Haarstrang-Süd im Süden der A44. Robinson steht zwischen Bergen aus Erde, zwischen tiefen Gruben im Lehm und fast könnte man meinen, der für 2022 geplante Ausbau des Rastplatzes durch die Autobahn Westfalen habe bereits begonnen.

Reste einer Siedlung aus der vorrömischen Eisenzeit wurden gefunden. | Foto: Autobahn Westfalen/Anton Kurenbach
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Tatsächlich aber sind hier Archäologen im Auftrag der Autobahn Westfalen und unter fachlicher Begleitung durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Werk, die eine alte Hofstätte ausgraben. Wie alt? „Zwischen der vorrömischen Eisenzeit und der frühen Kaiserzeit“, schätzt Dr. Eva Cichy, wissenschaftliche Referentin beim LWL. Oder, für Laien ausgedrückt: „Etwa zwischen 800 vor bis 200 nach Christus“. Heute will die Autobahn Westfalen hier den Rastplatz von 24 auf 96 LKW-Stellplätze ausbauen, damals war der Bau bescheidener: Maximal 30 Personen haben hier gelebt.

Viel geblieben ist davon nicht, zumindest nicht für das ungeschulte Auge. „Hier sieht man eine Verfärbung. Da hat mal ein tragender Pfosten gestanden, der ist natürlich längst nicht mehr vorhanden“, erklärt Archäologe Robinson. „Der schwarze Ton ist Asche – möglicherweise hat der Pfosten sogar gebrannt.“

Sorgfältig wird das Fundgebiet vermessen und kartiert. | Foto: Autobahn Westfalen/Anton Kurenbach
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Das Expertenteam hofft, hier im Südwesten des Rastplatzes noch weitere Spuren zu finden, ein möglichst genaues Bild vom Leben vor 2000 Jahren zu zeichnen. Es ist Zentimeterarbeit mit der Kelle, die geleistet werden muss, um ja keine Funde zu zerstören. Aber wie kommt man überhaupt darauf, an so einer Stelle zu graben? „Die Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie wird als Träger öffentlicher Belange über alle Baumaßnahmen im Regierungsbezirk Arnsberg informiert, natürlich auch von der Autobahn Westfalen“, erklärt Cichy. „Dann gleichen wir ab: Hat es dort bereits Funde gegeben? War der Standort für eine Ansiedlung günstig?“

Bevor die großen Maschinen kommen, werden die Erdschichten vorsichtig untersucht. | Foto: Autobahn Westfalen/Anton Kurenbach
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Schon in der Antike ein Transitgebiet

Hier an der A44 kommen gleich mehrere Dinge zusammen. Der Boden ist fruchtbar. Einst floss hier ein Bach, der Frischwasser bot. Zudem wurden bereits Scherben auf der nördlichen Seite der Autobahn gefunden. Und das Gehöft stand nahe am Hellweg, einer antiken Handelsroute, deren Ursprünge möglicherweise sogar in der Steinzeit liegen. So wie heute die A44 verband der Hellweg schon damals Ost und West, machte Westfalen zum Transitland, das es heute noch ist. „Wir haben bei Erwitte einen Eber aus dem Ostalpenraum gefunden, bei Kamen einen Dolch aus Hallstadt in Österreich“, zählt Cichy einige der weitgereisten Funde auf. Im Hintergrund biegt ein Lkw aus Osteuropa auf den Rastplatz ein.

Von solch weiten Reisen konnten die Menschen auf dem Hof nur träumen. Ihre Keramik war hausgemacht, selbstgebrannt, nicht auf Anhieb einzuordnen. Für die Archäologen ein schwieriges Puzzle, Funde aus anderen Regionen würden die Datierung einfacher machen. Sie haben aber bereits weitere Wochen eingeplant, um die Grabungen fortzuführen. Möglich macht das der Gesetzgeber: Wer in Nordrhein-Westfalen baut, ist grundsätzlich verpflichtet, die Dokumentation archäologischer Stätten im Baugebiet zu finanzieren. „Veranlasserprinzip“ ist das Schlüsselwort im Denkmalschutzgesetz NRW. „Mit der Autobahn Westfalen hat die Kommunikation super funktioniert“, freut sich Cichy. Früh wurden die Ausgrabungsarbeiten organisiert, so dass die Archäologen in Ruhe graben können. „Der hohe Wert von Ausgrabungen ist uns natürlich bewusst und wir tun alles, um sie im Rahmen unserer vielen Bauprojekte zu ermöglichen“, sagt Melanie Nölke, Geschäftsbereichsleiterin für den Bereich Bau bei der Autobahn in Bochum.

Die Archäologen kämmen das Areal systematisch durch. | Foto: Autobahn Westfalen/Anton Kurenbach
  • Die Archäologen kämmen das Areal systematisch durch.
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Wenn in einigen Wochen die Funde gesichert sind und die Positionen der Bauten kartiert wurden, wird die Fläche wieder in die Hand der Autobahn zurückgehen, die dann im nächsten Jahr mit dem Ausbau der Raststätte beginnt. Für die Archäologen warten bereits neue Aufgaben: Beim Ausbau der B1 zur A40 in Dortmund, an der A43 zwischen Bochum und Herne und auch beim Neubau der A445 bei Werl sind schon mögliche Fundstellen identifiziert worden. Die Autobahn Westfalen und der LWL planen dort bereits die Zusammenarbeit. Und auch beim zukünftigen Ausbau der A44 wird es wieder Arbeit geben, erklärt Archäologe Robinson, während er die Tonscherbe in den Fundbehälter zurücklegt: „Diese Autobahn ist und bleibt ein archäologischer Hotspot.“

Autor:

Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr

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