An der Unnaer Ahornstraße wird gebuddelt – Ganzes Einkaufszentrum droht dadurch das Aus
Mit ihren Baustellen hat die Stadt Unna momentan kein glückliches Händchen. Während sich alle Augen auf die Prünte-Baustelle richten, unter der sich „plötzlich und unerwartet“ ein riesiger Hohlraum aufgetan hat, kämpfen an anderer Stelle vier geschäftliche Existenzen ums Überleben aufgrund einer weiträumig abgesperrten Baustelle. Hier kam die Baustelle für die Anwohner „plötzlich und unerwartet“.
Es war an einem Freitag, als ein Nachbar Boris Sabitov auf ein rotes Schild an der Bushaltestelle an der Ahornstraße aufmerksam machte. „Hast du schon gesehen, die sperren hier wieder die Straße?“ Nein, Boris Sabitov hatte dieses Schild noch nicht gesehen – und auch sonst keine Infos zu einer Baustelle mit entsprechenden Straßensperrungen erhalten.
Dementsprechend erschüttert reagierte er auf diese Nachricht, denn erst im letzten Jahr im Mai war hier eine halbjährige Sperrung der Ahornstraße aufgrund einer Baustelle aufgehoben worden. „Das hat uns damals wirtschaftlich schon fast das Genick gebrochen, aber da war die Straße wenigstens noch halbseitig befahrbar“, erinnert sich Kioskbetreiber Boris Sabitov. Auch bei den Nachbarn – Danuta Pollok von der Pizzeria Karo, Nevzat Yeniceli vom Istanbul Döner und Ruslan Salov vom Kristallmarkt löste die Nachricht Entsetzen aus. „Um die letzte Baustelle geschäftlich zu überleben, musste ich Mitarbeiter entlassen und einen Kredit aufnehmen. Dass die Straße jetzt schon wieder bis Ende August aufgerissen wird und man es noch nicht einmal für nötig gehalten hat, uns vorher zu informieren, finde ich einfach unmöglich“, findet der Inhaber des Kristallmarktes, Ruslan Salov, deutliche Worte.
Was die Anlieger besonders ärgert, ist die Art und Weise der bisherigen Beschilderung, deren Sinn nicht eindeutig ist. Die Baustelle befindet sich vor allem auf dem Kiefernweg und läuft in die Ahornstraße hin aus. Gesperrt war die Ahornstraße aber in Höhe der Eichenstraße, rund 600 Meter vor der Baustelle. „Es wurde eine Absperrbake mit einem Sackgassenschild mitten auf die Straße gestellt – da hat sich kein Auto mehr durchgetraut, auch wenn es kein ‚Durchfahrt verboten‘-Schild war“, ärgert sich Ruslan Salov.
Nach Rücksprache mit dem Bauamt der Stadt erhielt Ruslan Salov dann die „Erlaubnis“, ein eigenes Schild mit dem Aufdruck „Zufahrt zum Kristallmarkt frei“ an die Bake hängen zu dürfen – natürlich auf eigene Kosten. „Wir haben schon den Eindruck, dass die bei der Stadt sich überhaupt keine Vorstellung davon machen, dass hier unsere Existenzen auf dem Spiel stehen“, ärgert sich Boris Sabitov. Immerhin wurde die Bake inzwischen auf den Bürgersteig verschoben, so dass es weniger nach einer Vollsperrung aussieht. „Inzwischen wurde auch ein offizielles ‚Zufahrt frei‘-Schild in Auftrag gegeben, das in den nächsten Tagen aufgestellt werden soll“, ließ Stadtsprecher Oliver Böer verlauten.
Doch allein dadurch, dass die Linienbusse nicht mehr die Haltestellen in Höhe des Einkaufszentrums anfahren, hat besonders der Kristallmarkt hohe Einbußen. „Ich verkaufe vor allem polnische und russische Spezialitäten, meine Kunden kamen per Linienbus aus dem weiteren Umkreis. Jetzt müssten meine Kunden bis zur nächsten Haltestelle weit laufen. Wer will das schon mit vollen Einkaufstüten?“ Und: „Wenn die Kunden erstmal weg sind, bleiben sie weg,“, weiß Ruslan Salov aus leidvoller Erfahrung. „Nach der monatelangen Sperrung im letzten und vorletzten Jahr hatten sich die Kundenzahlen gerade erst wieder erholt - und jetzt das...“
Auch die benachbarte Pizzeria spürt den Kundenrückgang. „Wer sich hier eine Pizza holen möchte, müsste jetzt einen großen Umweg fahren, und unser Lieferservice muss durch die Sperrung viel weitere Strecken fahren. Das kostet doch alles“, ärgert sich Danuta Pollok. Auch der neu eröffnete Istanbul Döner kämpft mit den schwindenden Gästezahlen. „Ich habe gerade erst eröffnet, wie soll ich denn so meine Familie ernähren?“, fragt Nevzat Yeniceli.
Selbst ein Gespräch mit Bürgermeister Werner Kolter brachte kaum Bewegung in die Sache. „Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, die Baustelle für uns erträglicher zu machen“, glaubt Ruslan Salov. Am meisten würde wohl eine Freigabe der Ahornstraße zumindest nach Feierabend oder am Wochenende helfen. Aber die Baumaßnahmen sind umfangreicher als es den Anschein hat, eine Öffnung aufgrund der unterirdischen Arbeiten nicht möglich.
„Wir können nur versprechen, dass alle Arbeiten so zügig wie möglich erfolgen“, so Oliver Böer. Wobei „so zügig wie möglich“ für die Gewerbetreibenden schon zu lange sein könnte.
Autor:Elke Böinghoff aus Unna |
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