Lünerns Lesekapelle
Öffentlicher Bücherschrank eröffnet an der Sankt-Antonius-Kapelle in Lünern.
Wer träumt nicht davon, in Mitten eines idyllischen Platzes am Rande eines kleinen Dorfes auf einer Baumbank zu sitzen und in einer großen Auswahl von Büchern zu schmökern? Für die Lüneraner ist dieser Traum nun dank einer starken Bürgerinitiative und einem von der Katholischen Kirche genehmigten, nahezu perfekten Ort in Erfüllung gegangen.
Am Donnerstag, 12. Juli war es endlich so weit, als Pastor Löckmann nach einer kurzen Andacht in der Sankt-Antonius-Kapelle feierlich den lünerner Bücherschrank auf dem Vorplatz der Kapelle eingeweiht hat. Auf den ersten Blick sieht der Bücherschrank, der bereits bei Betreten des idyllischen, von kleinen Bäumen gesäumten Platzes vor der Kapelle mit einem Schild angekündigt wird, wie eine Miniaturausgabe der dahinterliegenden Sankt-Antonius-Kapelle aus: Ein weißer Anstrich, ein spitz zusammenlaufendes Dach und die hölzerne Tür des etwa zwei Meter hohen Schranks passen ideal zum Bild der kleinen Dorfkapelle, neben dessen Tür er einladend aufragt. Hat man erst einmal die ebenfalls neu auf dem Platz aufgestellte Baumbank passiert, kann man nicht anders, als wenigstens einen Blick in den Schrank zu werfen, der mit einem handlichen Riegel verschlossen ist. Im Inneren erwartet den Besucher eine Vielzahl an verschiedensten Büchern, von Krimis über Romane und historische Bücher bis hin zu einem eigenen Fach für Kinder-und Jugendliteratur. Ab jetzt kann jeder, der Lust auf neuen Lesestoff hat oder einfach nur entspannen möchte, zum Beispiel vor einer Busfahrt ab der nur wenige Meter entfernten Haltestelle „Keilbrink“, den Bücherschrank kostenlos nutzen. Zum einen kann man sich nach Lust und Laune entweder Bücher ausleihen oder eigene, mitgebrachte Bücher mit denen im Schrank tauschen.
Der Ruf nach Büchern
Wer in Lünern nach neuem Lesestoff sucht, hatte es bis zur Eröffnung des Bücherschranks an der Kapelle nicht leicht. Die nächsten Bibliotheken befinden sich in Bönen und Unna, was gerade für die älteren Einwohner zu weit entfernt ist. Auch der Kauf von aktuellen Büchern gestaltet sich in Lünern als schwierig. Einzig ein vor einigen Jahren im Dorfladen „Onkel Emma“ aufgestellter Büchertisch gab den Lesefreunden die Möglichkeit, ihr Büchersortiment zu verändern, doch als der Dorfladen mangels Kundschaft die Türen endgültig schließen musste, fiel auch diese Möglichkeit flach. Was tun? Diese Frage stellten sich nicht nur Bücherfreunde wie Angela H. Brune, die Leiterin der Lese-AG an der Grundschule Lünern, sondern auch der Verein „Wir in Lünern“, der jedoch trotz einiger Diskussionen zu keinem Ergebnis kam. Angela H. Brune beschreibt die Situation wie folgt: „Der Wusch, einen Bücherschrank in Lünern aufzustellen, war schon lange da, nur hatte niemand einen passenden Ort gefunden.“
Schnelle Initiative
Benjamin Becker, der vor einigen Jahren aus dem Sauerland nach Lünern gezogen ist und sich schon lange maßgeblich für die katholische Kirchengemeinde in Hemmerde und Lünern engagiert, hatte schließlich die entscheidende Idee, den Schrank auf dem Vorplatz der Sankt-Antonius-Kapelle, also auf Kirchengrund zu bauen. Viele Gründe sprachen für den „Buiterling“ (Sauerländisch für „Neuling“), wie er sich selber nannte, dafür: „Der Platz vor der Kapelle musste einfach belebt werden, da hier erst vor kurzem einige Bäume umgefallen sind und er auch sonst nicht viel genutzt wird. Nachdem wir die Baumbank aufgestellt hatten, ergänzt sie sich perfekt mit dem nur wenige Meter entfernten Bücherschrank.“ Auch war die ideale Lage des kleinen Platzes an der Schulstraße, in der Nähe einer Bushaltestelle und nah an der Ausfahrt zum Nachbarort Stockum, ideal um den Bücherschrank genau hier aufzustellen. Als Becker diese Idee zunächst in seinem Bekanntenkreis vorstellte, fanden sich sofort private Sponsoren für den Schrank, jedoch waren diese, wie sich später herausstelle, nicht nötig, denn der Gemeinderat der katholischen Kirche war von dem Vorschlag Beckers sofort angetan.
