Frauenhaus ist Wegbegleiter in die Normalität
Hilfe zum Leben
Frauen, die in der Hansastraße 38 klingeln, haben Schreckliches erlebt. Im Frauenhaus ist man für sie da. Und das nicht nur im ersten Moment, sondern auch darüber hinaus.
Von Nina Sikora
Verbale Gewalt, Ausgrenzung, Scham, Enteignung, körperliche Gewalt - was manche Frauen durchmachen mussten, die sich an das Frauenforum wenden, ist kaum vorstellbar.
Stehen vor dem Nichts
Meist stehen diese Frauen - häufig sind es Mütter mit ihren Kindern - vor dem Nichts. Ihr gewohntes Umfeld mussten sie verlassen, und da sie oft in völliger Abhängigkeit zu ihrem gewalttätigen Partner gelebt haben, haben sie kein Geld und sind kaum mehr fähig eigene Entscheidungen zu treffen.
Viele Aufgaben
"Die Frauen und die Kinder verlieren sehr viel", weiß Frauenhausleiterin Christina Schulz. "Hier müssen sie auf einmal Entscheidungen treffen und für sich und die Kinder sorgen." Geldsorgen, Sorgerechtsstreits, Wohnungssuche, sozialen Anschluss finden - vieles müssen die Frauen plötzlich bewältigen.
"Second Stage" hilft beim Ausstieg
Damit sie mit all den neuen Aufgaben nicht alleine stehen, die mit dem Bruch mit ihrem alten Umfeld auf sie zukommen, und sie den Schritt in ein eigenständiges Leben schaffen, gibt es seit April 2017 am Frauenhaus des Frauenforums das Projekt "Second Stage".
Eigenständig leben
"Es soll in erster Linie Frauen und ihren Kindern Hilfe bieten", erklärt Christina Schulz. "Seitdem wir das haben, muss ich sagen, dass die Frauen es wirklich geschafft haben eigenständig zu leben." Früher hingegen seien die Frauen "oft in die Gefahr zurückgegangen."
Finanzierung steht bis 2020
Zwei Jahre lang konnte das Frauenhaus mit dem Projekt Erfolge nachweisen, deshalb ist es vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung nun bis Ende 2020 verlängert worden. Projektmitarbeiterin Lara Wegerhoff kann also weiterhin ihrer Arbeit nachgehen. Und wie die aussieht, erklärt die Frauenhausleiterin: "Frau Wegerhoff unterstützt bei der Wohnungssuche, begleitet bei Anträgen oder Gesprächen mit den Vermietern. Es geht um die psychisch-soziale Betreuung in diesen Prozessen."
Vier Frauen neu im Projekt
Aktuell sind es vier Frauen, die neu in das verlängerte Projekt kommen. Neun befinden sich insgesamt in der Einrichtung des Frauenforums. Ziel sei es auch, "den Aufenthalt im Frauenhaus zu verkürzen", erklärt die Leiterin. Sechs bis neun Monate kümmert sich Lara Wegerhoff um die Frauen, doch "danach gibt es keinen harten Cut", sagt sie. Ansprechpartnerin bleibt sie über diesen Zeitraum hinaus.
Unterschiedliche Anforderungen
"Die Anforderungen der Frauen sind sehr unterschiedlich", so die Sozialpädagogin. "Bei manchen bin ich zweimal vier Stunden in der Woche, andere rufen mich nach der Anfangszeit einfach nur mal an, weil sie zum Beispiel eine Telefonnummer brauchen."
Vom türkischen Bergdorf nach Deutschland
Lara Wegerhoff berichtet von einem Fall, wo eine Frau aus einem türkischen Bergdorf nach Deutschland kam und hier von ihrem Partner fünf Jahre lang eingesperrt wurde und häusliche Gewalt erlebt hat. "Die Frau hat mittlerweile eine eigene Wohnung, hat mehrere Sprachkurse besucht, kann Anträge alleine machen und hat ihren Schulabschluss mit lauter Einsern nachgeholt."
Schulz: "Wir werden oft gefragt: 'Wie haltet ihr das aus mit der ganzen Gewalt?'. Es sind solche Frauen, die uns die Kraft geben."
Autor:Nina Sikora aus Essen |
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