Quentin Tarantino trifft Bullyparade in Neviges
Gestern Abend gab es bei Monsieur M im Café am Brunnen in Neviges eine literarische Lesung der besonderen Art. Harry Michael Liedtke aus Gladbeck las aus seinem Kurzgeschichtenband „Begräbnis auf dem Mond – und andere abgründige Begebenheiten“. Für die musikalische Untermalung sorgte die Sängerin Teneja mit ihrer Gitarre.
Die Lesung sollte 18:30 Uhr beginnen. Das kleine Café ist auch zum bersten voll und alle warten gespannt. Denn vom Autor fehlt jede Spur. Die Verlegerin Manuela Klumpjan – Inhaberin des Edition Paashaas Verlages Hattingen – ist dann auch reichlich nervös und versucht über Handy ihren Autor zu erreichen. Doch wenn man sich auf diese technischen Wunderwerke mal verlassen muss, ist man verlassen. Denn der Autor ist nicht zu erreichen und seine Nummer? Mm, irgendwie kennt die auch niemand. Stau auf der Autobahn? Hat das Navi versagt?
Doch endlich, 18:40 Uhr wird die Tür aufgestoßen. Ein Mann mit dunkler Baseballkappe erscheint mit einem Ordner unter dem Arm und verkündet heiter: „Ich bin der Autor!“
Puh. Allgemeine Erleichterung. Jetzt kann´s losgehen. Zuerst gibt Teneja etwas von ihrer Gesangskunst zum Besten. Ich bin immer wieder erstaunt, dass es Menschen mit zwei Stimmen gibt. Teneja ist so ein Mensch. Mit weiblich freundlicher Stimme stellt sie sich vor. Doch dann greift sie in die Saiten und plötzlich suchen alle Gäste das Mikro mit Verstärker. Aber es gibt keins. Es ist ihre eigene unglaublich starke Gesangsstimme, die uns einen Schauer über den Rücken jagt.
Zwischen diesen fantastische Musikeinlagen liest natürlich Autor Harry Michael Liedtke aus seinem Buch. Gestenreich und theatralisch entführt er uns in seine satirischen Geschichten.
Mal nimmt uns Poseidon mit auf den Grund des Meeres und rächt sich bei uns Menschen für die Verschmutzung der Ozeane durch die Überflutung Hollands. In einer anderen Geschichte wird die keifende Ehefrau mit Poststrips mumifiziert. Eine Vogelspinne verrät chemische Formeln und ein Wissenschaftler wird zum Mord an seiner Putzfrau getrieben. Besonders tarantinomäßig ist dann noch die verwesende Leiche auf dem Rücksitz eines Autos mit Ziel Mojave-Wüste.
Der Autor ist sehr flexibel: er liest, philosophiert über seinen Hang zu Adjektiven und Anglorismen und muss mehrmals an sein Handy gehen, um wichtige Termine abzustimmen. Zwischendurch werden dann noch Gäste begrüßt, die dem Autor irgendwie bekannt vor kamen, z.B. aus facebook? Dies sorgt natürlich für zusätzliche Lacher beim Publikum.
Bei dem Wechsel zwischen Lachtränen, Gänsehauteffekt und mitweilen auch Ekel, wissen wir Zuhörer nicht immer, ob wir uns in der Bullyparade oder einem Filmrailer zu einem Tarantinostreifen befinden. Beste Unterhaltung und ein wirklich gelungener Abend. Da soll mal einer sagen: In Neviges werden 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt!
Autor:Jacqueline Montemurri aus Velbert-Neviges |
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