20. Karfreitags-Kreuzweg des Bistums auf die Halde Haniel
Beim traditionellen Karfreitags-Kreuzweg auf die Halde Haniel in Bottrop, den auch viele Katholiken aus Bochum und Wattenscheid immer wieder besuchen, hat Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck die verschiedenen Formen des Menschenhandels angeprangert. „Auch in unserer Ruhrregion gibt es sie in Netzwerken von ungerechten Arbeitsbedingungen, in Netzwerken von Prostitution, in Netzwerken von Jugendlichen wie Alten, die zum Betteln gezwungen werden, in Netzwerken von mafiösen und perversen Verbrechensstrukturen“, sagte Overbeck in seiner Predigt am Ende des Kreuzwegs. Der Menschenhandel sei „eine der größten Lasten unserer Tage“, so Overbeck.
Zum 20. Mal waren in diesem Jahr Christen aus dem gesamten Ruhrgebiet der gemeinsamen Einladung von Kirche und Bergwerksbetreiber RAG gefolgt, um bei kühlem aber trockenen Frühlingswetter betend und singend den außergewöhnlichen Kreuzweg zu gehen, der Motive des Leidenswegs Jesu künstlerisch mit Elementen aus dem Bergbau verbindet. Bergwerksdirektor Wolfram Zilligen erinnerte zu Beginn des Kreuzwegs an den im Februar verstorbenen Altbischof Dr. Hubert Luthe, dem die Einrichtung des Kreuzwegs in der Nachbarschaft des Bergwerks Anfang der 1990er Jahre und die erste Kreuzweg-Andacht am Karfreitag 1995 ein persönliches Anliegen gewesen seien. „Seine Verbundenheit mit dem Bergbau hat er immer wieder unter Beweis gestellt“, würdigte Zilligen den Verstorbenen. „Kumpel-Bischof“ hätten die Bergleute immer wieder liebevoll zu Luthe gesagt. „Wir werden sein Andenken in Ehren halten“, versprach Zilligen. Dass der von Luthe eröffnete Kreuzweg auch der aktuellen Leitung des Ruhrbistums ein Anliegen ist, belegte nicht nur die Anwesenheit Overbecks, sondern auch der Weihbischof Ludger Schepers und seine emeritierten Amtsbrüder Franz Vorrath und Franz Grave. Neben Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) nahm von Seiten des Bergbaus auch Ludwig Ladzinski, Mitglied im Vorstand der Gewerkschaft IGBCE und im Kuratorium der RAG-Stiftung, am Kreuzweg teil.
Bischof Overbeck stellte in seiner Predigt die drei Kreuzweg-Stationen in den Mittelpunkt, die beschreiben, wie Jesus auf dem Weg von seiner Verurteilung bis zur Kreuzigung unter der Last des Kreuzes zusammenbricht. „Dieser dreimalige Fall Jesu wird immer verstanden als ein Hinweis darauf, was Jesus für uns Menschen tut. Er ist solidarisch mit den Kreuzen, die wir Menschen zu tragen haben“, sagte Overbeck. „Dieses Zusammenbrechen und am Boden Liegen hat mit Ehrlosigkeit zu tun.“ Es sei ein „auf die Knie gezwungen Werden“ und zugleich „die Erfahrung von Verlachtsein, von Kopfschütteln, von Reduktion des Menschen auf das aller Notwendigste.“ Wie die Kreuzweg-Stationen selbst bezog auch Overbeck das biblische Geschehen auf den Alltag im Ruhrgebiet: Wie das Kreuz Jesu, belaste an Rhein und Ruhr die Arbeitslosigkeit viele, vor allem auch junge Leute, „denen auf diese Weise die Chancen für eine würdevolle Gestaltung ihres Lebensweges fast von Anfang an genommen wird“, prangerte der Ruhrbischof an. Diese Menschen erführen „etwas existenziell Verletzendes und Prägendes, nämlich die Botschaft: ,Du wirst nicht gebraucht‘“. Overbeck forderte von Politik und Wirtschaft Rahmenbedingungen, „die helfen, Jugendlichen Arbeitsplätze zu schaffen und neben einem entsprechenden Maß an Bildung Chancen für ein würdevolles Leben zu eröffnen“. Er betonte aber auch die Aufforderung „an uns Christen und die Kirche“, sich „in unserer Gesellschaft mit Kraft für ethische Maßstäbe einzusetzen und Zeugnis zu geben von Gott, der sich der Armen annimmt“. Konkret forderte der Bischof: „Jede Wirtschafts- und Sozialpolitik muss sich so strukturieren, dass sie sowohl die Würde jedes Menschen als auch das Gemeinwohl zugleich ernst nimmt und so einer Ethik entspricht, die in globaler Weise weltweite Solidarität und eine gerechtere Verteilung aller Güter verwirklichen will und die es sich niemals nehmen lässt, von der Würde der Schwachen zu sprechen, sei es auch Vielen in der öffentlichen Meinung noch so lästig.“
Ruhrbischof Overbeck und Bergwerksdirektor Zilligen betonten beide die eindrucksvolle Tradition, zu der der Halden-Kreuzweg mittlerweile für so viele Menschen im Ruhrgebiet geworden sei. Die Halde sei zu einem „Wallfahrtsort“ geworden, der nicht nur am Karfreitag die Gläubigen anziehe: „Immer wieder sind hier Menschen anzutreffen, die beten, die den Kreuzweg gehen und ihn anschauen“, sagte Overbeck – und dankte den Freiwilligen, die sich in der „Yellow Ranger“-Gruppe zusammengeschlossen haben und nun ehrenamtlich das ganze Jahr über um den Kreuzweg kümmern werden
Autor:Holger Crell aus Wattenscheid |
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