Die Wurzeln der Familie

Gesprächs- und Vortragsabende organisieren u.a. Hans-Georg Eich, Margret Rohloff  und Georg Palmüller (v.l.).
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  • Gesprächs- und Vortragsabende organisieren u.a. Hans-Georg Eich, Margret Rohloff und Georg Palmüller (v.l.).
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„Wer ist das denn auf dem Foto“ - Eine Frage steht meistens am Anfang der Ahnenforschung. In Erzählungen verliert sich die Spur des Familienzweigs und das Interesse, mehr über die eigene Herkunft zu erfahren wächst. Hier hilft der Ahnenforscherstammtisch Unna, auch mit modernster Informationstechnik. 

Dokumente aus der Familiengeschichte haben Einsteiger meistens dabei, wenn sie den Stammtisch der Ahnenforscher besuchen. Der entstand vor 17 Jahren aus einer VHS-Gruppe. Gründer Georg Palmüller erinnert sich: „Es kam der Wunsch nach Treffen ausserhalb der Kurse auf, das Interesse war riesig.“ Zunächst trafen sich die Familienforscher im Café „Zur Alten Post“ in Königsborn, der Treff wurde schnell zu klein. Auch das Hotel Heidehof genügte nicht, heute treffen sich die Hobby-Genealogen im Landhaus Massener Heide. Am Anfang waren es rund 30 Teilnehmer und etwa 20 kamen zum ersten Stammtischtreffen. Jetzt begrüßt die Gemeinschaft bei den Gesprächsabenden bis zu 60 Teilnehmer. Mitorganisator Elmar Wichterich: „Es gibt keine Verpflichtung wie in einem Verein.“ Das macht den Stammtisch auch für viele Teilnehmer mit längeren Anfahrtwegen, etwa aus Köln oder Arnsberg, attraktiv.
Lebenslinien
Am Anfang steht bei den meisten die Konzentration auf die eigene Familie. Margret Rohloff: „Wenn das Gebiet erkundet ist, kann man auch anderen helfen.“
Die digitale Vernetzung erlaubt heute eine umfassende Sammlung von Informationen. Als Instrumente bedient sich der der Stammtisch diverser Internetprogramme. Hier werden Basisangaben eingeben, über viele Familien gibt es dann eine gewisse Ordnung mit weiterführenden Angaben. Über die Standesämter lassen sich Lebenslinien bis etwa 1874 verfolgen, im Rheinland noch weiter durch die Besetzung durch Franzosen. Desweiteren sind die Kirchenbücher sehr hilfreich. Sie werden vermehrt online gestellt.
Unlängst kündigte das Bistum Paderborn an, weitere Kirchenbücher im Internet zu veröffentlichen. Über Programme wie Archion oder Matricula online lassen sich Vorfahren finden. Unterlagen der Standesämter oder Kirchenbücher helfen maßgeblich, sog. Ortsfamilienbücher zu erstellen.
Viele Programme
Aber Vorsicht, rät Hobbyforscher Elmar Wichterich: „Es gibt viele Programme, wichtig ist die Auswahl, sonst verliert man sich.“ Wer alle Angaben zur Herkunft seiner Familie beisammen hat, was häufig mehrere Jahre dauert und auch von Zufällen abhängig sein kann, druckt die Übersicht aus. Häufig als kleines Stammbaumbuch, immer öfter aber auch als Banner, auf dem Fotos, Zeichnungen und Text bestens zur Geltung kommen.

