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Dr. Bernd A. Gülker

aus Wattenscheid

3. März 2018, 18:19 Uhr

Der Sturz der rebellierenden Engel

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Viele Bewunderer fand die Skulptur "Der Engel Widerstand" von Alexandra Kapogianni-Beth (3. v. links). Die Arbeit zeichnet sich besonders durch die Kombination unterschiedlicher Materialien aus. Aufgefächert wie blanke Messerschneiden hinterfangen gespreizte Schwingen die kauernde Gestalt. (Foto: Klaus Möller)
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Mit der 86. Ausstellung im Kunst- und Galeriehaus hat der "Bund internationaler Künstler" ein besonderes Wagnis unternommen. Künstlerinnen und Künstler wurden zur Arbeit nach einem historischen Werk aufgerufen. Mit welchen Mitteln und Motiven befassen sich Künstlerinnen und Künstler heute, um dem Thema „Der Höllensturz“ Gestalt zu geben? Die Ergebnisse zum 1562 von Pieter Bruegel d. Ä. gemalten Meisterwerk „Der Sturz der rebellierenden Engel“ sind noch bis zum 05. Mai 2018 im Kunst- und Galeriehaus ausgestellt und können sich sehen lassen. Hier einige Beispiele:

Viele Bewunderer fand die Skulptur "Der Engel Widerstand" von Alexandra Kapogianni-Beth (3. v. links). Die Arbeit zeichnet sich besonders durch die Kombination unterschiedlicher Materialien aus. Aufgefächert wie blanke Messerschneiden hinterfangen gespreizte Schwingen die kauernde Gestalt. (Foto: Klaus Möller)

„Himmel, wo ist Dein Sieg“ fragt Käthe Wissmann und überzieht ihre hochformatige Komposition mit allerlei Symbolen des Todes, denen der im Hintergrund hockende Engel nichts entgegenzusetzen hat. (Foto: Klaus Möller)

Im Rahmen ihrer auch sonst zumeist abstrakten Vorgehensweise arbeitet Kirsten Mawick die Polarisierung von Gut und Böse heraus und bleibt dabei stilistisch wiedererkennbar. (Foto: Klaus Möller)

Ausgewählte Einzelmotive wie Fisch oder Engel durchsetzen die hochformatige Umsetzung von Brigitta Schmitt. (Foto: Klaus Möller)

Symbolbefrachtet und surrealistisch geprägt ist die Arbeit von Martina Mühlen. Dabei steht der Schmetterling als antikes Sinnbild für Wiedergeburt und Unsterblichkeit, in der christlichen Kunst auch ein Symbol der Auferstehung. (Foto: Klaus Möller)

Mit einer Serie von Monotypien dekliniert Cara Lila Bauer diverse Gestaltungsmöglichkeiten des Drachenkampfes. (Foto: Klaus Möller)

Denise Sedlak reduziert ihre Krieger auf die Waffen und die Hände, die diese Waffen führen und spielt en passant auch auf den Geschlechterkampf an. (Foto: Klaus Möller)

Mit seinem Bild "Triumphierende Engelsmacht" verbindet Helmut Ossowski expressionistische Formensprache mit der Bedeutungsperspektive mittelalterlicher Buchmalerei. (Foto: Klaus Möller)

Exotische Wesen werden von Bruegel zitiert und veranlassen Alessandra Schulte zu einer fantasievollen Fisch-Skulptur. (Foto: Klaus Möller)

Tanja Schneider hält uns den Spiegel vor und fragt uns: „Wo siehst Du Dich?“ Und blickt man hinein so haben wir die Wahl zwischen der guten und der finstern Seite, die Tanja Schneider mit allerlei Bildzitaten auf den gemalten goldenen Rahmen dieses Spiegels gesetzt hat.

Augenzwinkernd übersetzt Viola Hentzelt Krankheitskeime in fröhlich-farbige Monsterchen. Eingetopft wie Zimmerpflanzen blühen z. B. Tuberkulose und Tollwut in den schönsten Farben und verlieren ad hoc ihr schädliches Image.

