Wo die Sterne herkommen - Zu Besuch auf Europas größter Blumenbörse

Mit erfahrenem Blick prüft Blumenhändler Joachim Lange die Qualität der Weihnachtssterne.
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  • Mit erfahrenem Blick prüft Blumenhändler Joachim Lange die Qualität der Weihnachtssterne.
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Es ist eine andere Welt, wenn man die Welt der Blumenhändler betritt. Dabei kommt fast jede Blume, die wir auf den Wochenmärkten oder den Blumenläden der Region kaufen, von einer der Blumenauktionen in Holland. Doch das FloraHolland-Versteigerungszentrum in Aalsmeer bei Amsterdam ist das größte, hier werden an 13 sogenannten Versteigerungsuhren jährlich mehrere Milliarden einzelner Pflanzen verkauft, rund 20.000 Sorten sind täglich im Angebot. Ein Angebot, das kaum vorstellbar ist. Und schon die räumliche Ausdehnung des Versteigerungszentrums macht uns klar: Hier passiert etwas ganz großes.

Kurz vor 5 Uhr

Es ist kurz vor 5 Uhr morgens als wir, Stadtspiegel-Reporterin Elke Böinghoff und Blumenhändler Joachim Lange, die ersten Gebäude sehen. Eine Fläche, so groß wie 400 Fußballfelder, bebaut mit Lagerhallen an Lagerhallen - das ist der Ort, wo unsere Blütenträume herkommen. Mit dieser Größe ist die FloraHolland Aalsmeer das größte Handelsgebäude der Welt, überholt nur vom Flughafen in Dubai. Doch sind hier irgendwo Blumen zu sehen? Nein, triste Lagerhallen, leere Regalwagen und in der Luft der Geruch von Diesel - so begrüßt uns die Blumenbörse.

"Erstmal Kaffee" sind Joachim Langes erste Worte, als wir unser Auto in einer der Parkboxen in einer der Lagerhallen abgestellt haben. Seit 19 Jahren fährt der Unnaer Blumenhändler mehrmals in der Woche nach Aalsmeer, um für seine Kunden die frischeste Ware zu sichern. Mit dem Kaffee in der Hand bespricht Lange mit einem befreundeten Blumenhändler, der hier in der Blumenbörse ansässig ist, die Bestellungen des Tages. "Für mich allein wären die Bestellungen nicht zu schaffen", erklärt Lange. "Also bestelle ich bei ihm Ware, die er dann für mich mit ersteigert."

Auch Geschmackloses kennt keine Grenzen

Dann geht es weiter, wir steigen um auf bereit stehende Hollandräder und fahren damit durch die riesigen Hallen. "Im Frühjahr sind die Hallen hier alle voll mit Blumen zur Versteigerung, jetzt im Winter ist das Angebot entsprechend geringer", erklärt der gelernte Großhandelskaufmann. Nach einer verwirrenden Fahrt durch Kühl- und Lagerhäuser erreichen wir das Ziel: Joachim Lange will die zur Versteigerung freigegebenen Pflanzen begutachten. Tausende von Regalwagen mit Christrosen, Weihnachtssternen, Orchideen und anderen Pflanzen reihen sich hier aneinander. Auch fertig dekorierte Schalen und Kübel entdecke ich zwischen den Regalreihen. "Manchmal kennt die Geschmacklosigkeit einfach keine Grenze", schmunzelt Jochen Lange, als ich kopfschüttelnd mit Kugeln und Schleifchen dekorierten Bambus betrachte.

Aber die aus Weide geflochtenen Rentiere gefallen uns gut und auch die Christrosen finden das Wohlwollen des 59-jährigen. Und so geht es weiter, inzwischen ist es kurz vor 6 Uhr, in eine der großen Versteigerungssäle. An die Wand werden zwei riesige Versteigerungsuhren projiziert, wie in einem Theater sitzen die Blumenhändler aufgereiht, vor sich Bildschirm und Tastatur. Unter den Uhren werden die mit Blumen gefüllten Regalwagen in den Saal gefahren, gleichzeitig erscheint neben der Uhr ein Bild der Ware. "Dass die Blumen hier noch reingefahren werden, soll bald vorbei sein, dann muss man sich auf seine Erfahrung, die Bewertungen durch den Körmeister und das Foto verlassen", erklärt Lange. Der Körmeister hat die Ware bereits bei der Anlieferung bewertet, die Daten über den Reifezustand, das Gewicht und die Stückzahl pro Container erscheinen als Info ebenfalls neben der Versteigerungsuhr.

