Rumlungern will keiner - Viele Flüchtlinge schaffen Hauptschulabschluss
Die neunjährige Schullaufbahn mit dem Hauptschulabschluss zu beenden ist bereits für viele deutsche Schüler ein Problem. Junge Flüchtlinge der Berufs- und Abschlussvorbereitungsklassen am Hellweg-Berufskolleg erreichten dieses Ziel und erhielten jetzt ihre Zeugnisse. In nur 18 Monaten schafften sie es bis zum Abschluss, trotz geringer Vorbildung und hoher Sprachbarrieren.
„Die Motivation untereinander ist überragend“, bringt es Pädagoge Matthias Rodax auf den Punkt. 25 Flüchtlinge, meist aus Syrien, Afghanistan, Irak, Afrika und Somalia erreichten den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 (HSA9). Von Unterrichtsbeginn im März 2016 hätten sie gezeigt, sie haben ein Ziel vor Augen: Hier zu arbeiten. Ihnen zu vermitteln, dass der Hauptschulabschluss ein Minimumkriterium für den qualifizierten Berufseinstieg ist, sei nicht scher gefallen. „Rumlungern möchte keiner von ihnen.“ Die Sprache und insbesondere Fachbegriffe stellen im Unterricht zwar „eine große Hürde“ dar. Mit direkter Übersetzung sei das Problem aber lösbar gewesen. Leicht sei den Flüchtlingen das Lernen aufgrund des Alters zwischen 17 bis 20 Jahren gefallen. Eingeteilt in zwei verschiedene Abschlussvorbereitungsklassen absolvierten die Teilnehmer zudem ein dreiwöchiges bzw. halbjährliches Praktikum nach den Winterferien, an zwei Tagen pro Woche.
Insgesamt 120 Schüler, die meisten aus dem Fachbereich Gestaltung und davon rund drei Viertel Flüchtlinge, besuchten die Berufsfachschule, in verschiedenen Abteilungen und erhielten im Rahmen einer kleinen Abschlussfeier ihre Zeugnisse. Viele werden noch den Abschluss nach der 10. Klasse machen, manche haben aber auch jetzt nach der 9. einen Ausbildungsplatz.
Etwa Omar Diallo (19)aus Guinea, erst vor 14 Monaten begann er auf dem Hellweg Berufskolleg. Jetzt hat er einen Ausbildungsplatz in einem Reifenlogistikunternehemn in Dortmund. Mit dem Fach Englisch tat er sich am schwersten. "Aber gute Lehrer haben mir geholfen." Er habe viel gelernt und konnte Freundschaften knüpfen. Nicht nur in der Wohngruppe in Schwerte, in der er bislang lebt. Mit einem Flüchlingsboot kam er über Niger, Algerien und Marokko nach Europa. Einen Führerschein hat er noch nicht, vielleicht ergibt sich ja im Rahmen der Ausbildung die Möglichkeit die Lizenz zu erwerben.
Lehrverträge
Im Praktikum überzeugten einige Flüchtlinge durch ihren Einsatz und erhielten Ausbildungsverträge. Im Lebensmittel- und Fahrzeugteilehandel treten sie im August ihre Lehre an. Am erweiterten Hauptschulabschluss würden nach Einschätzung von Matthias Rodax viele Teilnehmeram Fach Englisch scheitern, das Niveau sei angesichts der kurzen Zeit kaum erreichbar. Um sich weiter zu qualifizieren bietet ihnen das Hellweg-Berufskolleg die Berufsvorbereitungs-Gestaltung an. "Nicht jede Klasse vermittelt den Abschluss nach Klasse 9", so Abteilungsleiter Christian Nordhaus. Dann führt der schulische Weg weiter. Hier erhalten sie das Rüstzeug zum Erwerb des Hauptschulabschluss Typ II.
Ziel Bankkaufmann
Unmittelbar nach der Ankunft in Unna begann für die jungen Flüchtlinge der Unterricht. Die Sprache erlernten sie teils durch persönliche Kontakte. "Aber meist aus Büchern", erklärt Ali Alabboud. Seine Familie sei stolz, dass er nach einem weiteren Schuljahr eine Ausbildung zum Bankkaufmann beginnen möchte. Seine Voraussetzungen sind gut: "In Mathematik habe ich eine Eins."
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
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