Die Farben Rot und Schwarz dominieren die abstrakten Aufnahmen von Monika Weltin, denen sie eine überaus malerische Anmutung verleiht, wo pastose teigige Oberflächen etwaige Fehltritte nicht verzeihen.

Margit Hübners „Feuerengel“ gefällt sich im sowohl-als-auch und bietet in einem farbigen Lichtkranz, gleich einer Aureole, eine ikonenhafte Ausstrahlung.

Als abstrakte Landschaftskomposition mit kargen Versatzstücken in unwirklichen Farbkontrasten begreift Basrbara Birk die Stimmung des Höllensturzes in ihrer Arbeit "Bruegel-white-washed".

Die greifbaren Verbindungen mit der Neuen Welt beeinflussen in der zweiten Hälfte des 16. Jh. auch die Künstler. Exotische Wesen, wie der Kugelfisch, werden von Bruegel zitiert und veranlassen Barbara Ring zu einer fantasievollen Bildserie von Monsterfischen, die sie auf zwei Ebenen anordnet.

Schemenhafte Figurationen bleiben bei Beatrix Saftigs Acrylmalerei erhalten, die uns den Höllensturz in ihre Bildsprache übersetzt und dabei formal eng am Original bleibt.

Die Dramatik des gefallenen Engels hat Karina Cooper im wahrsten Sinne zugespitzt formuliert. Wehrlos durchbohrt und aufgespießt finden wir ihren „Dark Angel“ wie ein Insekt aus einer Naturaliensammlung dem Betrachter dargeboten.

Verzweifelt sucht der Teufel „Fire and Fury“ von Angelika Brink sich zu erheben, reckt noch einmal eine Faust in die Höhe und ist doch bereits auf Knien der ewigen Verdammnis anheim gefallen. Bewusst gesetzte Fehlstellen geben den Blick auf die Armierung frei und zeugen vom Verfall.

Positive und negative Formen strukturieren den abstrakten Ansatz von Christine Freyer zum Thema des Teufels.

Hoffnungslosigkeit strahlt die kauernde nackte Figur aus, die Elena Schmeken an den Bildrand ihrer großen Collage rückt.

Elke Lambrecht beschreibt die Ausweglosigkeit, in dem sie sich mit ihrem Bild an eine Karte aus dem Tarot anlehnt: Die zehn der Schwerter. Folgt man den Auslegungen für diese Karte so scheint festzustehen: Das einzig Gute an ihr ist, es kann nicht mehr schlimmer kommen.

Vom pastosen Farbauftrag und der Dramatik des Hochformats lebt die Umsetzung des "Höllensturzes" in der Malerei von Ingrid Saalfeld.

Brigitte von der Eltz findet über zahlreiche Studien und Vorarbeiten zu einer dynamischen Interpretation, die im Zusammenspiel aus Farbe und Linie den Raum erschafft.

Hanna Ludwig-Schmidhubers Beitrag zeigt ein undurchdringliches Gewirr verlorener oder weggeworfener Gegenstände, einen Müllberg, der beispielhaft an den achtsameren Umgang mit Natur gemahnt.

Ein rostiger Flügel vor blutigem Hintergrund vermittelt bei Wolfgang Jankowsky symbolhaft den Engelssturz.

So wie sich Bruegel auf die Verlockungen der Neuen Welt bezieht, finden sich bei Petra Nijmann Anspielungen auf die Verlockungen der digitalen Welt unserer Zeit. Smartphone und USB-Kabel übernehmen die Rolle der Monster.

Ilka Breker hat ihren unteren Bildteil in eine Hölle auf Erden verwandelt. Schonungslos zeigt sie dem Betrachter die Fehlleistungen und Sünden des 21. Jahrhunderts, doch über Allem strahlt die Lichtgestalt der Erlösung und die helfende Hand der Nächstenliebe.

Pappreliefs von Ilsebill Eckle verbinden Farbe und Malerei mit plastischen Möglichkeiten.

Wie aus den im 16. Jh. neu entstehenden Kunst- und Wunderkammern, die eine Klassifizierung der „Dinge der Welt“ ermöglichen, mutet die vogelartige Skulptur von Irina Krott-Rykunina an.

