Kleiner Mann, ganz groß


Zum 80. Geburtstag des Oscar-Preisträgers Dustin Hoffman am 8. August*

„Der Erfolg versaut dich. Es gibt kein Entrinnen: Du wirst unweigerlich korrumpiert. Wenn man einmal vom Ruhm gekostet hat, dann will man immer mehr davon. Wir alle wollen geliebt werden - und dafür zahlen wir einen Preis: Wir beginnen, Kompromisse einzugehen“, hatte der Schauspieler Dustin Hoffman 2013 in einem FAZ-Interview erklärt.

Jener große Darsteller, der seine Anfänge im Rückblick gerne als Bohème-Existenz deutet („das hieß schlicht, dagegen zu sein, deinen Lebensunterhalt auf ehrliche Art zu verdienen) und der dem gängigen Klischee vom Hollywood-Star, vom gutaussehenden, stets lächelnden Liebling der weiblichen Fans tatsächlich nie entsprach. Der kleinwüchsige Sohn eines film- und theaterbegeisterten Möbeldesigners hat seine fehlende Ausstrahlung (oftmals zum Leidwesen seiner Regisseure) mit einem beinahe manischen Drang zur Perfektion kompensiert.
„Er sah aus, als sei er lediglich einen Meter groß und ein vollkommen ernsthafter Mensch, bar jeden Witzes und ziemlich verwahrlost“, so beschrieb Katharine Ross, die in Dustin Hoffmans erstem Kinofilm „Die Reifeprüfung (1967) mitwirkte, den zweimaligen Oscar-Gewinner.
Die Schauspielerei ist für Dustin Hoffman kein Rollenspiel, sondern harte Knochenarbeit. Monatelanges, fast detektivisches Beobachten ging seinen besten Rollen voraus - in „Tootsie“ (1982) oder als autistischer Raymond in „Rain Man“ (1988) an der Seite von Tom Cruise.
Wie sich Hoffman unter der Regie von Sydney Pollack in „Tootsie“ vom Schauspieler Dorsey in die zickige Dorothy verwandelt, die so andächtig die Hände über dem falschen Busen faltet - das ist nicht nur herzerfrischend komisch, sondern auch eine grandiose schauspielerische Leistung, die Hoffmans einzigartige Wandlungsfähigkeit eindrucksvoll dokumentierte.
Seinen Vornamen verdankt Dustin Hoffman, der heute* vor 80 Jahren in Los Angeles geboren wurde, dem von seinen Eltern verehrten Stummfilm-Cowboy Dustin Farnum. Eigentlich wollte er Konzertpianist werden, brach aber sein Musikstudium in Santa Monica früh ab und ließ sich von der in seiner Familie grassierenden Filmbegeisterung (sein Vater arbeitete als Ausstatter bei verschiedenen Hollywood-Studios, und sein älterer Bruder stand in einer Nebenrolle schon 1939 vor der Kamera) anstecken.
„Ich begann mit der Schauspielerei, weil ich dabei Mädchen kennenlernen konnte“, gesteht Hoffman im Rückblick auf seine Jahre als Bühnennovize am Pasedena Playhouse. Geblieben aus diesem Anfangsjahren ist die Freundschaft mit Gene Hackman. 47 Jahre nach dieser Begegnung standen Hoffman und Hackman erstmals gemeinsam vor der Kamera - in der John Grisham-Verfilmung „Das Urteil“.
Mit 21 Jahren ging er nach New York und lernte bei Lee Strasberg das Theaterspielen von der Pike auf. Die Affinität zur Bühne ist nie erloschen. Als Hoffman längst ein gefeierter Filmstar war, kehrte er in den 1980er Jahren mit großem Erfolg zum Theater zurück und wurde in Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ in New York (die Rolle des Willy Loman spielte er auch in der Verfilmung von Volker Schlöndorff) und als Shylock im „Kaufmann von Venedig“ in London bejubelt.
Da hatte er bereits den ersten Oscar (zusammen mit Meryl Streep) für das von Robert Benton inszenierte Scheidungsdrama „Kramer gegen Kramer“ (1979) kassiert und in Erfolgsstreifen wie „Asphalt-Cowboy“ (1968), „Little Big Man“ (1970), „Papillon“ (1973), „Lenny“ (1974), „Der Marathon Mann“, „Die Unbestechlichen“ (beide 1976) und „Stunde der Bewährung“ (1978) vor der Kamera gestanden.

Paraderolle in „Rain Man“ 
Nach dem zweiten Oscar für Dustin Hoffmans Paraderolle in „Rain Man“ ging es künstlerisch etwas bergab. Es folgten etliche schwächere Rollen, in denen er schauspielerisch unterfordert war - von Steven Spielbergs „Hook“ (1991) bis zu Luc Bessons „Johanna von Orleans“ (1999). Zuletzt näherte er sich wieder seiner schauspielerischen Bestform - sowohl in „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und Ich“ (2003) an der Seite von Robert de Niro und Barbara Streisand als auch in der Rolle des Parfümiers Giuseppe Baldini in der von Tom Tykwer inszenierten Verfilmung von Patrick Süskinds Roman „Das Parfüm“ (2006) und als dem Alkohol frönender Werbejingle-Komponist Harvey Shine in „Liebe auf den zweiten Blick“ (2008). Ungebrochen ist sein Arbeitseifer. Er steht noch immer in größeren und kleineren Produktionen vor der Kamera – die Tragiokomödie „The Meyerowitz Stories“ feierte im Mai im Rahmen der Filmfestspiele von Cannes ihre Premiere.
Mit vielen großen Regisseuren hat Hoffman zusammen gearbeitet, doch am nachhaltigsten prägte ihn sein „Entdecker“ Mike Nichols, der ihn 1967 - gegen den Willen der Produktionsfirma - für die Rolle des schüchternen College-Absolventen Braddock in „Die Reifeprüfung“ durchsetzte. Nichols erhielt damals einen Oscar und Hoffman die erste Nominierung - der Beginn der eindrucksvollen Karriere eines der ausdrucksstärksten Charakterdarsteller unserer Zeit.

Autor:

Peter Mohr aus Wattenscheid

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