Corona/Umwelt und Natur
"Wo bleiben denn nur die Urlauber? Keine Pommes, kein Kuchen, kein Eis, immer nur Fisch - bäääh!"
Das könnten die Gedanken einer Möwe zu den momentanen Reisebeschränkungen sein. Im Gegensatz zu den existentiellen Bedrohungen der Gewerbetreibenden in den Urlaubsorten an der Küste natürlich von absolut marginaler Bedeutung.
Ostern steht vor der Tür und das wäre für die Möwen der Startschuss zur Völlerei.
Denn in mehr oder weniger drastischer, teils an Alfred Hitchkocks Klassiker "Die Vögel" erinnernder Manier wird häufig über Möwen (zumeist Silbermöwen) berichtet, die an den Nord- und Ostseestränden oder auf der Promenade "auflauern", um selbst Kindern ihre Portion Pommes oder gar die Eiswaffel aus der Hand zu rauben.
Tatsache ist: Möwen sind hartnäckig und frech, wenn sie es erst einmal gelernt haben, dass Menschen Fressbares bereithalten. In der Folge der vielfach verbreiteten Praxis, Möwen zur allgemeinen Unterhaltung und aus Freude an ihren Flugkünsten Brot und andere Essensreste zuzuwerfen, lernen diese, gelegentlich etwas nachzuhelfen, wenn aus Sicht der Möwen das Futter nicht schnell genug gereicht wird. Wer sich als Möwe beim Füttern zudem das Brot direkt aus der Hand des Menschen holt, ist im Vorteil gegenüber derjenigen, die geduldig darauf wartet, dann aber leer ausgeht. Die Schwierigkeit besteht für Möwen nun schlicht darin, für sich zu erkennen, wann der Mensch für sie Futter bereithält, und wann er das Eis doch lieber selbst behalten möchte …
In jedem Fall trachten die Möwen nicht danach, den vermeintlichen oder tatsächlichen Futterspender zu verletzen, wenn sie sich ihm auf geringe Distanz nähern. Sie haben es nur auf das Futter abgesehen. Daher sind Verletzungen von Menschen äußerst selten und kommen vor allem dann vor, wenn im Eifer des Gefechtes ein Finger im Wege ist. Zudem lernen Möwen sehr schnell, dass sich in Tüten, Mülleimern oder auf nicht abgedeckten Tischen vielerlei Nahrungsreste befinden können – „Möwe“ muss halt nur neugierig sein!
Die gelegentlich aufkommende Forderung nach Abschuss der Tiere geht völlig ins Leere: Im Sommer ist ein Töten von Möwen, die brüten könnten, generell verboten. Im Winter sind zahlreiche andere, teils von weit her zugewanderte Möwen bei uns zu Gast, die diese unliebsame Verhaltensweise kaum zeigen.
Gegen diese Art des Nahrungserwerbs hilft nur ein konsequentes Verbot der Fütterung, das die Tiere dazu zwingt, sich wieder anderen Nahrungsquellen zuzuwenden. Vom Mundraub allein kann eine Möwe nicht lange leben.
Fehlende Urlauber bedeutet also gesündere Ernährung! Ob es in Zukunft dabei bleiben wird, ist allerdings kaum anzunehmen!
Wichtig ist, dass die Gewerbetreibenden unter den momentanen Gegebenheiten nicht zu lange leiden müssen und der Fremdenverkehr, vielleicht auch zunächst unter eingeschränkten Bedingungen, bald wieder anlaufen kann.
Dann lassen wir uns auch wieder ein Eis klauen, auf den Biss in den Finger würden wir allerdings liebend gern verzichten.
Fotos: ©Rainer Bresslein
Quelle: Auszugsweise NABU S-H
Autor:Rainer Bresslein aus Wattenscheid |
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