Soziale Sicherheit im Blick der Kreis-SPD
SPD Kreis Wesel diskutierte Grundeinkommen
Der Saal im Strandhaus Ahr in Voerde war gut gefüllt, als die SPD Kreis Wesel vergangenen Freitag zur "Langen Nacht des Grundeinkommens" einlud. Die SPD-Arbeitsgemeinschaften der AfA, AG 60plus und Jusos stellten das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) zur Diskussion.
Diskussionsfreude war groß
Bevor die Lange Nacht ihren Lauf nahm, konnten alle Gäste beim "Grundeinkommenswichteln" am Saal-Eingang ihre Vorstellung über die Höhe eines Grundeinkommens notieren. Anschließend verteilte Doris Beer (AfA Kreisverband Wesel) die Wunschzettel an die Teilnehmer, die schnell miteinander über die Zahlen ins Gespräch kamen. Zwischen 650 Euro und 3500 Euro variierten die Vorstellungen. Es blieb interaktiv bei der "Abstimmung mit den Füßen". Typische Ansichten über das bedingungslose Grundeinkommen wurden vorgestellt und die Gäste stellten sich nah oder weit entfernt hin, um ihre Zustimmung oder Ablehnung auszudrücken.
Als Peter Paic (stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender) und Reiner Schmuck (AfA-Kreisvorsitzender) die rund 60 Gäste um 19 Uhr begrüßten, war die Diskussionsfreude bereits hoch und sollte sich bis zum Ende halten. Eine digitale Grußbotschaft sendete Nadja Lüders, Generalsekretärin der NRW SPD, an die Teilnehmenden.
Soziale Sicherheit und gute Arbeit
Dem folgten "Kognitive Explosionen", die auf unterschiedliche Fragen zu sozialer Sicherheit, guter Arbeit und Gerechtigkeit eingingen. Den ersten Input lieferte der Vorsitzende der AWO Kreis Wesel, Jochen Gottke. Unter dem Thema: „Arbeit, Leben, Grundeinkommen“ skizzierte Jochen Gottke die sozialpolitischen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahrzehnte und ließ seine praktischen Erfahrungen aus der täglichen Arbeit im AWO-Kreisverband einfließen. Sein Plädoyer lautete „sinnvolle Arbeit und gesichertes Einkommen in einem solidarisch gestalteten Lebensraum“.
Reinhard Weichelt, Schul-Sozialpädagoge und SPD-Vorstandsmitglied aus Moers-Rheinkamp, sprach über Kinderarmut. An Hand von Beispielen aus seiner beruflichen Praxis zeigte er anschaulich die Konsequenzen von Kinderarmut auf. Von den Problemen schlug er den Bogen zu möglichen Lösungsansätzen wie Kindergrundsicherung, Grundsicherung oder auskömmlichem Einkommen für die Eltern. In der Diskussionsrunde brachte er seine Überzeugung zum Ausdruck, dass in den meisten Fällen finanzielle Transferleistungen dort ankommen wo sie hingehören – bei den Kindern.
SPD-Modell?
Peter Paic präsentierte vier Gründe, um über ein Grundeinkommen nachzudenken: (1) die hohe Zahl der Menschen (15,5 Mio. in 2017), die in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren, (2) die ungleiche Vermögensverteilung (die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung besaß 2015 nur 2,5% der gesamten Vermögen), (3) die geringen Renten (wer 45 Berufsjahre in die Rente zum Mindestlohn einzahlt, liegt unterhalb der Grundsicherung) und (4) die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Digitalisierung und Automatisierung (vierte industrielle Revolution).
Den letzten Input gab Michael Levedag. Der Sozialdemokrat aus Recklinghausen ist Gründer der "Initiative Bedingungsloses Grundeinkommen Recklinghausen" und argumentierte mit viel Elan für das Grundeinkommen. Neben einer Gegenüberstellung verschiedener Modelle, gab er einen Ausblick für ein zukünftiges sozialdemokratisches Einkommensmodell mit einem substitutiven Ansatz.
Zwischen den Impuls-Vorträgen brannten Zustimmung, Kritik oder Fragen den Gästen unter den Nägeln. Nach ausgiebigen Diskussionen erwarteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die "beste Currywurst am Rhein" im Strandhaus Ahr. Während der wohltuenden Imbiss-Pause bezauberte die junge Sängerin und Gitarristin Ann-Kathrin Scholten, Gewinnerin von "Hünxe - Deine Stimme", die Gäste.
Grundeinkommen oder Reformen
Den Abschluss der Langen Nacht markierte die Podiumsdiskussion, die von der stellvertretenden Juso-Kreisvorsitzenden Nadine Milewski moderiert wurde. Willi Trippe (Vorsitzender der AG60plus Kreis Wesel), Michael Levedag (Initiator BGE Recklinghausen), Norbert Meesters (SPD Wesel) und Benedikt Lechtenberg (Vorsitzender der Jusos Kreis Wesel) diskutierten abschließend über Stärken und Schwächen der Grundeinkommens-Modelle, die Bedeutung von guter Arbeit und die Rolle der Gewerkschaften. In der Debatte zwischen Benedikt Lechtenberg, Willi Trippe, Michael Levedag und Norbert Meesters spitzte sich die zentrale Frage der Veranstaltung zu: soll die SPD für ein Grundeinkommen einstehen oder lieber die sozialen Systeme sicherer und gerechter machen. Über diese Frage konnten zum Abschluss der Veranstaltung alle Teilnehmenden mittels eines Klebepunktes auf einer Stellwand entscheiden.
"Wir brauchen die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen. Für die Zukunft des Sozialstaats, die Zukunft guter Arbeit und die Herausforderungen des digitalen Wandels brauchen wir sozial gerechte Antworten für die Menschen in unserem Land. Die lange Nacht des Grundeinkommens hat gezeigt, dass diese (soziale) Frage die Menschen stark bewegt. Ich freue mich, dass wir als SPD Kreisverband zusammen mit den Arbeitsgemeinschaften einen Rahmen für diese Diskussionen geben konnten. Wir werden das Thema auch im Jahr 2019 fortführen", erklärt Peter Paic, bevor er gegen 0:30 den verblieben Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen guten Weg durch die Nacht wünschte.
Autor:Benedikt Lechtenberg aus Hünxe | |
Webseite von Benedikt Lechtenberg |
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