Sitz, Platz und Sieg: Unnaer Schäferhundrüde Artus ist im Schutzhundesport ein ganz Großer
Und dabei hat Artus aus Sicht eines Laien erst kürzlich „versagt“: Bei der Weltmeisterschaft für Schäferhunde im Schutzhundesport hat Artus vom Schutzärmel des Helfers im Prüfungsteil „Schutzdienst“ nicht auf Kommando seines Hundeführers Sven Viebahn abgelassen. Das führte zur Disqualifikation. „Tja, dumm gelaufen“, nimmt Sven Viebahn dieses „Versagen“ eher auf die leichte Schulter. „Aber klar, ärgerlich ist das schon, schließlich hat man ein ganzes Jahr lang auf die WM hingefiebert und dann ist nach vier Minuten alles vorbei.“
Doch allein die Teilnahme an der Weltmeisterschaft ist für den fünfjährigen Rüden ein großer Erfolg. Denn die WM-Teilnahme hängt unmittelbar zusammen mit dem zweiten Platz bei den Deutschen Meisterschaften im August. „Da hat Artus gezeigt, was in ihm steckt“ ist Sven Viebahn stolz auf seinen Hund. Und auch bei den Weltmeisterschaften durfte Artus trotz Disqualifikation weiter mitmachen und Prüfungen absolvieren. Allerdings ohne Wertung. „Wären wir gewertet worden, hätten wir ganz oben mitgespielt“, ist sich Sven Viebahn sicher.
Ein weiterer Trost: Das deutsche Team holte den Weltmeistertitel in der Mannschaftswertung. „Hier werden nämlich die Punkte der vier Besten zusammengezählt, daher war Artus‘ Disqualifikation auch für das Team kein Problem“, erklärt Viebahn.
Hochleistungssport für Hund und Halter
Der Schutzhundesport ist sowohl für den Hundeführer als auch für den Hund selber körperlich als auch mental sehr anspruchsvoll. „Der Hund muss über lange Strecken sehr konzentriert sein, viel laufen und springen. Dasselbe gilt auch für den Hundeführer, der stets darauf achten muss, klare Kommandos zu erteilen – und mit dem Hund mitlaufen muss“, schmunzelt Sven Viebahn. Da sich Turniere auf fußballfeldgroßen Flächen abspielen, kann man sich vorstellen, welche Entfernungen zurückzulegen sind.
Sven Viebahn holte Artus zu sich, als der acht Wochen alt war. Zuvor war er mehrere Male zur Züchterin im Münsterland gefahren, um sich „seinen“ Welpen auszusuchen. „Da ich von vornherein einen Hund für den Hundesport wollte, habe ich bei der Auswahl nicht nur darauf geachtet, wie der Welpe auf mich und andere Menschen oder Tiere reagiert, sondern auch darauf, wie ausgeprägt zum Beispiel sein Beutetrieb ist“, erklärt der erfahrene Hundehalter.
Auch dass es ausgerechnet ein Schäferhund sein musste, ist für Sven Viebahn kein Zufall. „Das ist quasi historisch bedingt, schließlich ist schon mein Großvater Fritz Viebahn Gründungsmitglied im Unnaer Verein für Deutsche Schäferhunde gewesen“, erklärt Sven Viebahn. Der Verein hat seinen Sitz im Bornekamptal – dort wo auch das Viebahnsche Elternhaus steht. Auch Vater Volker hat sich dem Schutzhundesport verschrieben.
Der eigene Hund vom eigenen Geld
Und so wuchs Sven bereits mit den Tieren auf, die sich aber auch dadurch auszeichnen, dass sie zu einer der lernfreudigsten Hunderassen gehören. „Meinen ersten eigenen Hund durfte ich mir aber erst als Erwachsener von meinem ersten selbst verdienten Geld kaufen“, erinnert sich Sven an strikte Regeln im Elternhaus. Dahinter steckt die hohe Wertschätzung des Tieres, die die Eltern ihrem Sohn vermitteln wollten.
In der Erziehung geht Sven Viebahn jedoch andere Wege als noch seine Eltern. „Ich setze ganz auf die rein positive Ausbildung“, so der Berufsfeuerwehrmann. Wurde früher zum Beispiel der Hund noch mit dem Zuziehen eines Stachelhalsbandes für Fehlverhalten bestraft, belohnt Sven Viebahn ausschließlich richtiges Verhalten mit Leckerchen und Spielzeugen, nicht erwünschtes Verhalten wird ignoriert. Die Methode hat Erfolg und findet nach und nach auch in dieser strikten Form, wie sie Sven Viebahn ausführt, immer mehr Nachahmer. Dazu tragen auch Artus‘ Erfolge in den zahllosen Prüfungen und Turnieren im Jahreslauf bei.
Der will tatsächlich nur spielen
Dabei wirken die Prüfungen auf manche Menschen bedrohlich, wenn sich der Hund in den dick wattierten Ärmel des Scheintäters „verbeißt“ und erst auf Kommando loslässt. „Der Hund reagiert hier aber nur auf den wattierten Ärmel als Spielzeug, es geht ihm nicht um das Beißen eines Menschen“, macht Viebahn deutlich, „er will tatsächlich nur spielen!“.
Trainiert wird fast täglich über mehrere Stunden. „Dabei achte ich aber darauf, dass es Artus immer Spaß macht“, betont Sven Viebahn. Und schaut man sich Videos von den Turnieren an, fällt sofort auf, mit welcher Freude Artus bei der Sache ist. Trotz der großen Konzentration wirkt der tiefschwarze Rüde stets freundlich und entspannt.
„Artus ist eine richtige Rampensau“
„Dabei ist Artus in seiner Freizeit ein eher ungehobelter Kerl“, lacht Sven Viebahn, „wenn man uns zusammen sieht, könnte man uns vielleicht auch schon mal den Besuch in einer Hundeschule empfehlen.“ Da ist der Schäferhund eben ein Tier, das fein unterscheidet nach dem Motto: „Schnaps ist Schnaps und Dienst ist Dienst“. „Und der Artus ist auch noch eine richtige Rampensau“, kennt Sven Viebahn seinen Artus nur zu gut. Richten sich Kameras auf ihn oder applaudiert das Publikum lautstark, genießt er diese Aufmerksamkeit sichtlich. Vielleicht auch ein Grund, warum Artus bei der WM nicht vom Ärmel des dortigen Scheintäters ablassen wollte – wo es doch dem Publikum so gut gefallen hat...
Sven Viebahn denkt bereits an den Ruhestand für seinen erfolgsverwöhnten Artus. „So mit sieben oder acht Jahren endet die Phase, wo der Schäferhund Hochleistungssport betreiben kann“, erläutert er. Das viele Laufen und Springen fordert seinen Tribut.
Züchtungziel: "gesund"
Dabei sind die modernen Schutz-Schäferhunde insgesamt viel gesünder als früher. „Heute achtet man schon in der Zucht stärker auf ein gesundes Skelett, so dass die früher üblichen Hüft- und Gelenkprobleme kaum noch Thema sind“, erklärt Viebahn. Und so kann sich Artus noch auf einen langen Ruhestand freuen, in dem er sich dann in dem etwas geruhsameren Fährtenlesen bewähren darf. „Denn irgendeine Aufgabe muss so ein Hund haben, sonst geht‘s ihm einfach nicht gut.“
Autor:Elke Böinghoff aus Unna |
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