Wie aus dem Ei gepellt: Der Unnaer Christian Behrenberg und das unbekannte VW-Gesicht
Es gibt Autos, denen sieht man ihr Alter nicht an. Gemeint ist damit nicht unbedingt der Zustand von Lack oder Karosserie, sondern das Design. Schon über 40 Jahre alt - und trotzdem noch modern aussehen. Das schaffen nicht viele PKW. Der VW 412 schon. Und dabei war das Auto eine sogar von VW eher ungeliebte Serie.
Wegen des bereits zum Zeitpunkt der Vorstellung veralteten Konzepts wurde das Modell nach Heinrich Nordhoff, dem im April 1968 verstorbenen VW-Vorstandsvorsitzenden, als „Nordhoffs Vermächtnis“ bzw. „Nordhoffs Abschiedsgeschenk“ bezeichnet. Andere deuteten die Modellbezeichnung 411 als „4 Türen, 11 Jahre zu spät“.
Modernes Design - klassisch schön
Solche „Frotzeleien“ fechten Christian Behrenburg nicht an. Mit seinem ersten Auto, einem VW Käfer, begann seine Liebe zu den Wolfsburger Modellen. Und seit 25 Jahren hat der heute 45-jährige immer einen 400er VW in der Garage. Dabei schätzt er neben dem schönen Design des „Nasenbärs“ auch die Bequemlichkeit des Autos. Denn die 400er wurden mit einer für damalige Verhältnisse üppigen Innenausstattung ausgerüstet wie Veloursteppich, rechtem Außenspiegel und einer Standheizung. Und auch das Fahrwerk mit den damals hochmodernen MacPherson-Federbeinen vorn und der Schräglenkerachse sorgen für einen angenehmen Fahrkomfort. Auch ohne Servolenkung, ABS, ESP und dem ganzen modernen „Schnickschnack“.
„Aber richtig super ist der Laderaum“, schwärmt Christian Behrenberg. Denn das Auto mit Heckmotor verfügt nicht nur über eine Lademöglichkeit über dem Motor, sondern auch über einen üppigen Kofferraum in der Front. Durch die Länge des Autos mit über 4,50 Metern ergibt sich außerdem reichlich Platz für einen Dachgepäckträger. „Da ist selbst ein Campingurlaub kein Problem“, schmunzelt der stolze VW-Fahrer.
Gefahren wird der VW nur zu besonderen Anlässen
Dabei wird das Auto natürlich nur zu besonderen Anlässen bewegt. So zum Beispiel zu den jährlichen Treffen des „Vereins der VW 411-412-Besitzer“. „Wir sind zwar nur eine kleine Gruppe - weil die Autos so selten sind - dafür aber in ganze Europa verstreut“, erklärt Behrenburg. Und so finden auch die Treffen mal in den Niederlanden, mal in der Schweiz oder in Skandinavien statt.
Nur etwas mehr als 350.000 Stück wurden zwischen 1968 und 1974 gebaut, heute gibt es in Deutschland gerade einmal noch 400 angemeldete 400er. Und davon sind nur noch wenige in einem so guten Zustand wie der metalicblaue Traum von Christian Behrenburg.
Der Hemmerder kaufte das Auto im vergangenen Sommer, „und ich wollte einfach einen 400er haben, an dem nicht viel zu machen ist“, erklärt er. Denn in einer Scheune in Siddinghausen steht noch ein anderer 412er aufgebockt, ein „Variant“ im 70er- Jahre-Orange mit für heutige Verhältnisse gewagter grüner Innenausstattung. „Das ist mein aktuelles Bastelobjekt“, erklärt Behrenburg, „der muss erst noch wieder fahrtüchtig gemacht werden“.
Nie ohne VW
Und da er so lange nicht ohne 412er sein möchte, kaufte er im vergangenen Jahr einem Braunschweiger Senior den blauen 412er ab. Ein Glücksfall, denn das Auto war als Garagenwagen und mit für dieses Alter wenigen Kilometern (105.000 km) in einem Top-Zustand. Zudem gut gegen den bei diesen Modellen allgegenwärtigen Rostfraß geschützt. Gerade einmal 4.000 Euro bezahlte er für das Auto, denn: „Es gibt zwar nur noch wenige Autos, dafür aber auch nur noch wenige Erstazteile“, erklärt Behrenburg. Das hält das Interesse und damit auch die Preise niedrig.
Inzwischen hat Christian Behrenberg aber doch so einiges an dem Auto gemacht, so sorgte er für neue Reifen und baute Innenkotflügel als Rostschutzmaßnahme ein. Ansonsten bleibt das Auto aber so wie es ist - inklusive zum Beispiel der kleinen Dellen in den verchromten Radkappen.
Es ist eben ein Auto mit Charakter. Und da stört auch der Wackel-Elvis am Innenspiegel nicht...
Autor:Elke Böinghoff aus Unna |
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