Über den Balkan: Juliana Lux aus Wattenscheid besucht Sozialer-Tag-Projekte
Seit Juli 2016 engagiert sich Juliana Lux als Freiwilligendienstleistende in der Hilfsorganisation "Schüler Helfen Leben" und organisiert dort gemeinsam mit sieben Kollegen den Sozialen Tag. Nun reiste sie über den Balkan, um sich selbst ein Bild von der Projektarbeit vor Ort zu machen.
Mit dem Sozialen Tag haben bundesweit Schüler die Möglichkeit, einen Tag für den guten Zweck arbeiten zu gehen, statt die Schulbank zu drücken. Die Erlöse dieser Arbeit spenden die Teilnehmenden dann an den Verein "Schüler Helfen Leben", um damit Jugend- und Bildungsprojekte in Südosteuropa, Syrien und Jordanien zu unterstützen. Jährlich kommen so etwa 1,5 Millionen Euro zusammen.
Um sich umfassend über die Verwendung der Spendengelder zu informieren und die Projekte erstmals mit eigenen Augen zu sehen, unternahm das gesamte Freiwilligenteam jetzt eine Rundreise über den Balkan. Im Interview mit dem Stadtspiegel berichtet die Wattenscheiderin Juliana Lux über ihre Erfahrungen vor Ort und gibt Tipps für Schüler, die ebenfalls an einem Freiwilligendienst interessiert sind.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich als Freiwilligendienstleistende zu engagieren?
Juliana Lux: Nach dem Abitur wollte ich nicht direkt studieren, sondern erstmal ein Jahr Pause vom Lernen machen. Schon ziemlich früh habe ich mich dann mit FSJ-Möglichkeiten auseinandergesetzt, die Idee, sich sozial zu engagieren, hat mir gut gefallen. Als ich dann eine Mail von Schüler Helfen Leben e.V. bekommen habe, war klar, dass ich mich bewerben werde.
Der Balkan ist nicht ungefährlich. Wie haben Sie sich auf die Reise vorbereitet ?
Juliana Lux: Dass der Balkan gefährlich ist, ist meiner Meinung nach eher eine Stereotype, die noch aus den 90ern im Kopf ist und die durch die Nachrichten in den vergangen zwei Jahren wieder aufgebauscht wurde. Wir haben uns auf der Projektreise größtenteils in Großstädten aufgehalten, die leider oftmals viel zu sehr an europäische Standards (große Malls, auf alt gemachte Statuen und Gebäude) angepasst wurden.
Sie hatten die Möglichkeit, sich verschiedene Hilfsprojekte aus nächster Nähe anzuschauen. Welche Erlebnisse waren vor Ort besonders beeindruckend?
Juliana Lux: Beeindruckend war unser Besuch bei "Nadez", einem Projekt in dem Viertel "Shutka" in Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens. Nadez war eines der Projekte, in dem wir die meiste Zeit verbracht haben. Unser Team hatte die Möglichkeit, mit den Kindern aus der Roma-Community, die in dem Projekt betreut werden, zu spielen und zu basteln. Die Offenheit, mit der einem die Kinder begegnet sind, war toll.
Noch beeindruckender war aber ein kleiner Spaziergang durch das Viertel, durch das uns einer der Mitarbeiter in dem Projekt geführt hat. Wenn man die Häuser, teilweise waren es Hütten, mit den großen Statuen in der Innenstadt vergleicht, ist es schwierig zu verstehen, wie es zu einer solchen Situation gekommen ist und wie augenscheinlich wenig passiert, um das zu ändern. Auf der einen Seite wird die Stadt aufpoliert, aber die Bewohner einiger Viertel leben unter schlechten hygienischen Bedingungen.
Wie sieht Ihr weiteres Engagement in Bezug auf den Freiwilligendienst aus?
Juliana Lux: Ganz grob gesagt: Im Oktober starten unsere ersten "ST-Mobil-Touren", das heißt, von jetzt an werde ich zusammen mit meinen Kollegen Kjell und Nikola durch Deutschland touren und an Schulen oder auch auf Messen und Kongressen Vorträge und Workshops halten.
Außerdem werden wir verschiedene Seminare halten, in denen wir zum Beispiel Jugendliche dazu ausbilden, Vorträge zu halten. Andere Workshops klären über unsere Projektregionen auf.
Und zum Schluss: Sie sind gebürtige Wattenscheiderin. Welche Empfehlungen würden Sie Schülern aus Ihrem Stadtteil mit auf den Weg geben, die sich ebenfalls im Freiwilligendienst engagieren möchten?
Juliana Lux: Go for it! Die ersten drei Monate meines Freiwilligendienstes haben mir schon so viel gebracht. Schwer vorstellbar, was in den nächsten zehn Monaten noch kommt. Jede oder jeder, die oder der die Möglichkeit hat, einen Freiwilligendienst zu absolvieren, sollte es machen. Man sammelt viele Erfahrungen, ob im Team oder mit den Menschen, die die Arbeit berührt.
Weitere Informationen rund um den Freiwilligendienst gibt es hier.
Das Projekt "Nadez"
- Viele Roma in Mazedoniens Hauptstadt Skopje leben in Slums. Mit Straßensozialarbeit hilft der Verein "Schüler Helfen Leben" dabei, eine bessere Zukunft zu schaffen. Dieses Projekt wurde durch den Sozialen Tag 2005 angestoßen und wird nun mit Geldern von weiteren Sozialen Tagen fortgeführt - und ausgeweitet.
- Die Mehrheit der Roma-Bevölkerung in Mazedonien ist arbeitslos und lebt unterhalb der Armutsgrenze. Viele Familien können ihren Kindern trotz bestehender Schulpflicht den Besuch der achtjährigen Grundschule nicht ermöglichen. Ohne den Abschluss der Grundschule hat man in Mazedonien jedoch kein Recht auf staatliche Unterstützung wie Sozialhilfe und Krankenversicherung. Dies ist für viele Roma ein großes Problem. Denn bei einer Arbeitslosigkeit von bis zu 90 Prozent (in dieser Bevölkerungsgruppe) ist die Sozialhilfe oft die einzige Einnahmequelle.
- Das Projekt verschafft Kindern und Jugendlichen aus extrem benachteiligten Familien Zugang zur Grundschulausbildung. Dadurch bekommen sie bessere Chancen, ihr Leben zu meistern und einen Job zu finden. Darüber hinaus hat ein Stipendienprogramm (2005-2009) zwölf Roma-Jugendlichen den Abschluss einer weiterführenden Schule ermöglicht. Das Projekt "Nadez"
Autor:Lauke Baston aus Wattenscheid |
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