Bürgerstiftung Unna blickt auf fast 15 Jahre zurück - Coronazeit neue Herausforderung
Anschub für das Gemeinwohl
Von Bürgern für Bürgern. Auf eine Erfolgsgeschichte blickt die Bürgerstiftung Unna blickt im 14. Jahr ihres Bestehens zurück. Mehr als 570 Stifter engagieren sich heute mit Geldbeträgen in unterschiedlichster Höhe in der Organisation für ein Mehr an bürgerschaftlichem Engagement. Was in der Corona-Krise auch spontane Entscheidungen verlangt.
Die Idee zur Gründung einer Bürgerstiftung entwickelte Werner Overwaul, damals Direktor der Sparkasse Unna. "Aus der Erfahrung, dass mit öffentlichen Mitteln nicht alle förderwürdigen Projekte unterstützt werden können." Im Jahre 2006 rief er gemeinsam mit 195 Bürgern, die sich ehrenamtlich für Hilfen im Sinne des Allgemeinwohls einsetzen, die ihnen besonders am Herzen liegen, die Stiftung ins Leben. Schwimmkurse für Kinder und die Hospizarbeit zählten zu den ersten Aktionen. Der Stiftungsgrundstock bestand anfangs aus 210 Tsd. Euro.
Heute steuert die Stiftung auf die Marke von 600 Mitgliedern zu, plus rund 30 Fonds Unnaer Familien und Firmen. Das Stiftungskapital beträgt rund 7 Mio. Euro. Der Betrag bleibt bestehen, Projekt werden durch den Zinsgewinn aus der Summe sowie Spenden finanziert. In den Anfangsjahren sah die Ertragslage da noch weitaus besser aus, seit Jahren lassen sich aber Zinsen erwirtschaften. Trotzdem schafft es die Bürgerstiftung, Projekte und soziale Angebote zu unterstützen. Etwa die Aktion „Ferien vor der Haustür“ für im Sommer daheim gebliebene Kinder. In Kooperation mit der Jugendkunstschule steht ihnen ein vielfältiges Kreativangebot aus den Bereichen Kunst und Handwerk zur Verfügung. „Das ist ein Projekt, dass wir selbst entwickelt haben“, erklärt Vorstand Simone Melenk. Die Bürgerstiftung legt ihren Fokus auf die Förderschwerpunkte Kinder und Jugendliche, Hilfe für benachteiligte Menschen und Begegnungsmöglichkeiten sowie Umwelt- und Naturschutz.
Soforthilfe
In Notfällen reagiert die Bürgerstiftung spontan. Etwa bei einem Hausbrand in Königsborn, als zur Hilfe der Betroffenen, die Hab und Gut verloren, eine rasches Überbrückungsgeld organisiert wurde.
574 Stifter umfasst die Bürgerstiftung derzeit. Der „Löwenanteil“ des Stiftungskapitals summiert sich aber aus Stiftungsfonds, die von Bürgern und Firmen eingerichtet werden können. 25 Tsd. Euro sind hier mindestens einzubringen. Familienstiftungen umfassen auch ein größeres Kapital. Projekte hieraus werden in Absprache mit den Gebern durchgeführt. „Mit mehreren Fonds können dann auch größere Dinge angeschafft werden“, so Simone Melenk.
Den Erfordernissen der Corona-Zeit begegnet die Bürgerstiftung mit positiven Zeichen. Unter dem Motto „Stark für Andere“ sprang die Bürgerstiftung kürzlich bei der Versorgung von Armut oder sozialer Isolation betroffener Bürger ein. Die Schließung der Tafel-Ausgabestellen bedeutete für viele Bedürftige große Engpässe. Um wenigstens die Grundversorgung zu gewährleisten finanzierte und verteilte sie Lebensmittelgutscheine im Wert von insgesamt fast 20 Tsd. Euro, wobei örtliche Markenlebensmittelmärkte zehn Prozent mitfinanzierten. 600 Einkaufsgutscheine über je 30 Euro konnten so an Bedürftige vermittelt werden, versandt über den Fachbereich Soziales der Stadt Unna.