Das Klicken der Tastaturen und das Klopfen nervöser Finger

Mit einem weiteren Kaffee bewaffnet nehmen wir in den engen Stuhlreihen Platz. Joachim Lange schiebt seine Chipkarte in den Computer und legt sich die Tastatur zurecht. Und dann geht es auch schon los. Leises Gemurmel schwebt durch den riesigen Saal, man hört das Klicken der Tastaturen und das Klopfen nervöser Finger.

Geboten wird per Knopfdruck, dabei muss der Bieter die Uhren genau im Auge behalten. Denn sowohl die erforderliche Mindestabnahme als auch die "Währung" werden hier angezeigt. Die Währung gibt an, ober der auf der Uhr zu sehende Preis einfach zu werten ist oder zwei- oder sogar fünffach. Angaben, die in Sekundenschnelle wechseln und den tatsächlichen Preis der Ware bestimmen. "Man muss schon Zocker sein", flüstert mir dann auch Jochen Lange zu. Per Knopfdruck bietet der Blumenhändler auf die von ihm ausgesuchte Ware, hin und wieder ist ein leises Schimpfwort zu hören. "Da war jemand anders schneller", murmelt Lange. Ein Sicherheitskauf wird fällig, etwas teurer als er sich vorgenommen hat, dafür bekommt er die Ware aber mit Sicherheit, weil sonst keiner so früh, sprich ein paar Millisekunden eher, drücken würde. Denn: Wer als erstes drückt, bekommt zwar die Ware - zahlt aber auch den höchsten Preis.

Nach einer Stunde ist alles vorbei

Nach einer Stunde ist die Versteigerung vorüber, die insgesamt 13 Uhren in den verschiedenen Versteigerungssälen stehen still. "Im Winter gehen die Versteigerungen schnell, weil auch wenig Ware da ist, im Frühjahr sitzt man schon mal bis mittags hier", erzählt Lange. Während wir uns auf den Weg zurück zum Auto machen, bleiben viele Blumenhändler noch sitzen und arbeiten an ihren Laptops und Netbooks weiter. "Die verkaufen die Ware direkt weiter, auch schon während der Versteigerung", erklärt mir der Unnaer.
Das Blumengeschäft ist ein schnelles und vor allem internationales Geschäft, innerhalb weniger Sekunden werden hier in Aalsmeer Rosen aus Äthiopien nach England verkauft, die Ware wird direkt zum nahegelegenen Flughafen Schiphol gebracht und ausgeflogen oder per LKW quer durch Europa gefahren. So liegen trotz der riesigen Entfernungen oft nur Stunden zwischen dem Ernten der Blumen und dem Verkauf.

Als wir wieder bei dem befreundeten Blumenhändler ankommen, steht ein Teil der von Lange bestellten Ware schon bereit. "Die Blumen werden dann in einen LKW geladen und sind spätestens abends in Unna und am nächsten Morgen im Verkauf", so Lange. Rund 1.200 Euro allein für den Diesel seiner LKW gibt Jochen Lange jeden Monat aus, dazu kommen die Personalkosten, Standmieten, Steuern, Sozialabgaben. Und jedes Jahr 38.000 Euro "Eintrittsgeld", damit Joachim Lange überhaupt in Aalsmeer mitbieten darf. "Damit wird verhindert, dass die kleinen Blumenhändler hier mitmischen und die Preise womöglich kaputt machen", so Lange. Denn kleine Händler kalkulieren meist nicht so knapp wie die Großhändler, sind eher bereit, höhere Preise zu zahlen.

Mir ist jetzt alles egal, es ist kurz nach 8 Uhr und meine innere Uhr total durcheinander. Während mein Magen nach Frühstück ruft, fallen mir die Augen vor Müdigkeit zu. Um kurz nach 11 Uhr sind wir wieder in Unna. Die ersteigerten Pflanzen und Schnittblumen werden gegen Abend ankommen - und mir am folgenden Morgen am Blumenstand wieder begegnen. Und ich? Ich geh' jetzt erstmal ein Mittagsschläfchen machen.

Verlosung

Der Stadtspiegel und Blumen Lange verlosen an unsere Unnaer und Holzwickeder Leser zehn große Weihnachtssterne.

Rufen Sie bis Sonntag (9. Dezember 2012) unsere Gewinnhotline 01379/220091 an (50 Cent aus dem deutschen Festnetz, MIT, Mobilfunk deutlich teurer). Nennen Sie Ihren Namen, Adresse und Telefonnummer und das Stichwort Weihnachtsstern.

Die Pflanzen für unsere Gewinner kommen natürlich ganz frisch vom Großmarkt in Aalsmeer.

Die Gewinner werden telefonisch benachrichtigt.

Autor:

Elke Böinghoff aus Unna

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