Ein „Stammbaumdrucker“ ermöglicht es, größere pdf-Dateien in aussergewöhnlicher Länge herzustellen. Rund 15 Meter misst die Ahnentafel von Hans-Georg Eich. Bis in das 16 Jahrhundert lässt sich Familiengeschichte oft zurück verfolgen. „Was heute nicht im Internet steht ist morgen drin“, so Georg Palmüller.
Seltene Namen haben es leichter. Margret Rohloff: „Ich habe Vorfahren aus Italien, die sind 1700 von den von der Leyens aus Krefeld angeworben worden. Sie hießen Casaretto.“ Da fiel die Suche nicht mehr so schwer. Die Zugezogenen heirateten deutsche Frauen, sind im Raum Krefeld sesshaft geworden. Als Arbeiter für die damals dort florierende Seidenindustrie wurden sie angeworben. Der Name ist bis heute im Rheinland stark vertreten. Und Margret Rohloff kam im Haus der Seidenkultur in Krefeld ins Gespräch mit einem Experten zur Geschichte. Der führte sie zu Ölgemälden ihrer direkten Vorfahren.
Grenzen
Wenn Listen der Standesämter und Kirchenbücher nicht mehr ausreichen, helfen oft Aufzeichnungen der Adelshäuser weiter. Aber trotz moderner Recherchetechniken gibt es Grenzen. Bestimmte Personen sind nur in Urkunden genannt. Geburts- und Sterbedaten sind dann schwer zu erfassen.
Problematisch sind auch Passagierlisten der Auswanderer. „Man musste einen lebenden Verwandten im Herkunftsland und wo man hin wollte benennen.“ Die exakte Linie der Familie führt dann ins Nebulöse. „Es gibt Monate, in denen man nichts findet, dann darf man nicht verzweifeln, rät Elmar Wichterich.
Archion
Wer Ahnenforschung betreiben möchte, wendet sich einem Zweig zu, kommt nicht mehr weiter und widmet sich der anderen Seite der Familie. Große Datenbanken bieten die direkte Namenssuche an und vereinfachen die Arbeit.
Die Ev. Landeskirchen haben eine eigene Plattform gegründet, Auf Archion stellt sie ihre Bücher ein. Hinzu kommen Gebiete wie Ostpreussen, die im Zentralarchiv in Berlin verwaltet werden.
Ganz oft hilft Kommissar Zufall, so bei Elmar Wichterich. Er recherchierte über seine Frau, die Vorfahren stammen aus Nimes in Südfrankreich. Sie wurden vertrieben und landeten in der Schweiz. Ein Zweig blieb dort und gründete eine heute sehr erfolgreichen Medienverlag. Einer der Brüder kam aber aus der Schweiz nach Paderborn. „So schliesst sich der Kreis.“
Deutsch-Amerikanische Familie
Von einer Familiensuche besonderer Art berichtet Georg Palmüller. Er erhielt eine Anfrage aus Milwaukee/USA von einer Dame. Als der Vater starb fragte sie mit einer Schwester ihre 80 Jahre alte Mutter, welchen letzten Wunsch sie habe. Die Mutter äusserte, sie wolle noch einmal nach Bergkamen. Grund: Ihr Vater habe dort im Bergbau gearbeitet, wanderte aus nach Amerika und sie wurde in den USA geboren. Dann suchten sie noch Cousinen oder Cousins im Raum Bergkamen. Palmüller veröffentlichte die Bilder und tatsächlich: Es lebte eine der Cousinen über 40 Jahre als Nachbarin von Palmüller. Die sprachen ihn an, wegen des Stammtischs und wollte schon selbst forschen. Heute besucht sich die transatlantische Familie einmal pro Jahr.
„Die Amerikaner sind sehr neugierig auf ihre europäischen Verwandten“, so Palmüller. Sie sind glücklich, wenn sie Kontakte finden.
Der Stammtisch Unna hat eine internationale Gemeinschaft mitgegründet. „International German Genealogy Partnership“ (IGGP) umfasst heute über 100 Vereine und Stammtische. Die Amerikaner richten ihre Anfragen an die IGGP, dann wird ermittelt, welche Vereinigung in dem Bereich tätig ist. Eine Aufgabe des Stammtisches ist die Herstellung von Kontakten unter den Genealogen.
Blick auf eigenes Leben
Was die Ahnenforschung interessant macht: „Es ist ein Stück von mir selbst, das ich entdecke“, erklärt Margret Rohloff. Wieviele Kinder, welche Krankheiten, in welchem Umfeld haben sie gelebt. Ob von Interesse ist wer woran verstorben ist, muss jeder für sich entscheiden. Talente oder andere Parallelen zur heutigen Familie sind für die Forscher spannend. Viele Teilnehmer haben sich auf Themengebiete spezialisiert. Namensherkunft und – geschichte etwa aus Schlesien und Pommern steht oben an.
Georg Palmüller: „Man bekommt einen anderen Blick auf das eigene Leben. Existenz überhaupt hinzubekommen war eine harte Aufgabe früher, Tag für Tag.“ Er fasst zusammen, dass der Blick auf das eigene Leben sich wandele.
Margret Rohloff: „Viele kamen damals schon aus anderen Ländern.“

Autor:

Stefan Reimet aus Holzwickede

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