Es ging darum, nochmals Lebensfreude zu vermitteln…
Sie tapezieren, streichen an, prüfen und erneuern die Elektrik, sie begleiten, packen Kisten, organisieren Renovierungsmaterialien, sie tragen Kartons und Möbel beim Umzug, sie helfen spontan, sie hören zu, immer wieder. Kurz: Sie sind ganz und gar, ohne Wenn und Aber, für andere da – ohne die Freiwilligen des Team Westfalens kämen ganze Lebensabschnitte von Menschen in Not auch vor Ort wie in Wattenscheid zum Erliegen. Das freiwillige und spontane Engagement für die, unschuldig in Not geratene, dreiköpfige Familie Odebrett hat vor kurzer Zeit bewiesen, dass es Menschen gibt, die für andere einstehen und helfen, wenn es die Situation erfordert, ohne nach dem „Warum“ zu fragen.
Vor wenigen Wochen erreichte das Rote Kreuz in Wattenscheid ein dringender Hilferuf. Die Schwester einer im Team Westfalen engagierten Mitarbeiterin, bekam in einer Gelsenkirchener Klinik mitgeteilt, dass sie im Rahmen ihrer stationären Krebsbehandlung austherapiert sei und man nichts mehr zu ihrer Genesung beitragen könne. Sie solle sich in Palliativbehandlung begeben, hieß es in der Ansprache der Ärzte. Die Betroffene selbst, aber auch Ehemann Torsten und Sohn Max waren wie vor den Kopf gestoßen und wussten mit dieser tragischen Situation nicht umzugehen.
Ein letzter Wunsch
Eine weitere Behandlung in der Klinik konnte nicht erfolgen, die heimische Wohnung in der 3. Etage eines Mehrfamilienhauses ohne Aufzug, war für Tina Odebrett aufgrund der schon vorhandenen körperlichen Einschränkungen und des allgemeinen Zustandes nicht mehr nutzbar. Die traumatisierte Familie war in dieser Situation vollkommen überfordert. Sabine Brandsmöller, Schwester der Erkrankten, und im Team Westfalen engagiert, fasste sich ein Herz und bat beim Roten Kreuz um Hilfe. Es musste schnellstmöglich eine neue Wohnung hergerichtet werden, um Tina noch einige, letzte Wochen und Monate im Kreise der Familie zu ermöglichen. Ein letzter Wunsch, der durch vielfältiges und freiwilliges Engagement erfüllt werden konnte.
Renovierung und Umzug in aller Kürze mit Freiwilligen organisiert
Der DRK-Kreisverband Wattenscheid und das Team Westfalen riefen zur Mithilfe bei der, mehr als eiligen, Wohnungsrenovierung im neuen Heim von Familie Odebrett im benachbarten Gelsenkirchen auf. Dort konnte eine Wohnung im Erdgeschoss mit passender Ausstattung für, die mittlerweile stark eingeschränkte, Tina gefunden werden. Neben der Pflege von Ehefrau und Mutter konnten die Angehörigen eine Renovierung selbst nicht realisieren.
Schon einen Tag nach dem Aufruf via Facebook kamen Rückmeldungen zahlreicher Freiwilliger. Viele folgten dem Hilferuf und kamen dabei nicht nur aus Wattenscheid, sondern auch aus Bochum, Gladbeck und Witten. Auch Helfer aus dem Kreise der Flüchtlinge, die Sabine Brandsmöller zuvor in der Flüchtlingshilfe betreute, meldeten sich für die anstehenden Arbeiten. Innerhalb von zwei Tagen konnte mit vielen helfenden Händen die neue Wohnung komplett renoviert und einzugsbereit hergerichtet werden. Bereits eine Woche später folgten weitere Freiwillige dem Aufruf und halfen bei den anstehenden Umzugsarbeiten. Ein starkes Team aus Rotkreuzlern, Engagierten des Team Westfalens und der Familie erledigte innerhalb eines Tages den kompletten Umzug von Wattenscheid nach Gelsenkirchen.
Die Frage nach dem "Warum helft Ihr so uneigennützig?"
Auf die Frage von Torsten und Max Odebrett an die vielen Freiwilligen: „Warum macht ihr das eigentlich, völlig umsonst?“, kam fast immer dieselbe Antwort: „Weil uns das Freude macht, weil das unser Leben bereichert!“ Etwas zurückgeben an das Leben, das es doch mit einem selbst recht gut gemeint hat. Sich nicht wohlgefällig einnisten im eigenen bequemen Nest und den anderen nicht nur im Vorbeigehen flüchtig erkennen, sondern im Gespräch, im Helfen, von Angesicht zu Angesicht, zur Seite stehen. Wohl auch: Über den Tellerrand des eigenen, begrenzten Lebensumfeldes schauen, andere Lebensentwürfe kennenlernen. Ein Unfall oder eine Krankheit, wie leicht kann sich alles ändern? Das Sterben eines kranken Menschen kann man sicher nicht beschönigen: Aber in der Zeit davor geht es eben nicht allein um den Tod, sondern auch um Lebensfreude und die Vermittlung von Zuversicht. Dies haben die Engagierten mit ihrem Einsatz in Wattenscheid eindrucksvoll bewiesen.
Einige Zeit konnten Tina, Thorsten und Max Odebrett in der neuen Wohnung noch gemeinsam verleben, bevor Tina auf ihre letzte Reise ging. Doch neben Momenten der Trauer erlebte die Familie durch die Unterstützung vieler, teils fremder, Menschen auch noch Augenblicke des Glücks. Umzugshelfer Sven Sliewinske: „Es war anstrengend, aber es geht mir persönlich besser, wenn es anderen besser geht! Auch wenn es bei Tina nur noch wenige Wochen waren, die ganze Arbeit hat sich in jedem Fall gelohnt.“ Hilfe von Angesicht zu Angesicht, ohne zu fragen „Warum?“. Viele der Helferinnen und Helfer wollen dem Team Westfalen auch zukünftig erhalten bleiben und sich in Notlagen für Mitmenschen engagieren.
Projekt "Team Westfalen" funktioniert im Notfall
„Dies ist der Beweis dafür, dass unsere oftmals oberflächliche und desinteressierte Gesellschaft doch noch funktioniert. Wenn man um Hilfe ruft, dann stehen die Menschen zusammen und engagieren sich auch für ihre Mitmenschen“, bewertet Christian Lange, Mitglied der AG Team Westfalen und in Wattenscheid ehrenamtlich im DRK-Kreisverband engagiert, das tolle Engagement der vielen Freiwilligen. „Unser gemeinsames Projekt funktioniert also und zeigt, was mit Menschlichkeit geht!“
Bei Interesse an einem Mitwirken im Team Westfalen (freie Mitarbeit) des Roten Kreuzes kann man in der DRK-Kreisgeschäftsstelle an der Voedestraße 53 oder unter Rufnummer 02327-87017 bei Markus Eisenhuth weitere Informationen erhalten.
Autor:Christian Lange aus Wattenscheid |
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