50 Jahre EDV-Kurse bei der Volkshochschule Unna - Tablet, Cloud und Tastschreibkurs
Vom "Geheimnis der Elektronik" zum Smartphone-Workshop
Von Stefan Reimet. Der Start der Volkshochschule Unna ins EDV-Zeitalter erfolgte kurz nach dem Ende der Lochstreifen-Schreibsysteme. Magnetbänder und Löttechnik am ersten "Rechner" der VHS gehörten damals zum Themenfeld. Mit dem "Zauber der Elektronik" lockten die Semesterprogramme. Das Angebot hat sich deutlich erweitert: War das Angebot im Semester 1990/I noch übersichtlich, differenziert es vier Jahre später schon nach Themen, Zielgruppen und sogar verschiedenen Veranstaltungsorten.
Tiefere Sicht in die Anfänge des VHS-Angebots bieten historische Semesterprogrammhefte, in den 60er Jahren noch dünn und im Format eines Briefumschlages. Heute schmunzelt man darüber: Der „Arbeitsplan Sommersemester 1968“ warb mit Einblicken in die „Zauberwelt der Elektronik und Geheimnisse der elektrischen Funktion“ . Erklärt wurden elektronische Schaltkreise, die anfangs über die Koppelung von „Ein-und Aus-Steuerungen“ kaum hinausgingen. Für die Praxis standen Magnetbandgeräte und etwas später ein erster „Rechner“ zur Verfügung. In den 70er-Jahren wandelte sich das Angebot hin zu Informatik- und Anwendungsveranstaltungen, in denen die Gebrauchsmöglichkeiten eines Computers überhaupt vorgestellt wurden. Erste Programmiersprachen wie LOGO, Cobol und Pascal kamen hinzu. Die 90er Jahre waren geprägt von der Aufbruchzeit in der Kommerzialisierung des Internet. Viele erinnern sich noch an die Kaufhysterie als Discounter PC´s zu erschwinglichen Preisen anboten. Nachdem die Bildschirmgeräte ins Berufsleben eingezogen waren wollte plötzlich jeder von daheim die www-Welt betreten. Denn die Möglichkeiten und Kapazitäten der Vorgängermodelle aus den 80er-Jahren waren noch sehr begrenzt. „Die Grundqualitäten bestanden meist aus Textverarbeitung und Tabellenberechnungen“, erinnert sich Andreas Barre. Seit sieben Jahren leitet er den Studienbereich Informatik an der VHS. Er begleitet aber die Entwicklung seit den 90er-Jahren. Selbst simple Anwendungen mussten vom Anwender anfangs selbst programmiert werden. Vor rund 35 Jahren kam dann der Wechsel von der Oberfläche mit Steuerbefehlen hin zur grafischen Oberfläche und Menüs.
Grundqualifizierung
In Unna hielt etwa 1993 die moderne Datenverarbeitung Einzug in die Stadtverwaltung. „Das waren die Goldenen Zeiten der EDV“, erinnert sich Barre. Entsprechend kamen auch die VHS-Kursteilnehmer häufig aus diesem Bereich und wollten sich fortbilden, meist ergänzend zum internen Schulungsangebot der Verwaltung. Die Kurse waren meist langfristig angelegt, auf zwölf Wochen. „Das ist heute anders“, so Andreas Barre. Kurze Kurse mit knackigen, speziellen Themen sind gefragt. Von der Grundqualifizierung reifte das Angebot hin zur Spezialisierung. Mit dem Smartphone rollte ein Boom auch auf die VHS zu. Besonders die Generation 60plus entwickelte Interesse an Handy &Co. Sozialer Druck innerhalb Familie und Freundeskreis verstärkte die Nachfrage. „Großeltern möchten in Kontakt mit Enkeln sein, ihre Bilder verschicken und Kontakte pflegen.“
Ein Auslaufmodell ist die Grundqualifizierung heute. Spezielle Angebote für Berufsanwender liegen im Trend. Im privaten Bereich geht es häufiger um Anwendungssparten wie soziale Netzwerke, Kameranutzung, digitale Kompetenz oder den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Meist ist ein klares Ziel des Kurses definiert. Denn die Teilnehmer bringen durchaus hochwertige Vorkenntnisse mit. „Die Niveaustufen sind sehr unterschiedlich.“ Individuelle Anpassung und Nutzungsverhalten der High-Tech-Geräte steht im Mittelpunkt. Mit den Ansprüchen sehen sich auch die Dozenten vor neue Aufgaben gestellt, ihnen sitzen oft wissende Schüler gegenüber, die nur noch den „Feinschliff“ suchen.
Working-Places
Die Zukunft des Studienbereich EDV, der im Semesterprogramm 2019 II rund 25 Seiten füllte, sieht Andreas Barre auch in sog. "Working Places". Die Teilnehmer erscheinen an ein oder zwei Terminen mit konkreten Fragestellungen, besprechen und entwickeln mit den Dozenten Lösungen. „Bisher ist es nur eine Tendenz“, weiß Barre. „Youtube und andere Plattformen sind aber eine massive Konkurrenz im Anwendungsbereich. Da würde ich auch zuerst schauen.“
Ein Großteil der Teilnehmer ist mit dem Internet groß geworden. Oft sei zwar kein richtiges, fundiertes Wissen da, aber man habe sich „Insellösungen“ geschaffen.
Das Angebot von Workshops oder offenen Treffen liege im Trend. Eine erste Veranstaltung mit dem Computer-Verein "Hackbar" in Unna war ein Erfolg. "Es kommen mehr Leute in die Veranstaltung." Die VHS biete das soziale und pädagogische Netzwerk, die Computerfreaks vor Ort in der Morgenstraße haben das Wissen. Und: Dort gibt es eine Werkstatt, in der Angebote wie "Ich baue einen Roboter" umsetzbar sind.
Starke Generation 60plus
Während die Entwicklung von Angeboten für Teilnehmer zwischen 30 und 50 Jahren eine große Herausforderung sei, sind die „Älteren“eher treu. Sie bilden eine Hauptzielgruppe heute. Wer ein smartphone oder Tablet etwa zu Weihnachten geschenkt bekommen habe, wisse oft gar nicht, was er damit machen soll. Häufig sei es der Anpassungsdruck nach dem Motto „die Nachbarn haben Whatsapp und ich muss mitmachen“. Senioren kommen in die Kurse, weil die Technik so komplex ist. Daher muss auch viel wiederholt werden. Gelernt werden häufig die richtigen Schritte, sobald aber etwas anders läuft gebe es Probleme.
Office-Anwendungen
Das aktuelle Lehrangebot der VHS spiegelt: Der berufsbezogene Bereich mit seinen Office-Anwendungen ist beliebt, auf unterschiedlichen Niveaus. Im Job erkennen, so Andreas Barre, viele, dass sie eine Lücke haben, die geschlossen werden muss.
Der private Bereich mit den Schwerpunkten Internet und Smartphone ist auch bei VHS in der weiteren Umgebung ein Problem. „Wir haben in Unna aber weniger Schwierigkeiten als die anderen Bildungseinrichtungen.“
Ein Angebot aber trotzt dem atemberaubenden Wandel in der Digitaltechnik: Bis heute bietet die VHS auch Tastschreibkurse zum Erlernen des 10-Finger-Systems an. Was früher die Domäne der Stenographenvereine war, ist auch heute im Büro kaum wegzudenken.
Info:
Das neue VHS-Programm 2020 I wird ab dem 7. Januar im Internet verfügbar sein und ab dem 20. Januar an den bekannten Auslegestationen verteilt.
Autor:Stefan Reimet aus Holzwickede |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.