SGW: Noch einmal davon gekommen

Im abgelaufenen Jahr gab es so manche Bauchlandung für die SGW - sowohl auf dem Rasen als auch hinter den Kulissen. FOTO: Peter Mohr
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Ein Rückblick auf das turbulente Jahr der SG Wattenscheid 09

Halten wir uns eher an den Simmel-Bestseller „Hurra, wir leben noch“ oder an Thornton Wilders Theaterstück „Wir sind noch einmal davon gekommen“? Für den Rückblick auf das Fußballjahr 2014 der SG Wattenscheid 09 könnte beides als Motto zutreffen.

Es war ein ständiges Auf und Ab, es krachte vor und hinter den Kulissen, im Mai war der Regionalliga-Klassenerhalt mit viel Zittern unter Dach und Fach. Und so turbulent wie die letzte Saison endete, ging es in der neuen Spielzeit weiter. Entspannung ist nicht in Sicht - weder sportlich noch finanziell. Die SGW überwintert auf einem Abstiegsplatz.

Nach der Winterpause folgte zum Jahresbeginn 2014 gleich ein gewaltiges Stimmungstief an der Lohrheide. Den Niederlagen gegen Schlusslicht Velbert und Schalkes U23 folgte die Ankündigung von Trainer André Pawlak, den Verein im Sommer - unabhängig vom Ausgang der Saison - verlassen zu wollen.
Es war dies keine allzu große Überraschung mehr, da es seit Ende November 2013 hinter den Kulissen gekriselt hatte und die Chemie im Vorstand und zwischen Vorstandschef Christoph Jacob und Trainer André Pawlak offenkundig nicht mehr stimmte. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe und der Stimmungsumschwung unter den Fans ließ für den Rest der Saison schlimmes befürchten. Dem überraschenden Heimsieg gegen den späteren Aufsteiger Fortuna Köln folgte am Karnevalswochenende eine bittere Pleite in Verl. Später war bekannt geworden, dass sich die Spieler in einer Art „Streik“ befanden, weil keine Gehälter gezahlt worden waren.

Rücktritte von Oliveri und Ostermann
Es rumorte kräftig an der Lohrheide. Vorstandsmitglied Mano Oliveri und der sportliche Leiter Marco Ostermann erklärten ihren Rücktritt, nach dem Heimspiel gegen die Sportfreunde Siegen kam es zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen Vorstandschef Christoph Jacob und der Mannschaft. Das Tischtuch war zerschnitten, das anschließende öffentliche Treffen zwischen Jacob und den Fans auf der alten Tribüne wurde nicht zu einer Aussprache genutzt, sondern es geriet zur peinlichen Farce.
Das öffentliche Ansehen des Vereins nahm erheblichen Schaden. Mit Negativschlagzeilen hatte es der Verein in die überregionalen Gazetten geschafft.

Komplettes Team ausgetauscht
Nach einer Zitterpartie zum Ende der Saison schaffte die Elf um Kapitän David Zajas zwar den Klassenerhalt, doch schon vor der letzten Partie stand fest, dass nicht nur Coach André Pawlak, sondern auch die (fast) komplette Mannschaft die Lohrheide verlässt. Das kam einem emotionalen Erdrutsch gleich.

Lediglich Zweitkeeper Benjamin Carpentier und Fatlum Zaskoku gingen mit in die zweite Regionalligaspielzeit unter dem neuen Coach Christoph Klöpper, den Vorstandschef Jacob gegen den Willen der Fans installiert hatte und mit dem er den neuen Kader zusammenstellte. Alles sollte anders, vor allem besser und preiswerter werden.
Die Vorbereitung lief besser als vermutet, und auch die spielerischen Darbietungen in den ersten Partien gegen Alemannia Aachen, VfL U23 und RW Oberhausen waren mehr als respektabel, wenn gleich nach den ersten drei Partien nur zwei Zähler auf der Habenseite standen.
Schon früh zeichnete sich ab, dass der Kader der neuen Saison über größere individuelle Klasse verfügt als das Team der Vorsaison. Doch ebenso rasch wurde deutlich, dass sich aus zahlreichen, durchaus hoch veranlagten „Individualkünstlern“ (z.B. Schwadorf, Kaplan, Taskin) nur schwer eine Mannschaft mit fußballerischen Grundtugenden formen lässt. Hinzu kamen gravierende Disziplinprobleme auf und neben dem Rasen sowie eine Reihe Spiele, in denen Punkte durch individuelle Patzer verloren gingen (Kray, Schalke)

Suspendierungen nach Pokal-KO in Wiemelhausen
Es knallte richtig nach der peinlichen Westfalenpokal-Vorstellung bei Concordia Wiemelhausen. Nach dem KO beim Bezirksligisten wurden Güngör Kaya, der sich dort seine zweite rote Karte eingehandelt hatte, und Fatmir Ferati suspendiert.
Zeitgleich wurde der Kader mit den erfahrenen Akteuren Lucas Oppermann und Mario Klinger verstärkt, die zur sportlichen Stabilisierung beitrugen, aber auch die Kasse zusätzlich belasteten.
Auch nach den drei Siegen in Siegen, in Uerdingen und gegen Schlusslicht Hennef kam an der Lohrheide keine Ruhe auf. Die Fans hatten dem Verein in dramatischer Form den Rücken gekehrt, die neue Mannschaft spielte fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur einmal spürte man von den Rängen etwas Unterstützung - und zwar beim Heimsieg gegen die Sportfreunde Lotte. Danach folgten noch die beiden Niederlagen in Wiedenbrück und in Aachen und der damit verbundene Sturz auf einen Abstiegsplatz.

Stühle rücken und Drohungen
Zwischendurch war über finanzielle Probleme bei der SGW offen und hinter vorgehaltener Hand spekuliert worden, Aufsichtsratsmitglied Reinhard Mokanski drohte darauf öffentlich mit juristischen Schritten gegen all diejenigen, die solche Behauptungen verbreiten, der Vorstand war inzwischen durch einen Kölner Anwalt namens Abdullah Emili komplettiert worden, und zum Abschluss des turbulenten Jahres musste Trainer Christoph Klöpper seinen Hut nehmen. Die SG Wattenscheid 09 war auch im zweiten Halbjahr wieder für allerlei Schlagzeilen gut - leider waren diese nur ganz selten positiver Natur.

Zahlen
Nachfolgend eine Übersicht der eingesetzten Spieler - in Klammern die Anzahl der absolvierten Partien und die erzielten Treffer:
Sascha Tobor (18/1),
Adrian Schneider (18/1),
Tim Boss (18/-),
Jules Schwadorf (17/4),
Burak Kaplan (17/2),
Ridvan Avci (16/2),
Felix Clever (15/2),
Eren Taskin (14/3),
Stefan Grummel und Nino Saka (14/-),
Necirwan Mohammad und Fatlum Zaskoku (12/-),
Felix Stahmer (10/2),
Lucas Oppermann und Collin Schmitt (10/-),
Mario Klinger (8/1),
Benjamin Jacobs (8/-),
Güngör Kaya (6/-),
Fatmir Ferati und Demir Tumbul (3/-),
Ivan Benkovic und Maurice Haar (1/-)

Autor:

Peter Mohr aus Wattenscheid

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