Pferdefleischskandal in unserer Region - Minister Remmel schaltet Internetseite frei

Was essen wir da eigentlich? Gerade bei der Verpflegung unserer Kinder in Kindergärten oder Schulen sollte genauer hingeschaut werden. | Foto: G. Altmann/Pixelio.de
  • Was essen wir da eigentlich? Gerade bei der Verpflegung unserer Kinder in Kindergärten oder Schulen sollte genauer hingeschaut werden.
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Einmal mehr wird die Republik von einem Lebensmittelskandal getroffen. Nach Antibiotika in Hühnerfleisch, BSE und EHEC geht es nun um falsch deklariertes Fleisch. So tauchten auch in deutschen Supermärkten Fertigprodukt auf, die statt 100 Prozent Rindfleisch auch Pferdefleisch enthielten.

Nun ist an Pferdefleisch zunächst einmal nichts ekliges oder gefährliches. Renommierte Pferdemetzger auch in unserer Region erfreuen sich gleichbleibender Beliebtheit. Doch als Konsument möchte man sich doch gerne auf das verlassen können, was auf der Packung angegeben ist. Und Pferdefleisch ist nicht Jedermanns Sache.

Das tatsächliche Problem liegt darin, dass Pferde, gerade Sportpferde, mit Medikamenten behandelt werden, die sich in deren Fleisch einlagern und dann über die Nahrungskette auch in den menschlichen Körper gelangen - und dort Schäden anrichten können, wenn sie in entsprechender Menge aufgenommen werden. Daher vewenden Rossschlachter nur ausdrücklich für den Verzehr freigegebenes Pferdefleisch.

Großes Misstrauen

Mittlerweile ist das Misstrauen groß, besonders nachdem auch erste deutsche Supermärkte Fertigprodukte mit Hackfleisch wie Lasagne aus dem Handel genommen und positiv auf Pferdefleisch getestet haben.
Dabei geht es zunächst "nur" um Fertiggerichte, doch was ist mit unserem Frischfleisch, könnte nicht auch das Pferdfleisch enthalten?
Schwächstes Glied in dieser Kette sind unsere Kinder, die in Kindertagesstäten und Schulen verpflegt werden. Wir hörten uns einmal bei Essenslieferanten in Unna um.

Da ist zum Beispiel die Werkstatt im Kreis Unna, die neben der Peter-Weiß-Gesamtschule weitere Schulen und Kindertagesstätten mit Mahlzeiten versorgt. „Wir verarbeiten nur Rohware - also auch nur pures unverarbeitetes Fleisch - und würden Pferdefleisch sofort erkennen, wenn es in einer Lieferung enthalten wäre“, erklärt Christiane Bögel, Küchenleiterin der Werkstatt im Kreis Unna. Außerdem: „Wir kennen unsere Lieferanten ganz genau und haben Vertrauen zu ihnen“, so die erfahrene Köchin.

Doch sie kennt die Problematik, Schüler und Eltern haben sie bereits auf das Thema angesprochen. „Und auch wir Mitarbeiter diskutieren solche Themen natürlich“, so Christiane Bögel, „denn wir müssen ja gegebenenfalls schnell reagieren. So wie wir zum Beispiel im Fall EHEC auch schnell reagiert haben. Ob das nun sinnvoll war oder nicht - so etwas weiß man immer erst im Nachhinein.“

Vertrauensbasis

„apetito“, ein Großunternehmen aus Rheine, versorgt unter anderem die AWO-Kindergärten in Unna, außerdem Betriebskantinen, Privathaushalte und Supermärkte. Auch hier betont man die Vertrauensbasis zu den Lieferanten und Erzeugern.

In einer offiziellen Stelungnahme heißt es: „Alle Fleischwaren stammen bei apetito aus EU-zugelassenen Betrieben, die unter ständigen Veterinärkontrollen stehen und ausschließlich die Zulassung haben für Rind- oder Schweine- oder Geflügelfleisch. Durch den direkten Einkauf bei diesen Betrieben ist eine Vermischung mit Pferdefleisch ausgeschlossen.“ Zudem verweist man auf die betriebseigenen Laborbereiche, in der die Ware zur Qualitätssicherung kontrolliert wird.

Wie aber schützt man sich vor den undurchschaubaren Lieferwegen, die unser täglich Fleisch oft nimmt? Da ist Vertrauen gut - aber wem kann man noch trauen?

Minister Remmel: Lebensmittelhandel darf Verbraucher nicht im Stich lassen

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel bedauert die Weigerung des deutschen Lebensmittelhandels, im Zuge des Skandals um falsch deklarierte Rindfleischlieferungen auf einer zentralen Internet-Plattform weitreichende Informationen für die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit zu stellen.

„Inzwischen nähern wir uns der Zahl von zwei Dutzend Rückrufen und Verkaufsstopps und das führt zu einer großen Unübersichtlichkeit. Ich verstehe nicht, warum der Handel und die Ernährungsindustrie den Verbraucherinnen und Verbrauchern  nicht entgegenkommen und auf einer zentralen Plattform alle Produktrückrufe veröffentlichen. Diese Weigerung ist nicht im Interesse der Kundinnen und Kunden“, kritisierte Remmel. Die Landesregierung NRW hat jetzt Konsequenzen aus der unzureichenden Information durch einen Teil der Lebensmittelwirtschaft gezogen und eine eigene Internet-Seite zum Thema gestartet.

Vom heutigen Montag an wird auf der neuen Internet-Seite www.rueckrufe.nrw.de eine Übersicht über Produkte gestartet, die der Lebensmittelhandel in den vergangenen Tagen wegen nachgewiesener Funde oder wegen des Verdachts auf Falschdeklarierung aus dem Handel genommen hat.

„Der Skandal hat derartige Dimensionen angenommen, dass jeden Tag neue Produkte genannt werden, die von einer Vielzahl von Firmen aus dem Handel genommen werden. Bisher mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher jede Firmen­seite einzeln aufrufen, um sich ein Bild zu machen. Mit dem Start der ersten bundesweiten Internet-Seite zum Pferdefleisch-Skandal wird diese Lücke geschlossen. Mit den anderen Bundesländern ist vereinbart, dass auch dort entsprechende Seiten aufgebaut werden.“

Informationen über amtliche Proben zu bestimmten Produkten und Firmen sind nach der aktuellen Rechtslage auf Bundesebene leider nicht möglich. Derzeit haben die Behörden aufgrund einer Gesetzes­lücke nicht die Möglichkeit, die Verbraucherinnen und Verbraucher konkret über solche Kennzeichnungsverstöße zu informieren. Da von den Produkten nach bisherigem Stand keine akuten Gesundheits­gefahren ausgehen, ist eine Nennung rechtlich nicht zulässig. Diese Gesetzeslücke wird von Minister Remmel scharf kritisiert.

Verlässliche Infos gibt es außerdem unter anderem beim Bundesministerium für Ernährung

Autor:

Elke Böinghoff aus Unna

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