Wenn die Rente nicht reicht

Rolande Löhr berät in der Wohnungslosenberatungsstelle des Caritasverbandes Unna auch  zunehmend Menschen, die von ihrer Rente nicht leben können. | Foto: privat
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Ist man mit 2.500 Euro Bruttogehalt pro Monat ein Sozialfall? Heute sicher nicht, im Jahr 2030 wahrscheinlich schon. Denn bis dahin sinkt das Rentenniveau auf 43 Prozent. Normalverdiener, die dann in Ruhestand gehen, erhalten nach 35 Jahren Vollzeitarbeit eine Rente von ungefähr 688 Euro – das entspricht gerade einmal der staatlichen Grundsicherung.

„Doch nicht erst dann wird Altersarmut zum Problem, das Phänomen existiert bereits heute: Die Mitarbeiter der Wohnungslosenberatungsstelle des Caritasverbandes für den Kreis Unna beraten täglich Menschen, die von ihrer Rente schlicht nicht leben können.

Gerade einmal 265,06 Euro stehen Jörg S. (Name geändert) aus Unna an Rente zu. Der 61-jährige Hilfesuchende hätte Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, leben könnte er von der allerdings nicht. Dabei hat S. gearbeitet, jahrelang sogar: Als Tierpfleger und in zahlreichen Minijobs hat er sein Geld verdient, aber jetzt, mit 61 Jahren, reichen die eingezahlten Beiträge noch nicht einmal annähernd für eine auskömmliche Rente. „Das ist kein Einzelfall, sondern bei unseren Klienten die Regel“, sagt Roland Löhr von der Wohnungslosenberatungsstelle des Caritasverbandes. Der 56-jährige Sozialpädagoge berät täglich Menschen wie Jörg S. und kennt die Probleme, mit denen diese sich beim Renteneintritt beschäftigen müssen. „99 Prozent aller Rentner, die sich hier beraten lassen, müssen die Grundsicherung im Alter beantragen, weil ihre Rente nicht zum Leben reicht“, schildert er.

Im Falle der Klienten der Wohnungslosenberatungsstelle in der Hansastraße liegt dies in erster Linie an den gebrochenen Erwerbsbiografien. 35 oder noch mehr Jahre eine feste Stelle mit gutem Gehalt? Für die Menschen hier ist das utopisch. Arbeitsverhältnisse, die wie früher über Jahrzehnte andauern, gibt es immer seltener. Vielmehr halten sich die Menschen mit Leiharbeitsstellen und Minijobs über Wasser, zahlen dabei jedoch fast nichts in die Rentenkasse ein. Und gerade diese Beschäftigungsverhältnisse haben durch die Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre stark zugenommen.

„95 Prozent aller Arbeitsangebote, die unsere Klienten von der Arbeitsagentur bekommen, sind Leiharbeitsstellen“, sagt Roland Löhr. Die Konsequenzen zeigen sich schon heute: Gerade einmal ein einziger Klient der Wohnungslosenberatungsstelle bezieht eine auskömmliche Rente. Der Sozialpädagoge schätzt, dass sich das Problem in den kommenden Jahren noch verschärfen wird – daran wird auch die geplante Zuschussrente nichts ändern, denn die verfügt mit 35 Jahren Beitragszahlung und verpflichtender privater Vorsorge über hohe Zugangshürden.

„Für unsere Klienten ist das nicht zu leisten“, so der Sozialpädagoge. Roland Löhr und seine Kollegen in der Hansastraße reagieren deshalb schon heute: Sie bilden sich im Bereich Rentenrecht weiter, um auch in Zukunft weiter umfassend zum Thema beraten zu können, denn der Beratungsbedarf wird gerade im Bereich Rente und Zusatzleistungen steigen, da ist das Team in der Wohnungslosenberatungsstelle sicher.

Rolande Löhr berät in der Wohnungslosenberatungsstelle des Caritasverbandes Unna auch  zunehmend Menschen, die von ihrer Rente nicht leben können. | Foto: privat
Kann man davon leben?
Autor:

Lokalkompass Unna/Holzwickede aus Unna

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