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Alina Manjal bringt Integration in Sportvereinen voran
Wenn Alina Manjal (32) über die Vorteile von Bewegung und Teamgeist spricht, führt an der Anmeldung im nächsten Fitnesskurs kaum ein Weg vorbei. Integration durch Sport hat sich die in Afghanistan geborene Diplom-Kauffrau als Ziel gesetzt. Beim Kreis-Sport-Bund Unna (KSB) bringt sie seit zwei Jahren frischen Wind in die Eingliederung verschiedener Kulturen in das Vereinsangebot. Mit Erfolg!
Es war ein Angebot, das Alina Manjal nicht ablehnen wollte. Per Anruf bot KSB-Geschäftsführer Matthias Hartmann ihr eine Stelle im Bereich Integration an. „Mit Kindern und Jugendlichen wollte ich immer schon arbeiten“, war sie direkt begeistert. Von Köln, wo sie fünf Jahre Berufserfahrung sammelte, zog es sie zurück in die Emschergemeinde, in die sie mit ihrer Familie im Alter von sieben Jahren gezogen war. Ihren Mann musste sie erst ein wenig überzeugen, er hatte sich soeben in Hamburg etabliert, die Liebe war stärker und er wechselte in die Emschergemeinde.
Über den Sport möchte Alina Manjal heute besonders Migranten für sportliche Aktivitäten gewinnen. Für sie selbst hat Bewegung bis heute eine ganz besondere Bedeutung. Aber von vorne.
Vor dem Bürgerkrieg in Kabul flüchtet die Familie 1991 nach Indien. Da ist Alina dreieinhalb Jahre alt. Mit sieben Jahren findet sie Aufnahme in Holzwickede und Alina besucht die Nordschule.
„Ich musste mich integrieren, wollte es auch.“ Ihre ersten Worte waren „danke“ und „bitte“, die Sprache zu erlernen war nicht leicht. Als Fremde stand sie vor einer Schülergruppe. Die waren neugierig, nicht nur wegen ihrer Hautfarbe auch wegen der Sprache. Der Klassenlehrer unterstützte sie, führte sie über den Schulhof. Mit der Zeit eignete sie sich die Sprache an. „Aber es langte noch nicht.“ Sie zog sich zurück, aus Angst nicht aufgenommen zu werden. Mit „Händen und Füßen“ habe sie Freundschaften entwickelt. Alina war bewusst, dass sie sehr sportlich ist, eine Chance sich sich vor der Gruppe zu behaupten.
Es gelang, sie entwickelte Selbstbewusstsein und ging ihre Schullaufbahn bis zum Abitur am Clara-Schumann-Gymnasium. Der damalige HSC-Chef Rolf Scholz sprach sie schließlich 2005 an, ob sie nicht Fitness-Kurse geben wolle.
Chef im Ring
„Das war eine große Herausforderung.“ Von der Teilnehmer- wechselte sie in die Übungsleiterrolle. „Plötzlich war ich Chef im Ring.“ Den Aktiven vermittelte sie: Nur durch Bewegung bleibt man gesund. Die Erfolge in den Sportkursen gaben ihr Mut. Die Übunsgleiter-C-Lizenz (Basis) erwarb sie beim KSB und später die Präventionslizenz, um etwa Rücken- und Kardiofitkurse anzubieten.
Sie übernahm die ersten Kurse und das Interesse der Teilnehmer stieg. Dabei blieb Alina Manjal selbst sportlich. Seit dreizehn Jahren joggt sie täglich durch die Gemeinde.
Mit Leichtathlethik hatte sie bei der TGH angefangen, wechselte als Jugendliche zum Mädchenfußball. Als ihre Freundinnen zur SG-Massen wechselten kam sie nicht mit. „Wir hatten kein Auto.“ Einige Jahre spielte sie Volleyball beim VVH, gewann dann mit 15 Jahren Interesse an Fitness, bis heute.