Joachim Kappert sucht nach Möglichkeiten, das Gute und das Böse gleichzeitig darzustellen. Dabei erinnert er sich als Fotograf seiner früheren Tätigkeit als Maler und hinterfängt seinen durch Spiegelung entstandenen Engel mit einer gemalten Drachenhaut. Ausgebrannte Bildteile der Fotografie geben den Blick frei auf diese zweite Ebene.

Interessante Ansätze die "Lichtgestalt" mit abstrakten Mitteln umzusetzen bietet die Arbeit von Jutta Brandt-Stracke.

„Vor der Schlacht“ heißt das Bild von Keiko Mathuis, auf dem sie uns den Erzengel Michael inmitten seiner Verbündeten in geordneter Aufstellung zeigt. Und am Himmel haben sich bereits geflügelte Schlachtenbummler eingestellt und blasen zu Angriff.

Original und Reproduktion, Aura und digitale Verfügbarkeit sind einige der Themen, die Thorsten Lehmann mit seiner Arbeit anspricht, die ein Smartphone mit dem Abbild des Bruegelschen Höllensturzes auf dem Display zeigt.

Zum Thema des Drachenkampfes treffen wir auf einentriumphierenden Protagonisten in der Darstellung von Lisa Hummel.

Symbolbefrachtet und surrealistisch geprägt sind die Arbeiten von Marco Albrecht

Ein ins Dunkle gefallene Schattenwesen im Felsgefängnis zeigt eine Fotografie von Matthias Müller.

Melanie Langenbach verbindet den Höllensturz mit der nordischen Mythologie und verlegt den Ort des Geschehens nach Naströnd, dem Leichenstrand Helheims, dem von einigen ein Vorbildcharakter für die christliche Hölle zugesprochen wird.

Für den Kampf zwischen Gut und Böse am Anfang und am Beginn aller Zeiten findet Miriam Scholz in ihrer Installation "Prophezeiung"kratvolle Symbole.

Jürgen Hohmann setzt vor dem Hintergrund des einstürzenden Turms zu Babel die Verführung durch das Böse mit einem Schlangenkuss dramatisch in Szene.

Miriam Scholz "Prophezeiung" (Installation).

Abstrakte Farbwolken verwendet Anitia Wieczorek und legt ein formbeschreibendes Liniennetz über die fabigen Flächen. Kompositorische Grundzüge des Originals im Hinblick auf Massenverteilung und Hell-Dunkel-Kontrast bleiben dabei erhalten.

Als „Planetarisches Ausgesetzsein“ beschreibt Hubert Dieter Odendahl den Zustand seiner beiden Figuren auf instabilem Grund.

Dämonische Düsternis verbreiten die Gestalten in Karen Klingners Acrylbild „Treibgut“.

In freier Übersetzung interpretiert Christian Vorholt die Dramatik des Höllensturz-Originals von Pieter Bruegel.

Marc de Bruijne bezieht sich auf die griechische Mythologie und findet in seiner Darstellung des Sturz des Ikarus ein Sinn- und Mahnbild für den menschlichen Übermut, der als Strafe der Götter für den unverschämten Griff nach der Sonne zu Absturz und Tod führt.

Ausweglos mutet die Arbeit von Martina Lörwald an. „Wenn der letzte Engel geht“ so der Titel, zeigt in kalten Farben das Verschwinden der Lichtgestalt.

Mit erheblichen Verletzungen lässt Frederik Zimmermann seinen Engel „über den wolken“ (Bildtitel) abstürzen.

Auch in Christian Zirkes Höllendarstellung sucht der Betrachter vergeblich nach Trost und Hoffnung in einem düsteren Inferno mit fetischistisch geprägten Akteuren. Erwähnenswert hier ist auch die opulente Gestaltung der Rahmung dieses Sündenpfuhls. (Detail)

Christian Zirke: Detail der Rahmengestaltung

Mit glühendem Leuchten aus dem Inneren brennt Claudia Mölle ihre Motive auf ihre Lichtskulptur "Säule der Erkenntnis".

Frederik Tammen ordnet seine schwarz-weiß Fotografien auf einem Holzkreuz an. Schon die Form der Präsentation beinhaltet eine religiöse Symbolik.

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