Die Deilthalbahn: Die vergessene erste Eisenbahn Deutschlands
Beinahe wäre sie die erste Eisenbahn Deutschlands geworden: die Deilthalbahn von Hinsbeck (heute Essen-Kupferdreh) nach Velbert-Nierenhof. Der Industriepionier Friedrich Harkort erkannte schon früh die Bedeutung einer Transportmöglichkeit von Kohle aus dem Revier ins Bergische Land. Er sah sich deshalb in England die ersten Bahnprojekte an und gründete 1828 die erste deutsche Eisenbahngesellschaft zum Bau der „Deilthaler Eisenbahn“. Weil es für den Dampfbetrieb keine Konzession gab, kamen Pferde zum Einsatz.
Diese Pferdebahn hatte bereits die Bezeichnung „Eisenbahn“, weil sie mit eisernen Rädern auf eisernen Schienen fuhr. Die Spurbreite betrug zunächst nur 820 Millimeter. Prinz Wilhelm, ein Bruder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., konnte die Bahn am 20. September 1831 eröffnen. Der Prinz und seine Familie befuhren an diesem Tag die Eisenbahn in einem mit Teppichen ausgeschlagenen Kohlenwagen. Fortan durfte sie den Namen „Prinz-Wilhelm-Bahn“ tragen.
Da ihr jedoch der Dampfbetrieb verweigert blieb, läutete erst 1835 die Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth das Eisenbahnzeitalter in Deutschland ein. Bis 1844 wurde die Prinz-Wilhelm-Eisenbahn als Pferdebahn zum Kohletransport betrieben. Bereits nach einjähriger Betriebsdauer wurden aber auch Fahrgäste befördert, insbesondere auf der Rückfahrt von Nierenhof nach Hinsbeck; denn für diese Fahrten war kein Frachtaufkommen vorhanden. Schon von 1833 an standen einige Personenwagen „des Vergnügens wegen“ zur Verfügung.
Verlängerung mit „Kopf machen“ in Neviges
Da der Betrieb der Bahn gewinnbringend verlief, beschloss die Gesellschaft 1840, die Bahn zu erweitern. Am 29. Juni 1844 erteilte das preußische Finanzministerium die Genehmigung zum Bau einer Verlängerung nach Steele im Norden und Vohwinkel im Süden. Von 1844 bis 1847 wurde die Bahn nun auf normalspurigen Dampfbetrieb umgestellt und von Vohwinkel bis nach Überruhr erweitert. Unter der Bezeichnung „Steele-Vohwinkler Eisenbahn“ ging die 32 Kilometer lange Bahnlinie am 1. Dezember 1847 als dampfbetriebene Eisenbahnstrecke wieder in Betrieb, sie führte nun von Überruhr (südlich der Ruhr, gegenüber von Steele) nach Vohwinkel über Kupferdreh, Langenberg und Neviges.
Zwischen Neviges und Vohwinkel mussten die Züge eine Steigung überwinden, die man zu dieser Zeit nur mit Hilfe einer Spitzkehre bewältigen konnte. An der 1847 gebauten Kopfstation im Siebeneicker Tal mussten die Züge zunächst „Kopf machen“, dieser Zwangshalt wurde aber bereits 1862 durch eine Neutrassierung beseitigt, dennoch trägt die ganze Gegend immer noch die Bezeichnung „Kopfstation“. Die Straße Drehscheibe in Essen-Überruhr erinnert heute noch an den ersten Endbahnhof, südlich der Ruhr in Überruhr gelegen (die Eisenbahnbrücke nach Steele wurde erst 1863 erbaut). Für die Rückfahrt mussten dort die Lokomotiven auf einer Drehscheibe gewendet werden.
Am 13. März 1854 übernahm die „Königliche Direktion der BergischMärkischen Eisenbahn zu Elberfeld“ den Betrieb der Strecke. Mit Vertrag vom 6. Dezember 1862 ging die Prinz-Wilhelm-Eisenbahn-Gesellschaft zum 1. Januar 1863 auch rechtlich in der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft (BME) auf.
Die BME integrierte die Strecke in ihr Streckennetz und verlängerte die Strecke über die Ruhr hinaus bis Steele (heute Essen-Steele-Ost). Aus der Zeit der Preußischen Staatseisenbahnen stammt das heute nicht mehr angefahrene, historische Gebäude des alten Bahnhofs Kupferdreh. Hier startet die Museumseisenbahn „Hespertalbahn“. Seit Ende 2003 fährt auf der Strecke die S 9 von Haltern am See nach Wuppertal. (Auszug aus meinem Buch)
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Autor:Norbert Opfermann aus Düsseldorf |
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