Ölige Malocherhände statt Smartphone-Tippen: Gymnasium Voerde richtet eine Oldtimer-AG ein
Von Marc Keiterling
Sind heutige Schüler noch für handwerkliche Aufgaben zu begeistern? Oder fokussieren sich ihre Interessen vor allem auf Smartphone, Playstation und Co.? Am Gymnasium Voerde gibt es auf diese Frage eine für manchen vielleicht überraschende Antwort.
Schulleiter Gerhard Kube ließ den Versuchsballon in seinem Haus am 12. Oktober steigen. In einem Brief an die Eltern wurde eine Oldtimer-AG in Aussicht gestellt, die Restaurierung eines historischen Fahrzeugs als mögliches Ziel genannt. Werden sich genügend Interessenten ab der 6. Klasse finden, die noch Freude am betörenden Geruch des Benzins, öligen Händen und dem Sound eines alten Motors haben? Dies stellte der 59-Jährige zur Diskussion, bevor an der Schule weitere Planungsschritte gemacht würden.
Kube, selbst ein Freund alten Blechs, staunte nicht schlecht über die Resonanz: "Es kamen ruckzuck Rückmeldungen noch und nöcher! An dieser AG wollen sich so viele unserer Schüler beteiligen, ich weiß noch nicht, wie wir das stemmen können." An Personal mangelt es also nicht, aus dem Kollegium wollen zwei Lehrer mitschrauben, auch zwei Väter haben bereits ihr Interesse signalisiert.
Oldtimerwerkstatt in der Schule
Die Grundvoraussetzung der Oldtimer-AG liefert das Schulgebäude. Im Untergeschoss befinden sich über eine Abfahrrampe zu erreichende Räumlichkeiten, in die sich eine Werkstatt einrichten lässt. Das zu bearbeitende Objekt stellt Manfred Postert, Geschäftsführer eines Autohauses in Oberhausen und selbst Oldtimersammler, zur Verfügung. Es handelt sich um ein begehrtes Cabriolet aus dem Hause Mercedes Benz. Der 380 SL aus dem Baujahr 1972 verfügt über einen wohlig klingenden Achtzylinder-Motor. Dieses Exemplar ist ein Re-Import, die USA waren die langjährige Heimat dieses SL. Gut erkennbar ist dies unter anderem an den veränderten Scheinwerfern sowie den mächtigen Stoßstangen, die die strengen US-Vorschriften verlangten. Sicher sicherer, aber optisch für die meisten Betrachter eher ein Graus, weil die weit vorstehenden "Big Bumpers" die filigrane Optik des Benz stark beeinträchtigen. Findet auch Gerhard Kube: "Sieht scheußlich aus. Ich befinde mich bereits mit unserem Sponsor, Herrn Postert, in Verhandlungen, die die Rückrüstung auf die europäische Optik zum Ziel haben."
Dafür bräuchte es die notwendigen Teile. Manfred Postert hat dem Gymnasium Voerde angeboten, sämtliche Ersatzteile zur Restaurierung des Mercedes zu beschaffen und will auch bei der Werkzeug-Beschaffung unterstützend tätig werden.
Der US-Benz steht in Sachen Karosserie noch gut da. "Schweißarbeiten würden - wenn sie notwendig sein sollten - allerdings auch nicht durch die Schüler durchgeführt. Wir wollen den Motor komplett zerlegen, auch die Innenausstattung demontieren und das Fahrzeug dann neu aufbauen", skizziert Kube die geplante Herangehensweise.
Start der AG im zweiten Halbjahr
Mitte November soll der Wagen in Voerde eintreffen, im zweiten Halbjahr dieses Schuljahres soll losgelegt werden. Zwei Stunden in der Woche sind für die AG vorgesehen. "Wenn das Interesse größer sein sollte: Es kann auch beispielsweise am Wochenende geschraubt werden, den Schlüssel rücke ich dann gerne raus", sagt Gerhard Kube. Alles in allem werde es vermutlich ein bis zwei Schuljahre dauern, bis das Cabrio fertiggestellt ist, schätzt der Schulleiter.
Autor:Lokalkompass Dinslaken-Voerde-Hünxe aus Dinslaken |
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