Wie gelebte Inklusion funktioniert
Ran an die Tischtennisplatte
Mitglieder des Parkinson Forum e. V., Unna sind jetzt beim TTC Unna Schwarz-Weiß 45/50 e.V. aktiv
Tischtennis bei Parkinson?!
Seit einigen Jahren zeigt sich, dass Parkinson-Patienten deutlich von dieser Sportart profitieren können. Tischtennis fördert die Beweglichkeit und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Das Gleichgewichtsgefühl, die Auge-Hand-Koordination und nicht zuletzt die Körperhaltung verbessern sich. Steifheit und Zittern werden positiv beeinflusst. Erste kleine wissenschaftliche Studien bestätigen dies.
In einer japanischen Untersuchung
erwies sich ein einmal wöchentliches Tischtennis-Übungsprogramm über sechs Monate als wirksam: Bei den zwölf Teilnehmern, die an leichtem bis mittelschwerem Parkinson litten, kam es zu signifikanten Effekten. So verbesserten sich zum Beispiel die Fähigkeiten hinsichtlich Sprache, Handschrift, Aufstehen aus dem Bett, Ankleiden und Gehen.
Eine kleine Pilotstudie aus Schweden
kam ebenfalls zu einem positiven Ergebnis: Bei acht Teilnehmern verbesserte ein zweimal wöchentliches Tischtennistraining über zehn Wochen die Gleichgewichtskontrolle und die körperliche Funktion. Auch die Lebensqualität nahm zu. Die Teilnehmer berichteten, dass das Training Spaß mache und das Wohlbefinden verbessere.
Die erste Begegnung mit Parkinson-Kranken
die durchaus ansehnlich Tischtennis spielten, hatten die Mitglieder des Parkinson Forums bei einem Parkinson-Tag der Universitätskliniken in Münster im vergangenen Herbst. Es präsentierten sich dort Aktive des mittlerweile deutschlandweit wirkenden Vereins PingPongParkinson.
Das, was man sah, überzeugte
Nicht überzeugte jedoch die eigenständige Organisationsform. Man muss das Rad ja nicht neu erfinden, sprich Hallenzeiten in Anspruch nehmen und Equipment neu beschaffen, so die einhellige Meinung im Vorstand der Selbsthilfegruppe.
Ursula Mützner, Mitglied im Vorstand des Parkinson Forums, hatte die Idee, Kontakt zum Tischtennisclub Schwarz- Weiß Unna 45/50 e. V. zu suchen.
Die Idee zündete
Ursula Mützner: „Nach einem ersten Telefongespräch lief fast alles wie von selbst. Seit April 2023 nehmen wir am Tischtennistraining dieses Vereins teil, um erste persönliche Erfahrungen zu sammeln, die wir dann an unsere Mitglieder weitergeben wollen.“
Gespielt wird in der Sporthalle an der Friedrichsbornschule in Unna, die am Dienstag von 17:30 Uhr bis 21:30 Uhr und am Freitag zur gleichen Zeit zur Verfügung steht. Es herrscht ein regelmäßiges Kommen und Gehen.
Pieter Bot, stellvertretender Vorsitzender des Parkinson Forums: „Wir wurden außerordentlich offen und herzlich empfangen und schnell in das Trainingsgeschehen integriert, wobei unser Leistungsstand überhaupt keine Rolle spielte. Absprachen, wer mit wem spielt, werden jeweils schnell getroffen, so unsere bisherige Beobachtung. Tipps und Hinweise zu den Regeln und zur Spieltechnik gibt es quasi nebenbei. Man kann sich übrigens jederzeit für eine persönliche Pause aus dem Training ausklinken. Dabei ergibt sich auch Raum für persönliche Gespräche. Ins Spielgeschehen kommt man anschließend schnell wieder hinein. Man wollte uns natürlich als Mitglieder für den Verein gewinnen, nach einer angemessenen Phase des Hineinschnupperns und des Kennenlernens. Für uns war das ein nachvollziehbares berechtigtes Interesse.“
Die ersten Beitrittserklärungen waren schnell unterschrieben weitere werden folgen.
Jürgen Korvin, Mitglied im Vorstand Parkinson Forum: „Ich habe ein halbes Leben lang intensiven Ausdauersport betrieben. Diese Aktivität fiel leider dem Morbus Parkinson zum Opfer. Jetzt ermöglicht mir Tischtennis Bewegungsabläufe, die im Alltag oft nicht mehr möglich sind. Die Physiotherapie ist zwar für Menschen mit Parkinson eine wichtige Therapiesäule, sorgt aber häufig nicht für Motivation und Freude. Ganz anders sieht das beim Tischtennistraining aus. Am besten macht man beides. Übrigens, auch unser Ehrenvorsitzender Dr. Hans Wille steht mittlerweile regelmäßig an der Tischtennisplatte.“
Rüdiger Skott, Vorsitzender des TTC: „Tischtennis gilt – bezogen auf die Zeit zwischen zwei Ballkontakten – als die schnellste Rückschlagsportart der Welt. Man kann aber Tischtennis trotzdem auf jedem spielerischen Niveau und auch mit den unterschiedlichsten körperlichen Voraussetzungen spielen. So gehört zum Beispiel das Para-Tischtennis zu den ältesten Sportarten der Paralympics. Hier wird sogar im Rollstuhl gespielt.
In der Politik wird viel über Inklusion gesprochen und noch zu wenig getan. Wir als TTC haben uns sehr über das Interesse an unserer Sportart, an unserem Verein und über den unerwarteten Mitgliederzuwachs gefreut und sehr schnell gezeigt, wie gelebte Inklusion funktioniert.“
Jürgen Korvin ergänzt: „Da man Tischtennis bekanntermaßen zu zweit oder zu viert spielt, bietet es sich förmlich an, die gesunde Partnerin bzw. den gesunden Partner einzubeziehen und gemeinsam mit ihm Sport zu treiben. Wenn wir vom gemischten Doppel reden, hat das auch eine zweite Bedeutung.“
Autor:Jürgen Thoms aus Unna |
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