Ihre Familie hat sie unterstützt. Der Vater war in Afghanistan der Politik aktiv, die Mutter arbeitete als Buchhalterin. Die Offenheit der Eltern brachte auch für sie Vorteile. „Man sollte den Menschen die kommen mitteilen, das Miteinander nur funktioniert, wenn beide Seiten mitmachen.“
Ihre Mutter wollte unbedingt die Sprache lernen. Alina besuchte den evangelischen Religionsunterricht, was ihr geholfen habe, andere Religionen kennen zu lernen.
Nach dem Abi studierte sie Betriebswirtschaft. Die Diplom-Kauffrau arbeitete beim Sportartikelhersteller adidas im Bereich Key-account, später bei einem Vertrieb für Sportlernahrung in Köln. Dort erhielt sie einen Anruf der Seniorenbeauftragten Uschi Bergmann, die selbst Kursteilnehmerin war. Ob Alina Interesse an einer Stelle im Marketing habe. Interesse schon, doch wegen einer längeren Kündigungsfrist erhielt Fabian Schäfer, ihr heutiger Bürokollege beim KSB den Job.
„Interessant war aber das Vorstellungsgespräch“, erinnert sich Alina. Es stellte sich heraus, dass es sie wieder in die Heimat zurückzog. Der KSB versprach, man werde sie im Gedächtnis behalten.
Rückkehr in die Heimat
Dann kam das Angebot im Bereich Integration durch Sport und Alina griff zu.
Zurück in Holzwickede war es nach fünf Jahren in Köln nicht einfach. Während der Semesterferien hatte sie aber die Kontakte gepflegt und als sie 2017 beim KSB anfing sei es gewesen, als ob sie nie weg war.
Sie brannte darauf, ihre erste Idee umzusetzen. Es war das Sommercamp, das jetzt zum dritten Mal stattfindet. Kinder zwischen zehn und 14 Jahren verbringen eine Woche in der Sportschule in Hachen. „Das ist wie ein Baby von mir.“ Als kleines Kind war sie traurig, die Sommerferien zu hause bleiben zu müssen, weil Angebote fehlten. „Ich überlegte, was mir damals fehlte.“ Die Eis-Freizeit über zwei Tage, das Feriensprachwerk in Lünen für Kinder mit Förderbedarf und der Aufbau eines Netzwerks unter den Vereinen markieren weitere Punkte ihrer Aktivität.
Vielfalt als Bereicherung
Ihre Herkunft bietet Alina Vorteile im Job. Die Zahlen von Migranten die in Sportvereinen organisiert sind steigt. Waren vor zwei Jahren nur drei Vereine engagiert in der Integrationsarbeit sind es jetzt sieben. Alina Manjal hat ein Ziel: “Die Vereine sollen die Kultur der Migranten als Bereicherung erkennen und entsprechende Angebote aufnehmen.“ Landestypische Sportarten können ein Zugewinn sein. Seit 2019 ermöglichen Gelder des Deutschen Olympischen Sportbund die Ausbildung von Migranten zu Übungsleitern. Und damit zu Multiplikatoren, die vermitteln können, das Sport zum Selbstvertrauen beiträgt und Brücken schlägt.
Ihr Engagement fällt auf fruchtbaren Boden. „Integration war in Holzwickede immer vorhanden.“
Sportfest der Kulturen
Ein Höhepunkt ihres Einsatzes soll das „Sportfest der Kulturen“ am 22. September rund um Haus Opherdicke werden. Die Grundidee ist es, die Vielfalt der Kulturen im Kreis Unna zu zeigen und Vereinen die Chance zu geben, ihre landestypische Sportart zu präsentieren. „Für Eingesessene hier ist das auch interessant, welche Sportarten in anderen Ländern gespielt werden.“ Türkisches Ringen, Folklore aus Bulgarien, Bauchtanz und Federfußball stehen bereits auf der Liste. Und es sollen noch viele hinzukommen. Denn Alina Manjal ist überzeugt: „Vielfalt und Vereine, das passt gut zusammen.“
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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