Unna: Erinnerungen an drei Ehepaare
Gunter Demnig verlegt Stolpersteine
Künstler Gunter Demnig (74) verlegt am Freitag, 28. Januar um 9 Uhr in der Bahnhofstraße, sechs Stolpersteine für die drei Unnaer Ehepaare: Reifenberg, Rosenmeyer und Rosenbaum.
Das Projekt Demnigs erinnert an das Schicksal der Menschen, die im nationalsozialistischen Wahn verfolgt, vertrieben und ermordet wurden.
Die Ehepaare
Josef Reifenberg und seine Frau Rosalie kamen 1889 nach Unna und gründeten das Bekleidungsgeschäft „Josef Reifenberg“ in der Bahnhofstraße 25. Fast 50 Jahre lang lebten sie in Unna, bis das Ehepaar nach Düsseldorf in der Hoffnung zog, vor der nationalsozialistischen Verfolgung in einer großen Stadt sicherer zu sein. Doch auch in Düsseldorf blieben sie nicht sicher. 1942 wurden Josef und Rosalie Reifenberg in das KZ Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Die Eltern von Frieda Brandenstein, Julius‘ Ehefrau, zogen 1919 ebenfalls in die Bahnhofstraße 25. Dort lebten Josef und Friederike Rosenmeyer gemeinsam mit Tochter und Enkelkinder in einem Haus.
Josef Rosenmeyer arbeitete im Geschäft des Schwiegersohns Julius Brandenstein. Noch im hohen Alter, Josef Rosenmeyer wurde 1855 geboren, mussten sie antisemitischen Hass erleiden. Er starb 1935 in Unna, seine Frau Friederike zog gemeinsam mit Tochter und Schwiegersohn zunächst nach Hilden und später nach Köln, wo sie zuletzt in einem „Judenhaus“ mit vielen weiteren jüdischen Familien eingezwängt leben musste. Sie starb 1942 im jüdischen Krankenhaus in Köln.
Nicht weit entfernt, in der Bahnhofstraße 10, führte das Ehepaar Moritz und Clementine Rosenbaum ebenfalls ein Bekleidungsgeschäft, dass mehrmals durch Nazis beschmiert und attackiert wurde. Nachdem 1935 Moritz Rosenbaum bei einem Besuch in Köln starb, führte die Witwe Clementine das Geschäft weiter und erlebte die Pogromnacht am 9. November 1938, in der die Schaufenster zerstört und das Geschäft angezündet wurde. Auch sie verließ Unna und hoffte, in Köln sicherer zu sein. Wie das Ehepaar Reifenberg wurde auch Clementine 1942 nach Theresienstadt deportiert und schließlich in Auschwitz ermordet.
Mit den sechs Stolpersteinen in der Bahnhofstraße 25 und der Bahnhofstraße 10 soll an ihre Schicksale erinnert und gemahnt werden, wie blinder Hass und Antisemitismus töten.
Beginn der Veranstaltung ist um 9 Uhr an der Bahnhofstraße 25.
5 Steine für Holzwickede
Einen Tag zuvor, am 27. Januar 2022, dem Holocaust-Gedenktag, wird der Kölner Künstler Gunter Demnig zudem zum vierten Mal an der Emscher zu Gast sein und die Stolpersteine 15 bis 19 verlegen – drei in Holzwickede und zwei in Hengsen.
App für alle Stolpersteine
Die rund 15 000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen stehen im Mittelpunkt des innovativen digitalen WDR-Angebots „Stolpersteine NRW – Gegen das Vergessen“. Der WDR macht die Geschichte der Menschen hinter den Steinen des Künstlers Gunter Demnig jetzt auch digital zugänglich: mit Texten, Fotos, Audios, Illustrationen und Augmented-Reality-Elementen. „Stolpersteine NRW” ist ab sofort als App auf dem Smartphone und am PC/Laptop im Desktop-Browser (stolpersteine.wdr.de) nutzbar.
Mit der App erfahren Smartphone-Nutzer:innen zu jedem Stein, vor dem sie stehen, welcher Mensch sich dahinter verbirgt. Auf Basis von Namen oder Adressen lassen sich die Stolpersteine gezielt finden. Auf der Internetseite kann man auch zuhause am PC auf einem größeren Bildschirm ortsunabhängig in der Datenbank recherchieren. Interaktiv nutzbare Filter machen es möglich, die mehr als 15.000 Biografien komfortabel zu durchsuchen.
Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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