15 Jahre Kampf gegen Armut und Lebensmittelverschwendung
Tafel im Kreis Unna feiert Geburtstag
Eine Dokumentation über die Arbeit der Tafeln in Deutschland brachte Ulrike Trümper und Martina Fuchs vor über 15 Jahren ins Nachdenken. „Lebensmittel abholen und an arme Menschen zu verteilen, dafür waren wir Feuer und Flamme.“ Acht Abholer waren es beim ersten Termin im Juni 2004, beim zweiten schon 42. Heute werden kreisweit rund 6.000 Personen von der Tafel Unna versorgt.
Den ersten Standort, das ehemalige Paul-Gerhardt-Gemeindehaus, nutzte die Tafel fast zehn Jahre. Zunächst mit Privatfahrzeugen holten Martina Fuchs, damals ABM-Kraft bei der LÜSA, und Sozialarbeiterin Ulrike Trümper die Lebensmittel bei Supermärkten. Mit Kartons holten die Bedürftigen sich Gemüse, Obst, Milch- und Backprodukte ab, bekamen immer auch ein Kochrezept in die Hand gedrückt. „Von der Gemütlichkeit mit persönlichen Gesprächen ist es zu purem Stress geworden“, gibt Ulrike Trümper, seit Beginn Vorsitzende, aber zu bedenken. Heute sei es mehr ein „Bedienen anonymer Menschen“.
Lange Warteschlangen bilden sich jede Woche vor den neun Ausgabestellen. Die Nachfrage, für wenige Euro bald fällige Lebensmittel abzuholen, ist unverändert. Die erhöhte Migration brachte der Tafel vor rund vier Jahren neue Probleme. Sprachbarriere und Mentalität forderten die Ehrenamtlichen in den Ausgabestellen heraus. Flüchtlinge bilden heute neben den Menschen in Altersarmut eine Hauptgruppe. Erschreckend sei aber, so Trümper, die steigende Zahl der Menschen mit Behinderungen, die auf die Tafel angewiesen seien. Es gibt einen Aufnahmestopp, der aber auch einen anderen Grund hat.
Weniger Verschwendung
„Der Warenstrom wird dünner“, erkennt Ulrike Trümper. Die aktuelle Diskussion über Verschwendung von Lebensmitteln und Haltbarkeitsdatum schlage sich in geringeren Abholmengen nieder, bei konstanter Zahl der Spender. Für die Zukunft wünscht sich der Verein die Fortsetzung der Beständigkeit, auf die sich Abholer verlassen konnten. Denn das Leitbild "Kein Brot ist zu hart - Hart ist es kein Brot zu haben" habe nicht an Aktualität verloren. Nach Diskussionen um Personal und Räumlichkeiten befinde sich die Tafel in ruhigem Fahrwasser und hofft weiter auf die Spendenbereitschaft der Lebensmittelhändler wie auf die Motivation der freiwilligen Mitarbeiter in den Ausgabestellen. Ohne sie wäre das System „Tafel“ undenkbar. Ulrike Trümper: "Diesen Menschen gehört mein Dank."
Info
Der Verein Tafel im Kreis Unna ist Mitglied des Dachverband mit rund 940 Ausgabestellen und Sitz in Berlin. Etwa 2500 Personen plus deren Angehörige haben Anspruch auf Lebensmittelabholung bei der Tafel im Kreis Unna, die in Bergkamen, Bönen, Fröndenberg, Holzwickede, Lünen, Massen, Selm, Unna und Werne aktiv ist. Transport, Lagerung und die neun Ausgaben werden von 120 Ehrenamtlichen, 35 Hilfskräfte der Programme „Arbeits-Gelegenheit“ und „Soziale Teilhabe“ organisiert. 50 Läden steuert die Tafel regelmäßig an, geschätzt 1000 Tonnen setzte die Tafel in 2018 um. Die Auswahl der Ware erfolgt bereits dort. Von Sponsoren werden sieben Fahrzeuge mit Klimaausstattung finanziert, ebenso die Kühl- und Lagerräume in der Dorotheenstraße. Die Dr.-Jürgen-Gesling-Stiftung Menden erwarb den Standort und finanziert einen Mitarbeiter. Die Tafel Unna unterstützt Bedürftige u.a. mit der Aktion Weihnachtspäckchen.
15 Jahre Tafel Unna Programm
15 Jahre gesellschaftliches Engagement feiert die Tafel im Kreis Unna e.V. am Samstag, 15. Mai, von 10 bis 16 Uhr auf dem Gelände an der Dorotheenstraße 32. Bei einem Tag der offenen Tür erhalten Besucher einen Einblick in die Arbeit der Tafel. Eine Tombola lockt mit interessanten Preisen. Zu einem Flohmarkt, der die Geburtstagsfeier begleitet, sind Anmeldungen erwünscht (Tel. 02303/777639).
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.