Bildung, Kultur und besonders der Umweltschutz sind Kernaufgaben der Bürgerstiftung Unna.
Umweltschutz
Wie aktuell die Aktion „Blühwiesen“. Familie Schulte in Westhemmerde setzt Zeichen für die Natur und bietet Feld-Patenschaften an. Die Bürgerstiftung Unna fördert dieses Engagement jetzt mit einer 1000 qm großen eigenen großen Blühfläche. Mohn, Malven und Margeriten und der Bienenfreund Phacelie wachsen dort. Blühwiesen sind nicht nur eine "Augenweide", sie wirken gegen den Rückgang des Insektenbestandes und die "Bestäubungskrise".
Die Bauernfamilie Schulte bietet Patenschaften für "Blühstreifen" an. 50 Euro/ Jahr genügen und eine 100 qm große Fläche wird mit einer Blumenmischung eingesät. Die Fläche wird bis Oktober nicht weiter bewirtschaftet, ein Rückzugsgebiet für Tiere entsteht. Rund 40 Paten haben sich schon gefunden. Sie freuen sich nach der Saison auch über je zwei Gläser Blütenhonig.
Insbesondere in Unnas Osten wurden in der Vergangenheit durch Mittel der Bürgerstiftung auch Teiche saniert, Bäche renaturiert und das Besuchsangebot „Offene Gärten“ organisiert.
Neue Projekte
Über die Verwendung der Gelder legt der Vorstand jährlich Rechenschaft ab. Im „Großen Stifterforum“ wird dann über künftige Projekte beraten. Von Bildungs- und Sportangeboten für Schüler über Flüchtlingshilfe bis zur Anschaffung von Sonderanfertigungen für das Lebenszentrum Königsborn oder Kauf von Gießkannen für Unnaer Friedhöfe reicht die Palette. In Kooperation mit der Sparkasse konnte das Klavierfestival Ruhr in die Hellwegstadt geholt werden. Erstaunlich: Trotz der angespannten Zinssituation gelingt es der Bürgerstiftung weiterhin, viele Anträge und Projekte zu verwirklichen. Wer Unterstützung benötigt sollte detailliert beschreiben warum, wofür und in welchem Umfang sie benötigt wird. Der Vorstand prüft die Anfrage intensiv und gibt eine Rückmeldung. Für Anträge und weitere Informationen rund um die Bürgerstiftung: info@buergerstiftung-unna.de
Wie andere Initiativen auch kämpft die Bürgerstiftung derzeit mit Einschränkungen durch die Corona-Krise. "Telefonkonferenzen, der nächste Rechenschaftsbericht, das alles ist ein Stück schwieriger geworden", weiß Werner Overwaul. Der Initiator und Vorsitzende des Stiftungsvorstands wünscht sich für die Zukunft, dass noch mehr Bürger ihren Sinn für das Gemeinwohl einbringen und bei der Stiftung Mitglied werden. "Die Aufgaben gehen uns in Zukunft gewiss nicht aus."
Info
Unterstützung des Gemeinwohls und benachteiligter Menschen stand im Vordergrund bei Gründung der ersten Bürgerstiftung „Cleveland Foundation“ 1914 in den USA, erst 1996 nahm in Deutschland die eine Bürgerstiftung ihre Tätigkeit auf.
Aktuell gibt es hier 410 Stiftungen, von denen fast 300 im Bündnis Bürgerstiftungen organisiert sind. Das Kapital der rund 30 Tsd. Stiftungsgeber betrug 2019 etwa 423 Mio. Euro, hinzu kommen 17,5 Mio. aus Spenden sowie 17,5 Mio. Euro Fördergelder. Förderschwerpunkte liegen in den Bereichen Bildung und Erziehung sowie Kunst und Kultur, die fast zwei Drittel der Summen ausmachen, gefolgt von Sport und Soziales.
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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