Die Kirche sagt zu
Als Becker sein Projekt schließlich dem Gemeinderat, allen voran Hausherr und Pfarrer Paul Mandelkow und Pastor Heinz-Josef Löckmann vorstellte, willigte dieser ein. Pastor Löckmann beschreibt auf der Eröffnung noch einen weiteren guten Grund, wieso der Bücherschrank auf Kirchengrund gut aufgehoben ist: „Unsere christliche Religion ist eine Bücherreligion, die durch das Lesen von Schriften lehrt. Und eine gute Lektüre formt den Menschen.“ Auch sagt die Kirche zu, die Finanzierung des Schranks großzügig zu übernehmen.
Tatkräftige Helfer
Schon vor der endgültigen Bewilligung durch die Kirche fanden sich viele freiwillige Unterstützer für Benjamin Becker und seinen Bücherschrank, die im folgenden an der Gestaltung der Eröffnungsfeier und darüber hinaus an der weiteren Pflege des Bücherschranks beteiligt sind. Während viele Nachbarn, Freunde und Bekannte eifrig in den letzten Wochen damit begannen, einen ersten Büchervorrat für den Schrank zu sammeln, erklärten sich Erika Kaiser, Brigitte Zentarra und Inge Severin als Paten für den Bücherschrank dazu bereit, sich um diesen zu kümmern. Erika Kaiser beschreibt ihre Aufgaben in Zukunft wie folgt: „Wir werden abwechselnd dafür sorgen, dass der Schrank nicht verschmutzt wird und dass die Bücher gut erhalten und geordnet bleiben.“ Die Bücher sind in insgesamt vier Etagen nach Genres geordnet. Während sich ganz oben Krimis an Romane reihen und darunter Historische Romane und Humorvolles stehen, ist die unterste Etage allein für Kinder-und Jugendbücher reserviert. Um Kindern (und natürlich auch kleineren Erwachsenen) den Griff zu den Büchern zu erleichtern, steht unter dem Schrank sogar ein Hocker parat. Auch gibt es unter dem Dach des Schranks ein Fach mit aktuellen Zeitschriften.
Exklusive Lesezeichen
Um die gut besuchte Eröffnung noch ein Stück feierlicher zu gestalten, hat sich das Organisationsteam um Benjamin Becker, seine Frau Nora und Angela H. Brune einige Besonderheiten für die Gäste einfallen lassen. Neben einer Auswahl an Getränken und Süßigkeiten konnten sich die Gäste auch mit Gebäck stärken, bevor sie die Möglichkeit hatten, auf der Baumbank ein erstes Buch anzulesen. Die ersten Bücherspender erhielten ein exklusives, von Angela H. Brune in Zusammenarbeit mit Kindern gestaltetes Lesezeichen in Form des Bücherschranks.
„Wir sind eine Bücherreligion.“
-Heinz-Josef Löckmann, Pastor
Das Organisationsteam wünscht sich nun einen regen Gebrauch des Bücherschranks, zu dem jeder ungeachtet von Religion und Wohnort herzlich eingeladen ist.
Eine Seniorin aus direkter Nachbarschaft der Kapelle fasst die Auswirkung des nun gut gefüllten Bücherschranks an der Kapelle in einem Satz zusammen: „Jetzt hat Lünern endlich wieder eine Attraktion für uns!“
Autor:Karl Helbig aus Unna |
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